Sabine Scholl: 24.12. Puerto de Santiago | Pseudophantasien

| mitSprache unterwegs |

24. 12. 2009

Die Teilnahme, die Selbstverwandlung ist, was mich am Reisen interessiert.

In der künstlichen Ferienwelt ist man jedoch total zurückgeworfen auf sich selbst. Deshalb sind die Touristen so desorientiert. Sie erwarteten Andersheit und erhalten gnadenlos das, von dem man glaubt, dass es ihnen gefällt,.

Erleichterung beim Ausflug, als wir in eine “normale” Stadt fahren. Die Touris verlassen die Ausgeburten geldgieriger Bauherren und Pseudofantasienerfüller, entfernen sich aus dem mit Tageszeitungen und Biersorten in jeder Sprache gefüllten Inferno, das Paradies genannt wird.

In der Außenwelt sind Häuser Häuser, Läden Läden, Cafes sind Cafes nicht für uns Fremde, sondern für Leute, die hier wohnen. Beim Essen in der Fischerkneipe greift die flotte Berliner Rentnerin mutig zum sauren Bergwein, der dicke Ehemann beginnt Fischköpfe auszusaugen, die Zungen der Tiere auszulösen und mit Genuss zu verspeisen. Sogar die etepetete Belgierin, die vor den anderen französischen Lifestyle hervorkehren möchte, den sie selbst gar nicht erfüllt, muss zugeben, dass die Knoblauchsauce schmeckt. Auch ihr Atem wird im Bus stinken.

Das erste Mal das Gefühl anzukommen, als mir der witzige Smalltalk mit dem Chauffeur auf Spanisch gelingt. Im Laufe des Tages wird es gleichgültig, ob er sein Reiseführerfranzösisch auspackt oder sein rapides Kanarisch. Die Kommunikation funktioniert, für ihn genauso wie für mich. Für mich ist er die einheimische Quelle, ich bin für ihn die eigenartige Zuhörerin und Bejaherin. Auch meine Rolle im Hotel ist längst definiert und ergab sich ohne mein Zutun. Eine Dame aus Hannover machte meine Bekanntschaft. Weihnachtskram einmal hinter sich lassen, ohne Kinder, erzählt sie. Ich stimme zu, der Einfachheit halber und bin nun genau das: eine Urlaubsbekanntschaft, mit der man sich zum Plauderstündchen abends trifft. Damit bin ich auch fürs Personal eingereiht und akzeptiert: Hauptsache, ich besetze nicht mehr allein einen Tisch.

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One Response to Sabine Scholl: 24.12. Puerto de Santiago | Pseudophantasien
  1. Bloguer ou ne pas bloguer » Ctrl+clic
    January 6, 2010 | 21h32

    [...] mandarines, Les yeux de Lynédice en Bretagne ou ce petit phare ? Je vous laisse trancher … Puerto de Santiago – Un air de musette (sur) – Le gâteau des rois ; zut, j’ai oublié … Pots [...]

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