Tulpen (London #9)

In der Besenkammer des Hausmeisters wohnt neuerdings jemand. Mein Schlafzimmer liegt direkt daneben. Nachts höre ich ein Scharren. Ein Wälzen und Drehen. Ein unbekümmertes, sehr männliches Schnarchen: zwischen Eimern und Wischmopp, macht es sich über den drei Quadratmetern Bodenfläche breit, prallt an die Wände und weckt mich. Ich habe ihm einen Zettel unter die Tür geschoben: Please stop snoring! I can’t sleep. Gestern stand nun ein pappenes Kästchen vor meiner Tür. That’ll surely help, war darauf notiert. Und drinnen? Drei paar Ohropax, eine CD mit Meeresrauschen sowie Walsers 98er „Dankesrede“ – im Original und von Tee-, wie Wachsflecken geziert. Durchs Guckloch blinzelnd, sah ich ihn eben heimkehren, komplett mit Frack, Zylinder und Uhrenkette, und ich könnte schwören: er hat gelächelt, als er den Strauß Tulpen an seiner Besenkammerklinke hängen sah.

(Nach der höchst vergnüglichen Lektüre von Ernst Augustins >Robinsons blaues Haus.)

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