Monatsarchiv für September 2011

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Erfolgsmessung von Social Media mittels DPRG/ICV-Bezugsrahmen

Social Media – für viele alt eingesessene Kommunikationsverantwortliche immer noch eine große Unbekannte. Erfolgsmessung – das ungeliebte Stiefkind der Unternehmenskommunikation. Beides zusammen „Erfolgsmessung von Social Media“ lässt wohl die meisten Kommunikationsexperten zusammenzucken. Häufig wird wild mit Begriffen wie KPI (Key Performance Indicator), ROI (Return on Investment) und Wertschöpfung hantiert und schlussendlich kommt insbesondere für die Social-Media-Erfolgsmessung häufig die ernüchternde Erkenntnis: Nichts Genaues weiß man nicht.

Social Media Wirkungsevaluation mit Instrumenten der PR
Wenn ich gefragt werde, wie Unternehmen den Erfolg ihrer Social-Media-Aktivität messen und greifbar machen können, verweise ich auf die Wirkungsstufen Evaluation von PR-Arbeit nach DPRG (Deutsche Public Relations Gesellschaft). Dieses in meinen Augen geniale Modell zur Erfolgsmessung bietet Orientierung auf einer Metaebene. Im Kern handelt es sich bei dem Wirkungsstufen-Bezugsrahmen um ein komplexes Input-/Output-Modell, bei dem die Wirkungsseite in sechs Stufen unterteilt ist: Input, Interner Output, Externer Output, Direkter Outcome, Indirekter Outcome und Outflow. Dabei spielt sich die erste Stufe gänzlich im Unternehmen ab, ist leicht messbar und hat nur geringen Einfluss auf die Wertschöpfung. Die letzte Stufe dagegen stellt die unternehmensexternen Ergebnisse der Kommunikationsprozesse dar, hat den größten Einfluss auf die Wertschöpfung und ist sehr schwer zu erheben. Dieses Modell lässt sich passend auf die Erfolgsmessung von Social-Media-Aktivitäten von Unternehmen adaptieren.

Der DPRG/ICV Bezugsrahmen für Kommunikations-Controlling
Der „DPRG/ICV-Bezugsrahmen für Kommunikations-Controlling“ wurde im Frühjahr 2009 von der Deutschen Public Relations Gesellschaft und dem Internationalen Controller Verein (ICV) als Branchenstandard verabschiedet. Maßgeblich beteiligt waren dabei Lothar Rolke und Ansgar Zerfaß.

DPRG-ICV-Bezugsrahmen-Sept2009 - Quelle www.communicationcontrolling.de

DPRG-ICV-Bezugsrahmen - Quelle: www.communicationcontrolling.de

 

6 Wirkungsstufen der Social-Media-Kommunikation
Das Modell lässt sich meiner Meinung nach (mit einigen Einschränkungen) gut auf die Erfolgsmessung von Social Media adaptieren, wie ich im Folgenden skizzieren möchte:

  1. Input („Welche Aufwendungen werden für die Kommunikation gemacht?“)
    Hier geht es um die unternehmensinterne Messung und Dokumentation des Personaleinsatzes und Finanzaufwandes, die in der Regel mit einfachen Mitteln aus der Buchhaltung extrahiert werden können. Typische Messgrößen wären hier beispielsweise Kosten für externe Social-Media-Beratungen, Social-Media-Workshops, Social-Media-Guidelines, Monitoring oder auch kostenpflichtige externe Accounts. Da Social Media in erster Linie Zeit und damit Personalstunden kosten, dürften diese den größten Input-Faktor darstellen.
  2. Interner Output („Was wird vom Unternehmen selbst geleistet?“)
    Auch der interne Output spielt sich noch im Unternehmen ab, betrifft die Prozesseffizienz sowie die Qualität und ist ebenfalls relativ einfach zu ermitteln. Die typischen KPI der BWL sind hier die Budgettreue, Durchlaufzeit und Fehlerquote. Hier wäre beispielsweise zu ermitteln, ob die Zeitkontingente für die Betreuung der Social-Media-Kanäle eingehalten wurden oder ob sie durch unvorhersehbare Ereignisse (z. B. ein viraler Supercoup oder aber ein heftiger Shitstorm) überschritten wurden. Durchlaufzeiten könnten die Verbreitung von klassischen Pressemitteilungen oder Social-Media-Releases (SMR) über sämtliche genutzten Kanäle oder aber Antwortzeiten auf Userkommentare sein. Simple Produktionsleistungen dieser Output-Stufe sind darüber hinaus die Anzahl von veröffentlichten Blogartikeln, Tweets und sonstigen Posts im Social Web.
  3. Externer Output („Welche Kontaktangebote werden geschaffen?“)
    Bei der Messung der Reichweite und der Inhalte können die Social Media ihre Stärken voll ausspielen. Das Messobjekt der Medien und Kanäle ist bei keinem anderen Medium so umfangreich und zugleich einfach zu erheben wie im Social Web. Kostenlose Webanalysetools wie Piwik oder GoogleAnalytics bieten bei einem Blog sehr tiefgehende Informationen zu Besuchern, Visits, Downloads, Verhalten der Nutzer, Suchverhalten der Nutzer, Ort, Sprache, Betriebssystem und vielem mehr. Auch externe Social-Media-Accounts bieten beispielsweise mit Statistiken zu Visits, Shares, Downloads und Embeds kostenlose und exportierbare Daten im Überfluss. Um den Share-of-Voice im Konkurrenzvergleich sicher bestimmen zu können, ist ein professionelles Social-Media-Monitoring notwendig.
  4. Direkter Outcome („Inwiefern werden Wahrnehmung und Wissen gesteigert?“)
    Auch auf dieser Stufe, in der Wahrnehmung, Nutzung und Wissen der Rezipienten gemessen wird, sind die Social Media gut zu evaluieren. Die interaktiven Feedback- und Partizipationsmöglichkeiten sind den Social Media inhärent. User im Social Web nehmen Informationen wahr und können beispielsweise mit einem einzigen Klick auf „gefällt mir“ bzw. „+1“ zeigen, dass sie den Beitrag gelesen/aufgenommen haben und für gut befinden. Die Verweildauer, Leser pro Ausgabe und viele soziodemografische Informationen der Bezugsgruppen sind für Unternehmen transparent. Beispielsweise bereitet FacebookInsights sämtliche aktive Nutzer, deren genaue Interaktionen, ihr Geschlecht, Alter und Sprache übersichtlich auf. (Eine eigene Facebook-Anwendung schließlich erlaubt den Zugriff auf sämtliche weiteren Daten, bis hin zum genauen Beziehungsstatus und dem Social-Graph – aber das ist ein anderes Thema.)
  5. Indirekter Outcome („Wie stark werden Meinungen /Absichten beeinflusst?“)
    Diese Stufe bezieht sich auf die Einflussnahme als das eigentliche Ziel aller Kommunikationsmaßnahmen. Wie bereits gesagt, dokumentieren Nutzer des Social Web geradezu permanent ihr Meinung: In einfacher Form über das Hinzufügen zum eigenen Netzwerk, Retweets, Teilen usw. und in umfangreicherer Form über Kommentare oder eigene Posts. Auch hier kann ein professionelles Social-Media-Monitoring umfassende Reports zu Reputations-Index, Markenimage und anderen denkbaren KPI des Social Web liefern.
  6. Outflow („Welche werthaltigen Zielgrößen können dadurch erhöht werden?“)
    Messgrößen sind hier beispielsweise Umsatz, Projektabschlüsse, Kostenreduktion oder Reputations- und Markenwerte. Bei dieser sechsten und letzten Stufe der Wertschöpfung kommen dann auch die Erfolgsmessungsmöglichkeiten der Social Media an ihre Grenzen. Hier wird es philosophisch („Welchen Anteil hat eigentlich die Kommunikation am Unternehmensgewinn?“ und „Wie sehr kann alleine die Kommunikation die Unternehmenswahrnehmung der Stakeholder beeinflussen?“). An dieser Stelle ist und bleibt die Erfolgsmessung kompliziert und aufwendig (Stichwort Regressionsanalyse).

Unternehmensspezifische Modelle der letztendlichen Wertschöpfung notwendig
Unternehmen können ihre Social-Media-Aktivitäten also strukturiert entlang diesem in der PR anerkannten Modell des „DPRG/ICV Bezugsrahmen für Kommunikations-Controlling“ evaluieren. Ihnen kommt dabei zugute, dass sich kein anderer Kommunikationsbereich bis zur Stufe Fünf des indirekten Outcome so gut messen lässt wie die Social Media. Aus diesen umfangreichen Daten und Informationen im Anschluss dann ein unternehmensspezifisches Modell des Return on Investment und des Einflusses auf den monetären Outflow zu entwickeln, kann leider kein allgemeines Modell der Welt leisten. Dies kann nach wie vor nur individuell pro Unternehmen in seiner spezifischen Situation entwickelt werden.

Spannend finde ich, dass die DPRG kürzlich angekündigt hat, ihren Arbeitskreis Digital Relations/Social Media wiederzubeleben. Einige Themen des Arbeitskreises sind: Social Media in der Internen Kommunikation, neue Berufsbilder in Social Media, sowie Evaluation und Wertschöpfung durch Social Media.

Geschrieben von Andreas Köster am 22. September 2011 | Abgelegt unter Quellen,Social Media | 2 Kommentare

Social Media Prisma V3.0 auf Deutsch erschienen

Das berühmte Social Media Prisma von ethority ist heute in Version 3.0 für den deutschsprachigen Raum erschienen. Das Prisma veranschaulicht die Vielzahl unterschiedlicher Social-Media-Anwendungen und ordnet sie in 25 Kategorien ein.

Das Team von ethority hat in Anlehnung an Brian Solis und JESS3´s Conversation Prism eine Version für den deutschen Markt entwickelt. Das Prisma zeigt die Landschaft der Social Media in Deutschland mit allen relevanten Konversationskanälen. Die wohl bekannteste Visualisierung der Social-Media-Landschaft in Deutschland wurde nun aktuell in der 3. Version veröffentlicht. Die “Social-Media-Blume” wurde mit neuen Plattformen wie Google+, Facebook Places und anderen Social-Media-Plattformen aktualisiert.

Social-Media-Prisma v3.0 deutsch

Social-Media-Prisma v3.0 deutsch

 

Damals fing nahezu jede Social Media Agentur-Präsentation mit den Worten an: “Social Media ist mehr als Twitter und Facebook…” Dazu wurde dann das Prisma als Slide vorgeführt. Doch auch heute noch eignet es sich, um deutlich zu machen, wie unterschiedlich und vielschichtig sich das Social Web auf Anwendungsseite zeigt.

Eine andere schöne Quelle, die ich bei der Gelegenheit nocheinmal verlinken möchte, ist der Social Media Planner. Er zeigt zu über 300 Plattformen Themen, Zielgruppen, Altersgruppen, Reichweite und Aktivitätsindex und kann so Unternehmen bei einer ersten Evaluierung der für sie relevanten Kommunikationskanäle helfen.

 

Das Prisma wird unter der Creative Commons Lizenz veröffentlicht und steht somit für Präsentationen und Vorträge zur Verfügung. Microsite zum Download.

Geschrieben von Andreas Köster am 20. September 2011 | Abgelegt unter Aktuelles,Social Media | Keine Kommentare

Noch ein White Paper zur Social-Media-Strategie für IR

„In einer schnelllebigen Welt mit konstantem Informationsfluss erwarten Investoren binnen Sekunden Antwort auf ihre Fragen – nicht erst nach Tagen. Aktiengesellschaften müssen mehr leisten, als sporadische Pressemitteilungen und quartalsweise Berichterstattungen zu veröffentlichen, um den gestiegen Anforderungen der Investoren nach Informationen gerecht werden zu können. Die Social Media bieten eine passende Plattform, um den Hunger nach individueller Kommunikation stillen zu können. […] Der Schlüssel zur erfolgreichen Implementierung von Social-Media-Strategien ist der gleiche, wie für jede andere Kommunikationsstrategie: Social Media funktionieren, wenn sie konsistent, beziehungsfördernd und mit der gleichen Präzision und Berücksichtigung rechtlicher Rahmenbedingungen genutzt werden, wie alle anderen Kommunikationsplattformen auch.“

Diese Passage des White Papers “Social Media Strategy for Investor Relations” von CCG Investor Relations gefällt mir ausgesprochen gut. Doch nicht allem, was die nach eigenen Worten führende Agentur für strategische Kommunikation und Investor Relations darin schreibt, möchte ich zustimmen.

Social Media Strategy for Investor Relations
Das Paper ist zu weiten Teilen eine Aufbereitung des Q4 Websystems Papers „Public Company Use of Social Media for Investor Relations – Part 2 Facebook“, stellt jedoch auch eigene Ansätze zur Nutzenbeschreibung für die Investor Relations dar:

  1. Die Natur der Social Media fördert den Dialog: Dank Rückkanal und Feedbackmöglichkeiten sowie Abonnement- und Vernetzungsmöglichkeiten kann ein Unternehmen besser mit seiner Investment Community kommunizieren.
  2. Die Technologie ermöglicht höhere Transparenz: Dank elektronischen Veröffentlichungen, besseren Online Investor Relations und der verstärkten Nutzung des Internets werden Informationsasymmetrien zwischen institutionellen und privaten Investoren abgebaut.
  3. Viele Kanäle verstärken die Inhalte: Social-Media-Kanäle erlauben es dem Unternehmen, seine Präsenz in der Financial Community auszudehnen. Sie ermöglichen eine sinnvolle Ergänzung bestehender Investor-Relations-Strategien des Unternehmens.

Diesen Beschreibungen stimme ich allgemein gerne zu. Doch dann kommt die steile These „Social Media is a High ROI Strategy“. Die Kosten für die Einführung von Social Media in den Investor Relations seien vernachlässigbar, da die Plattformen kostenlos sind und die Accounts schnell eingerichtet. Wenn nur das Management stimme, seien die Risiken gering und die Potenziale „nahezu unbegrenzt“. Das hört sich dann doch etwas zu sehr nach „Mit 7 Schritten in den IR-Social-Media-GAU – Schritt 1“ an! Für mein Empfinden ist die allgemeine Unsitte zu beobachten, jeden Ausspruch wie „Social Media ist nahezu für lau zu haben“ mit der Überschrift „Return on Investment“ aufzubauschen. Ich denke, sobald jemand das Buzzword „ROI“ in den Mund nimmt, gehören die Betrachtung der Einnahmeseite und (zumindest eine kleine) Rechnung und ein paar Zahlen in Euro oder Dollar dazu…

Ebay und Twitter in den Investor Relations
Ein Schnitzer, den ich mir kaum erklären kann, ist CCG Investor Relations bei der Einschätzung von Ebay Inc. unterlaufen. „Ebay uses Twitter to reach out to consumers, but does not target investors”, heißt es auf Seite 6 des 37-Seitigen Papers. Dabei ist Ebay das erste Unternehmen weltweit, das Quartalsergebnisse für Investoren getwittert hat und das bereits 2008! Seitdem twittert der Mitarbeiter Richard Brewer-Hay unter @ebayinkblog alles, was irgendwie Investor Relations relevant ist mit großem Erfolg. Nahezu 8.000 Follower und über 400 Listungen weist der Twitter-Pionier heute auf.

5 praktische Schritte um Social Media in den IR einzuführen
Trotz der Kritik lohnt sich ein Blick in das Paper. Es betont beispielsweise die Wichtigkeit einer guten IR-Webseite, die Grundvoraussetzung für ein Social-Media-Engagement ist. Unternehmen, die ihre Hausaufgaben im Web 1.0 nicht gemacht haben, müssen leider sitzenbleiben und dies vor einem Web-2.0-Eintritt nachholen. Auch die obligatorische Social-Media-Policy und das Thema Monitoring werden kurz angesprochen. Die 5 Schritte, um Social Media in den Investor Relations einzuführen, lauten nach CCG Investor Relations wie folgt:

  1. Aufbau und Pflege einer attraktiven Online-Präsenz
  2. Nutzung von Monitoring-Tools, um die Auswirkungen der Aktivität zu evaluieren
  3. Animieren, Teilen und Austauschen mit den Shareholdern
  4. Fokussierte Kampagnen, um Shareholder gezielt anzusprechen
  5. Feedback und Ideen für die zukünftige Kommunikation einholen

Insgesamt ist es in meinen Augen ein weiteres White Paper zu dem Thema, das viele wichtige und pointierte Aussagen jedoch auch einige Schwachstellen besitzt.

Social_Media_in_IR_2-White-Paper CCG IR

 

 

Geschrieben von Andreas Köster am 17. September 2011 | Abgelegt unter Online Investor Relations,Quellen,Social Media,Studien,Twitter | Keine Kommentare

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