Statusupdate: Viele bunte E-Books

Posted on: Januar 9th, 2014 by Fabian Thomas No Comments
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E-Books sind ja inzwischen keine Ausnahmeerscheinung mehr. Es gibt eigene Bestsellerlisten, eine große Auswahl an Lesegeräten – und von Daniel Kehlmann bis Romantic Fantasy hat sich das Format in allen Sparten etabliert.

Was sich aber noch nicht so viele Verlage trauen, ist das Prinzip digital first: E-Books machen, die keine Zweitverwertung eines bereits vorhandenen Produkts sind, sondern nur und ausschließlich digital gelesen werden können. Da hat sich im letzten Jahr einiges getan – von Disneyland über Nachtanatomien bis zur NSA.

Aber der Reihe nach. Der für seine hochwertigen Buchausgaben gefeierte Verlag Matthes & Seitz Berlin begann still und leise im März mit der Herausgabe einer kleinen E-Book-Reihe, in der Autoren des Verlags pointierte Essays zu Kultur und Gesellschaft veröffentlichten. Im Debüt-Programm lohnte sich besonders Emmanuel Carrères witzige Reportage vom Weltwirtschaftsgipfel in Davos, dem Disneyland der Großen, inzwischen ist die Reihe auf sechs Titel angewachsen, darunter, hochaktuell, Alexander Pscherers Dataismus, eine Theorie des Digitalen im Angesicht der Überwachung durch PRISM, Tempora und XKeyscore.

Einer der Verlage, der als reiner E-Book-Verlag startete, ist mikrotext, letztes Jahr besonders durch einen Auftritt des syrischen Autors Aboud Saeed hervorgetreten, der erstmals überhaupt Lesungen aus seinem Buch Der klügste Mensch im Facebook abhielt. Das Buch wurde ins Englische übersetzt; zu Weihnachten gab es sogar eine limitierte Taschenbuchausgabe: digital first, wörtlich genommen! Zu den Autoren von mikrotext zählt unter anderem auch der große Denker Alexander Kluge; zuletzt erschien, ebenfalls zum Stichwort Abhörskandal, ein Brief an die NSA, den der Journalist und Autor Sebastian Christ verfasste.

Auch aus Berlin, aber auf den internationalen Markt spezialisiert sind Frisch & Co., die mit englischsprachigen Erstveröffentlichungen in der Lage sind, ein globales Publikum anzusprechen. Elegant gestaltet und günstig etwa die Übertragung von Anna Kims Anatomie einer Nacht, die als Anatomy of a Night bereits kurz nach der deutschsprachigen Originalausgabe erschien. Die aktuellste Veröffentlichung trägt den sprechenden Titel The Combover und handelt von einer Familie von Glatzköpfigen, die sich der Kunst des geschmackvollen Drapierens der Resthaare über die Schädeldecke verschrieben haben.

Das sind nur drei Beispiele aus einer lebendigen Verlagsszene, zu der auch Ring E-Books, der Frohmann Verlag, die aus dem CulturMag hervorgegangenen CulturBooks, der Novellen-Verlag Das Beben oder das Forschungsprojekt Fiktion zählen. Einige der Verlage haben sich zum E-Book-Network Berlin zusammengeschlossen, planen gemeinsame Veranstaltungen und arbeiten an weiteren Projekten zum digitalen Lesen. Das könnte spannend werden im neuen Jahr – dranbleiben lohnt sich!

Fabian Thomas ist Herausgeber von The Daily Frown, dem Magazin für Musik, Literatur, Alltag. Im ocelot Blog stellt er in der Rubrik Classics einmal im Monat Lieblingsbücher und Wiederentdeckungen vor und beobachtet die Literaturszene der Hauptstadt. Außerdem ist er selbst Mitgründer des digitalen Verlags shelff, der im Dezember die ersten beiden E-Books veröffentlichte.

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