Monatsarchiv für April 2012

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Whitepaper: Social Media in der Berichterstattung

Das CIRI (Canadian Investor Relations Institute) und die US-Agentur Q4 Web Systems haben ein neues Whitepaper zur Rolle von Social Media im Reporting von Aktiengesellschaften in Kanada herausgegeben. Das Whitepaper ist grundsätzlich auch auf deutsche Aktiengesellschaften anwendbar und bietet einen Überblick, wieso Investor-Relations-Abteilungen Social Media nutzen sollten, wo die Stolperfallen liegen und wie Unternehmen Social Media in acht Schritten implementieren können:

Wieso Social Media für Investor Relations?

  • Reichweitensteigerung (Erreichung neuer Zielgruppen)
  • Profilschärfung (Abgrenzung zum Wettbewerb)
  • Vertrauensaufbau (Festigung der Aktionärsbindung)
  • Markenführung (z. B. Imageaufbau)
  • Demonstration von Innovationsfreudigkeit
  • Reduzierung von Aufwand (durch öffentliche Kommunikation)

Stolperfalle Social Media in den Investor RelationsStolperfallen

  • Rechtliche Restriktionen (Wie in Deutschland auch, müssen in Kannada sämtliche kursrelevante Informationen zunächst über vorgeschriebene Wege öffentlich verbreitet werden, bevor sie über Social Media gespielt werden dürfen.)
  • Interaktion erzeugen (Um einen echten Dialog zu erzeugen, sollten Investoren mit einer überzeugenden Social-Media-Strategie animiert werden, die nicht lediglich aus dem Verlinken von Pressemitteilungen besteht.)
  • Erfolgsmessung (Nicht jeder Effekt lässt sich unmittelbar technisch messen, beispielsweise ist der Imagegewinn durch eine Social-Media-Aktivität schwer zu beziffern.)
  • Kosten-Nutzen-Abwägungen (Kleine Aktiengesellschaften können zusätzliche Social-Media-Aktivitäten eventuell nicht realisieren.)
  • Fehlende Unterstützung der Unternehmensleitung (Wenn das Top-Management Social Media nicht verstanden hat, wird eine Implementierung ungemein erschwert.)
  • Ausreichende Coverage (Große Unternehmen könnten sich in dem Glauben bewegen, bereits über genug covernde Analysten und mediale Aufmerksamkeit zu verfügen.)
  • Rasante Technologieentwicklung (Insbesondere die sich schnell entwickelnden Social Media erfordern eine hohe Anpassungsfähigkeit.)

Implementierung von Social Media

  1. Zuhören und Lernen (Kontinuierliches Social-Media-Monitoring und ein Verständnis der Entwicklungen sind Minimal-Voraussetzung und der erste Schritt. Dabei sollten Unternehmen sich nicht ausschließlich auf externe Beratung verlassen.)
  2. Strategieentwicklung (Nach einer Analyse zusammen mit anderen Unternehmensbereichen sollte sich die Investor-Relations-Abteilung auf ein bis zwei Social-Media-Kanäle fokussieren, die bespielt werden.)
  3. Top-Management fit machen (Beispielsweise mit Schulungen zu Blogartikeln oder Video-Botschaften auf Youtube.)
  4. Prozesse und Strukturen aufsetzen (Beispielsweise die Integration der Rechtsabteilung oder die Entwicklung von Social-Media-Policies. Außerdem sollte die Corporate Disclosure Policy, also der standardisierte Prozess der Informationsverbreitung, um Social-Media-Kanäle erweitert werden. Auch ein Krisenkommunikations-Plan und die Schulung von Mitarbeitern werden hier angesprochen.)
  5. Kanal-Einrichtung und Ressourcenverteilung (Die Einrichtung und kontinuierliche Bespielung eines eigenen Kanals sollte nicht unterschätzt werden. Von 10% bis zu 100% Arbeitsleistung einer Personalstelle der IR-Abteilung kann darauf verwendet werden. Außerdem kommt es auf eine umfassende Integration in die sonstigen Kommunikationsaktivitäten des Unternehmens an.)
  6. Monitoring der Gespräche (Hier wird erneut das Monitoring thematisiert, wobei Unternehmen lernen müssen, auch mit kritischen Kommentaren umzugehen und angemessen zu reagieren.)
  7. Erfolgsmessung der Social-Media-Aktivitäten (Viele Unternehmen bezeichnen diesen Schritt als den schwierigsten. Der Return on Invest kann beispielsweise über die Fan- und Follower-Entwicklung annäherungsweise bestimmt werden.)
  8. Prüfung und regelmäßige Anpassung (Social Media entwickeln sich schnell und die Strategie sowie der Erfolg sollten regelmäßig einer kritischen Überprüfung unterzogen werden.)

Außerdem bietet das Whitepaper auf Seite 17 eine Checkliste mit Fragen, mit denen sich ein IR-Manager einmal beschäftigt haben sollte. Diese Fragen sollten am besten im Rahmen der Strategieentwicklung im Vorfeld umfassend diskutiert werden.

Role of Social Media in Performance Reporting

Role of Social Media in Performance Reporting

 

Geschrieben von Andreas Köster am 22. April 2012 | Abgelegt unter Best-Practice,Investor Relations,Social Media | Keine Kommentare

Social Media auf der Hauptversammlung der Daimler AG

Wie schon in 2011 begleitete die Daimler AG auch ihre Hauptversammlung 2012 auf Social-Media-Kanälen. Uwe Knaus, Manager Corporate Blogging & Social Media Strategy Communications der Daimler AG, war so nett, mir einige Fragen zu beantworten. Das folgende Interview hilft eventuell anderen Aktiengesellschaften und zeigt, wie eine HV durch Social-Media-Kommunikation unterstützt werden kann.

1. Welche Social-Media-Kanäle hat die Daimler AG begleitend zur Berichterstattung der Hauptversammlung am 4. April 2012 genutzt?

Seit 2010 nutzen wir hauptsächlich Twitter, Twitpic und YouTube, um von unserer Hauptversammlung zu berichten. Twitter für Kurzmeldungen, Twitpic für Fotos und YouTube für Bewegtbildimpressionen. Bei Twitter haben wir zwei Kanäle. Den @Daimler-Kanal nutzen wir, um von größeren Events live zu berichten. Dazu zählen große Automobilmessen, aber auch die Jahrespressekonferenz oder die Hauptversammlung. Einen Tag vor der Veranstaltung kündigen wir die bevorstehende Aktivität an, am Veranstaltungstag wird in Echtzeit getwittert und am Ende gibt es dort meist eine Zusammenfassung in Form eines kurzen Videos, gefolgt von einem Abschluss-Tweet, der das Ende des Dialogs markiert. Dieser @Daimler-Kanal ist während der Veranstaltung dialogorientiert und geht dementsprechend auch auf Fragestellungen zu dieser ein. Sollten Fragen nicht sofort beantwortet werden können, werden diese spätestens am Vormittag des darauffolgenden Tages beantwortet. Da das 140-Zeichen-Limit auf Twitter eine ausführliche Beantwortung nicht zulässt, nutzen wir Posterous, indem wir dort ein ausführliches Q&A online stellen.

Darüber hinaus gibt es einen ständigen @Daimler_News-Kanal, auf dem wir Neuigkeiten von uns – beispielsweise Pressemitteilungen, Blogbeiträge oder Unternehmenspräsentationen auf Slideshare – veröffentlichen. Dies geschieht automatisiert über RSS-Feeds. Zusätzlich gibt es noch „handverlesene“ Daimler-News aus den Medien über unser Unternehmen. Dieser Push-Kanal dient dem Corporate Publishing und ist deshalb nicht interaktiv. Die Rede und die Präsentation von Dieter Zetsche zur Hauptversammlung sind auf unserem Slideshare-Kanal zu finden. Auf YouTube gibt es die oben angeführten Impressionen und eine Zusammenfassung der Rede des Vorstandsvorsitzenden.

Daimler Hauptversammlung auf twitpic.com

2. Wie würden Sie die Zielgruppen beschreiben, für die Sie Social Media in dieser Art und Weise einsetzen?

Mit unseren Social Media-Aktivitäten wollen wir diejenigen ansprechen, die diese Medien bevorzugt nutzen und dort mit anderen Gleichgesinnten vernetzt sind – diejenigen, die sich für Daimler und seine Themen interessieren. Angefangen vom (potentiellen) Kunden, über den Mitarbeiter, bis hin zum Privataktionär; sämtliche Stakeholder sind willkommen. Wir konzentrieren uns dadurch nicht nur auf die klassische Zielgruppe der Investoren und Analysten, sondern sprechen alle an. Letztlich kann ja in Social Media jeder öffentlich, und für Dritte nachvollziehbar, Beiträge und Meinungen über den Unternehmenswert, den Geschäftsverlauf oder Wirtschaftsprognosen publizieren. Spezifische Foren und Diskussionsgruppen finden sich zunehmend im Netz. Der Einfluss der klassischen Analysten und Finanznachrichten sinkt damit. Eine Konzentration auf diese originären Gatekeeper würde deshalb zu kurz greifen.

Dabei ist für uns die Reichweite und das pure Bereitstellen von relevanten Informationen nicht der treibende Faktor, vielmehr geht es um die Herstellung von Transparenz, teilweise aber auch um die sichtbare Verankerung von Kommunikationskompetenz im Social Web – was sich am Ende wieder auf die gesamte Online-Reputation auswirkt.

3. Die Daimler AG ist für fortschrittliche Investor-Relations-Kommunikation auch über die Social Media bekannt. Wie war dieses Mal das unmittelbare Feedback?

In erster Linie ist eine Hauptversammlung eine Präsenzveranstaltung für Aktionäre der Daimler AG. Die Nutzung von Social Media dient lediglich als Ergänzung zu klassischen Kommunikationsmaßnahmen und nimmt momentan noch einen geringen Anteil ein. Insgesamt waren 5.700 Aktionäre und 300 geladene Gäste bei der diesjährigen Hauptversammlung.

Für diejenigen, die nicht vor Ort sein konnten, wurde die Eingangsreden via Livestream über die Daimler-Webseite übertragen. Die Corporate Website ist und bleibt auch in Zeiten des Social Webs der zentrale Dreh- und Angelpunkt für Online Investor Relations. Darüber hinaus twitterten wir ungefähr 30 Meldungen während des öffentlichen Teils, worauf wir 54 @Replies und Retweets bekamen. Wir posteten zudem 16 Fotos, die innerhalb der ersten 24 Stunden insgesamt 1.500 mal geklickt wurden und offerierten am Ende den interessierten Usern ein Video mit Impressionen der Veranstaltung.

4. Wie werden IR-Veranstaltungen der Daimler AG in Zukunft medial begleitet und welche Rolle werden Social Media dabei spielen?

Momentan eignen sich Social-Media-Anwendungen eher für Informationen und den Dialog mit privaten Anlegern und Multiplikatoren für Wirtschafts- und Finanzthemen, weniger hingegen für die Kommunikation mit institutionellen Investoren. Das liegt jedoch nicht an dem mangelnden Engagement der Kommunikationsverantwortlichen, sondern mehr an der starken Reglementierung der Finanzkommunikation zwischen den Unternehmen und seinen Investoren. Aber auch hier wird sich ein Wandel vollziehen, dem wir aktiv begegnen werden. Wir sind sicher, dass auch die Online-IR als neuer Kommunikationskanal zunehmend an Bedeutung gewinnen wird und werden daher unsere jetzigen Instrumente nicht nur beibehalten, sondern weiter optimieren.

Wichtige IR-Events wie die Veröffentlichung der wesentlichen Ergebnisse des Gesamtjahres bzw. der Quartale oder auch Investorentage, wie jüngst in Ungarn, begleiten wir jedoch heute schon mit Live-Audio-Webcasts der Vorträge des Top-Managements und stellen dazu die Handouts über unsere Website und Slideshare zur Verfügung.

 

Geschrieben von Andreas Köster am 16. April 2012 | Abgelegt unter Aktuelles,Best-Practice,Investor Relations,Slideshare,Twitter,Youtube | Keine Kommentare

Whitepaper: Youtube in der modernen Investor-Relations-Kommunikation

Videos auf Youtube können auch von den Investor Relations gewinnbringend eingesetzt werden. Dabei kommt es jedoch auf die individuell angemessene Art und Weise der Einbettung in die kommunikative Gesamtstrategie an. Beispielsweise muss entschieden werden, ob es separate IR-Kanäle geben soll und welche Inhalte für welche Zielgruppen aufbereitet werden sollen.

Die für ihre praxisnahen Whitepaper bekannte US-Agentur Q4 Web Systems hat in ihrer Reihe „Public Company Use of Social Media for Investor Relations“ den dritten Teil „Youtube and Slideshare“ herausgebracht, auf den ich hier hinweisen möchte. Darin werden 629 Unternehmen unterschiedlichster Regionen auf ihre Social-Media-Nutzung hin analysiert. Darunter befinden sind auch 36 deutsche Unternehmen:

(Unternehmen, die in dieser Liste fehlen, können über info@q4websystems.com ihre Aufnahme vorschlagen.)

Daten zur Youtube-Nutzung
Von den 629 untersuchten Unternehmen haben 404 (64%) bereits einen offiziellen Youtube-Account, bzw. einen Account bei einem anderen offenen Video-Portal wie Vimeo oder Dailymotion. Dies entspricht einer Steigerung um 54% gegenüber der letzten Erhebung in 2010. Es nutzen insbesondere große Unternehmen Youtube als Kommunikationskanal, da die Erstellung und Bearbeitung von Videos relativ viel Aufwand bedeutet.

Neben verschiedenen Werbe- und Produktvideos sind bei 139 Unternehmen (22%) auch Investor Relations relevante Videos zu finden. Darin werden beispielsweise der CEO oder CFO zu den Quartalszahlen interviewt, Kommentare zu Unternehmensakquisitionen abgegeben oder Unternehmens-Assets vorgestellt. Wie viele dieser Unternehmen einen eigenen IR-Channel betreiben und wie viele diese Inhalte zusammen mit PR und Marketing in einem gemeinsamen Channel zeigen, wurde leider nicht erhoben.

Youtube Case Studies
Das Whitepaper geht zudem auf interessante Cases der Youtube-Nutzung für IR ein. Beispielsweise wird der Youtube-Kanal von BP genauer betrachtet, über den das krisengeschüttelte Unternehmen versucht, Verständnis und Vertrauen bei Kunden und Investoren zurückzugewinnen. Dazu wurden die zahlreichen Videos in Kategorien eingeteilt wie „Wiederherstellung der Umwelt“ und „Wiederherstellung der lokalen Wirtschaft“. Mit unkritischen Werbebotschaften hat das Unternehmen hier jedoch kaum eine Chance. Je oberflächlicher und selbstbezogener die Videos auf die Umweltkatastrophe im Golf von Mexiko eingehen, desto niedriger fallen die Klickzahlen aus. Dagegen weisen Statements von Betroffenen und Helfern vor Ort sehr hohe Klickzahlen auf. Verbraucher und Investoren sind nicht einfältig und kommentieren „allzu saubere CSR-Videos“ des Konzerns kritisch.

BP Investor Relations Videos auf Youtube

Theoretisch eignen sich Videos jedoch sehr gut, um der Financial Community im Wortsinn anschaulich zu zeigen, was das Unternehmen leistet. Ein kurzer Film kann glaubhaft und kurzweilig die Umsetzung von zuvor gesetzten Unternehmenszielen und -absichten dokumentieren, beispielsweise einen Umstrukturierungsprozess.

IR-Videos auf Vimeo
Ein Praxisbeispiel ganz anderer Art bietet Agnico-Eagle, ein auf den Goldabbau spezialisiertes Bergbauunternehmen aus Kannada. Auf der zu Youtube konkurrierenden Plattform Vimeo zeigt dieses Unternehmen Investoren mit Hilfe von 3D-Visualisierungen eindrucksvoll seine Goldvorkommen und Abbaugebiete.

AEM Investor Relations Videos auf Vimeo

Rückschlüsse für deutsche Aktiengesellschaften
Was sagt dieses Whitepaper nun IR-Abteilungen von DAX-, MDAX-, SDAX- und TecDax-Unternehmen? (Außer, dass die Nutzung von Video-Plattformen in den Investor Relations international zunimmt.) IR-Manager sollten sich die Beispiele und Erfahrungen anderer Unternehmen genau anschauen und überlegen, für welche Inhalte des eigenen Unternehmens sich das Format Video eignen könnte. Dabei sollten sie jedoch das unmittelbare und offene Feedback der Social-Web-Community von Beginn an einplanen. Die Zeiten von unreflektierten Werbebotschaften, die nicht von vornherein auch auf Risiken und kritische Aspekte eingehen, sind endgültig vorbei – sie laufen gar Gefahr, den Unmut der Nutzerschaft des Web 2.0 auf sich zu ziehen.

 

Geschrieben von Andreas Köster am 1. April 2012 | Abgelegt unter Best-Practice,Investor Relations,Slideshare,Youtube | Keine Kommentare