Wer bin ich? (Nein – jetzt folgt nicht: „und wenn ja, wie viele?“)
Der Frage geht das Buch ernsthaft nach, mit allen Ups und Downs, die einem die ausklingende Pubertät so hinknallt.
Janik und Samuel sind beste Freunde. Das geht so weit, dass Janiks perfekte Lehrereltern Samuel quasi adoptiert haben, Janik sein Leben mit Samuel wie mit einem leiblichen Bruder teilt. Nur inniger, denn im Gegensatz zu einem echten Bruder hat er sich Samuel ja ausgesucht.
Samuel kommt aus sehr schlechten Familienverhältnisse: Kein Vater und die Mutter alkoholkrank.
Dann, nach dem Abi, erfüllt sich Samuel seinen sehnlichsten Wunsch. In der Annahme, dass sein Vater Türke ist, fliegt er zusammen mit Janik nach Istanbul und sucht den unbekannten Vater.
Ist die Suche aufgrund der nur vagen Ahnung vom Vater zum Scheitern verurteilt? Oder steht eine Familienzusammenführung an deren Ende?
Finn-Ole Heinrich war 25 Jahre alt, als er diesen Debütroman veröffentlichte, das heißt, er war noch jünger, als er ihn schrieb.
Und er hat’s drauf, echt!
Der Roman ist in zwei Ebenen aufgebaut: Die Reise in die Türkei einerseits und die schreckliche Tat, die der brave, angepasste, aus dem perfekten Elternhaus stammende Janik begangen hat, andererseits.
Die Rahmenhandlung um Janiks Tabubruch umfasst den Roman in eckigen Klammern – ja, echte []. Um diese eine furchtbare Sache geht es, sie ist der rote Faden, der den Leser nicht loslässt.
Obwohl nicht als Spannungsroman konzipiert, baut Finn-Ole Heinrich eine nahezu soghafte Spannung auf. Im letzten Drittel des Buchs konnte ich nicht aufhören zu lesen, ich MUSSTE einfach umblättern (und eine Nacht mit nur drei Stunden Schlaf hinnehmen…)
Der Roman ist Schullektüre, wie ich gesehen habe. Und das erste Mal verstehe ich, warum.
Die Dramaturgie dieses Coming-of-Age-Romans ist grandios!
Unbedingt lesenswert!
Reiht sich auf demselben erhabenen Niveau ein wie „Tschick“ von Wolfgang Herrndorf.