Für die Analyse und Bewertung von Märkten und Aktien spielen die Social Media eine immer bedeutendere Rolle. Ein Indikator dafür sind die großen Nachrichtenagenturen Bloomberg und Thomson Reuters, die beide eine Stimmungsanalyse aus dem Social Web zur Ergänzung der Informationsbasis ihrer Kunden anbieten.
Rollout auf 300.000 Bloomberg Terminals
Bereits seit August 2011 bietet Bloomberg in Zusammenarbeit mit dem Analyse Unternehmen WiseWindow einen Echtzeit-Sentiment-Indikator für Aktien mit besonders hohen Handelsumsätzen an. Dieser wird, wie andere Indices auch, auf den mehr als 300.000 Desktop Terminals für professionelle Trader übermittelt und bietet somit ein aktuelles Stimmungsbild der breiten Nutzerschaft. Anfangs war dieser Informationsservice auf die Luftfahrtindustrie beschränkt, wurde mittlerweile jedoch auf mehrere Industriezweige und auch auf einzelne Aktien ausgeweitet.
Reuters Social Pulse als Trendindikator
Im Februar 2012 zog Bloomberg-Konkurrent Thomson Reuters nach und veröffentlichte den „Reuters Social Pulse“, der im Grunde das gleiche tut: Er stellt den Kursentwicklungen eine im Social Web gemessene Sentiment-Entwicklung gegenüber. Reuters Social Pulse kann kostenfrei eingesehen werden und deckt die Bereiche Technologie, Finanzen, Gesundheit, Industrie, Konsumgüter und Energie ab. Die dabei ebenfalls von WiseWindow bereitgestellten Daten und Charts wirken derzeit noch etwas holzschnittartig und stimmen häufig mit der realen Kursentwicklung nicht überein. Doch wie bei jeder neuen Technologie wird hier die Genauigkeit und Zuverlässigkeit vermutlich bald steigen, sodass Stimmungen aus den Social Media in Zukunft eine der Entscheidungsgrundlagen professioneller Trader darstellen werden.

Sentiment-Entwicklung der Dell Aktie - Reuters Social Pulse
Doch nicht nur Trader, sondern auch einzelne Unternehmen können durch die Überwachung des Social Web profitieren: Wichtige Produkt-Launches und einschneidende strategische Unternehmensentscheidungen werden heute intensiv in Foren, Blogs, Facebook und Twitter diskutiert, und verschiedene Fallbeispiele zeigen, welche konkreten Hinweise Unternehmen daraus ziehen können.
Die Stimmung der Massen
Hier eine kurze Erklärung, wie eine Sentiment-Analyse funktioniert: Eine Social Media Sentiment Analyse (oder auch „Stimmungs-Analyse“) ist Teil des Social Media Monitoring. Dabei werden zunächst permanent gigantische Mengen an Tweets, Posts, Kommentaren und Artikeln, die sekündlich im Social Web von Nutzen produziert werden, durchsucht. Sofern sie für ein Thema (beispielsweise die Luftfahrtindustrie) aufgrund von speziellen Suchwortkombinationen relevant sind, werden die Beiträge als „Treffer“ identifiziert und weiter verarbeitet. Wenn die Stimmung eines Beitrags analysiert werden soll, geschieht dies häufig über eine automatisierte Klassifizierung in positiv, neutral oder negativ. (Hier ein ausführlicher Artikel zur automatischen Sentimentanalyse). Werden also beispielsweise viele Beiträge zum Thema Luftfahrtindustrie als negativ eingestuft, wird der entsprechende Indikator tendenziell sinken.
Die größten Vorteile dieser Art der Informationserhebung liegen zum einen im Umfang der Stichprobe, da theoretisch nahezu eine Vollerhebung im Social Web möglich wäre und somit eine hohe Reliabilität gegeben ist. Zum anderen liegen die Daten nahezu ohne Zeitverzögerung vor und können so unter Umständen frühzeitig relevante Trends anzeigen. Was die Validität, also die Eignung des Messverfahrens bezüglich der Zielsetzung angeht, muss sich die Sentiment Analyse für Aktienmärkte sicherlich noch beweisen. So ist bislang fraglich, wie gut sie sich im Einzelnen für B-to-B bzw. B-to-C Märkte eignet und welche Art von analytischer Datenauswertung am besten geeignet ist.
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