Sa, 5.6.10 (Mo, 7.6.10, 22:43): Der Liebe Fahnenstangen

Für KN – wie üblich – beim CSD. Schreibe später dazu eher nachrichtlich wie folgt:

— snip! —

Am Ende des Regenbogens?

Auch ohne Kulturprogramm erlebte Kiel einen bunten und fröhlichen Christopher Street Day.

Kiel. Das Motto verhieß nichts Gutes. „Das Ende der Fahnenstange?“ fragte der 13. Kieler Christopher Street Day, denn man befürchtet, es könnte der letzte gewesen sein. Finanz- und Personalschwierigkeiten im Verein CSD S.-H., dessen halber Vorstand vor einigen Monaten zurückgetreten war, hatten die Organisationsarbeit brach liegen lassen, so dass am Sonnabend nur eine Demo stattfand und das Kulturprogramm auf dem Asmus-Bremer-Platz entfallen musste.

Der CSD erinnert an den 28. Juni 1969, als in der New Yorker Christopher Street Homosexuelle sich erstmals gegen Ausgrenzung und Polizeiwillkür zur Wehr setzten. Seither hat sich einiges getan, was die gesellschaftliche Akzeptanz und die Gleichberechtigung von Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transgenders betrifft. „Für manche ist vielleicht schon das Ende der Fahnenstange, was wir erreicht haben und können“, mutmaßte Carsten Föhrweißer, einer der verbliebenen Vorstandsmitglieder des CSD-Vereins, bei der Abschlusskundgebung. „Manche sehen womöglich keinen Bedarf mehr, sich für ihre Rechte einzusetzen und in Vereinen wie dem CSD S.-H. mitzuarbeiten.“ Aber auch wenn es in Deutschland einen schwulen Außenminister gebe, dürfe das nicht darüber hinwegtäuschen, dass Homosexuelle etwa in der Polizei, der Bundeswehr, im Fußball und in der Schule weiterhin mit homophoben Anfeindungen rechnen müssten, wenn sie sich outen. Auch die eingetragene Partnerschaft sei zwar ein Schritt zu mehr Gleichberechtigung, sei aber immer noch nicht mit der Ehe rechtlich gleichgestellt.

„Für uns ist das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht, wir müssen weiter kämpfen!“, hieß es dann auch in der Demo, bei der etwa 500 Menschen in einer fröhlichen Parade unter der Regenbogenflagge durch die Innenstadt zogen. „Homophobie ist heilbar“, titelte ein Plakat in ironischer Anspielung darauf, dass für einige Homosexualität immer noch als eine Art „Krankheit“ gilt. Andere Banner forderten ein Adoptionsrecht und Hinterbliebenenrente auch für eingetragene Partnerschaften.

Von Endzeitstimmung auch keine Spur bei Schwester Rosa, die als im Cabriolet thronende Königin den Zug huldvoll lächelnd anführte, und bei den Tanzenden auf dem Disco-Wagen der Traum GmbH, die in Sprechchören forderten: „Homos an die Macht!“

Damit das kein Pfeifen im Walde bleibt, müssten sich Kieler Schwule, Lesben, Bisexuelle und Transgender jedoch wieder stärker engagieren. „Wenn ihr auch 2011 einen Kieler CSD wollt, müsst ihr selbst mitmachen“, forderte Föhrweißer. Gelegenheit dazu gibt es gleich am kommenden Donnerstag, 19.30 Uhr in der Traum GmbH, wo der CSD-Verein und hoffentlich viele neue Interessierte über den Fortbestand des Kieler CSD diskutieren, damit das Ende der Regenbogenfahnenstange noch lange nicht erreicht ist.

— snap! —

Gibt die Problemlage wieder, aber nicht das Gefühl. Seit Jahren schreibe ich jetzt über den CSD, im di.gi 2000 etwa dies. Unverändert das geborgene Gefühl einer Demo, die die Liebe zum revolutionären Prinzip hat. Natürlich dies nur meine romantische Vorstellung, Projektion.

Dennoch dieser Eindruck von Aufgehobensein unter Gleichgesinnten (im Hinterkopf die ganze Gender-Debatte, Rollenproblematiken (zugewiesen vs. selbst inszeniert). Und nun fast so etwas wie Wehmut. Oder Sehnsucht. Vielleicht sowieso das Motto der letzten Tage, wo die Vergangenheiten sich ins Jetzt einweben. Eine sentimentale Grundstimmung, oft nahe am Wasser gebaut. Am Ende der Fahnenstange, an der festgehalten, in das seidenzärtliche Fahnentuch gewickelt.

„Wie kann man die Liebe aushalten?“

Abends Feuer- und Bierchen in J.R.s Garten. Geburtstagsgrillen – auch wie jedes Jahr. Immer wieder gut, immer wieder lauschig sommernächtlich. Und es wird nicht wirklich dunkel, weiße Nächte, auch in Kopf und Herz.

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