Salon Littéraire | Birgit Schwaner : Held . Lady . Mops

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Salon Littéraire | Birgit Schwaner :

Held . Lady . Mops ( Auszug )

 

 

Foto © Wolfgang Lengheim

Reling, nüchternes Wort. Kühl und festgeschraubt unter den Handflächen, wie das Ding, das es in sich hat … um sich, genau genommen; so ein Geländer am Rand von Schiffen ist unverzichtbar in jedem Fall: letzter Rückhalt vorm Meeresabgrund, stabile Stütze vorm Panorama, inklusive fliegender Fische.

Apropos, hörst du die Möwen? Segeln bis hintern Horizont. Halt die Reling fest, schau: noch immer da: k.k. Hafen Triest, unmerklich schwankend. In zwei Stunden versinkt er im Dunst, und in der Ferne, im Außersicht. Außersicht? Hm, das meiste der Welt – zerrt an der Luft jetzt, vom Wasser her.

Seid ihr alle da?

Käfige, Kisten, Passagiere, Tiere, Tinkturen, Stärkungspillen, Moskitonetze, Tafelspitz: Fracht verladen, an Bord, und Ahoi, Matrosen: Zeit für die Gangway! Gengweh – ruft so ein Barbarossa jetzt seiner dünnen Gattin zu, zehn Schritte weiter, gegen den Wind: Pa-Patricia, die Gengweh – abmontiert! Na, auf nach Ägypten. Wie sie nickt, wie die Fähnchen flattern. Alexandria: Wie das klingt!

Klingen, oder?

Lindgrünes Sommerkleid, Rüschenbrust. Möwenschreie. Sie lächelt dich an. Dingdongding, ihr Lächeln ist blond. Wienerblond. Du verbeugst dich leicht. Sagwas. Alexandria klingelt? Halthalthalt!

Er verbeugt sich leicht; und das Bild erstarrt, 1874 im Juli, Freitagmittag. Kurz hält die Zeit dort still, sind die Farben verblasst und die Münder der Reisenden stumm wie die Möwen, die reglos am Himmel kleben; kein Härchen zittert in keinem Wind, dafür atme ich auf. Man kann mich nicht orten, zum Glück, bin weder siebzehn noch lichtempfindlich; außerdem bin ich nicht von hier. Bloß übers Meer fahr ich zufällig auch. Allerdings über ein anderes, entlegenes, das keine Schiffe des Lloyd zerfurchen; keine schnelldampfende Sphinx, oder wars die Thetis? mit Schrankkoffern, Postsäcken, Reisetaschen, Liegestühlen aus Holz an Deck, dazu Maschinisten im Bauch: Gesichter voll Ruß und Börsen voll Luft. Das harte Schicksal der karg Entlohnten teilen sie hier mit Matrosen wie Köchen, Küchenjungen wie Oberkellnern, Piccolos, Geigern und Sängerinnen (so viel zur Basis des Lloyd-Erfolgs). Tja, meinesgleichen wird auch nie reich, Missgeschick; ratatattttttippen müssen, platsch und hinein ins Außersicht … Ay, ay, Sir, man verliert den Kurs, wird geschwätzig, Sperling statt Reling …

Und die Wörter fliegende Fische, die aufs Deck fallen, japsend, sterbend; manchmal Muscheln, algenbewachsen, haften überall, unter Wasser … Kennen Sie diese Entenmuscheln? Sagwas. Sie ist so dünn, beinah
schwankt sie im Wind. Bein nah? Schilfrascheln, blondes. Kein Bild, kein Eindruck hält still.

Slatin, Rudolf Slatin mein Name. Böhmisch, für Goldfeder.
… und ihr versonnenes Lächeln. Folgt das Übliche: So ein Name prädestiniere einen zum Dichter oder – Lachen – Ornithologen, jedenfalls nicht zum Handelsschüler, dochdoch, ihr Mann, der Meerestierforscher, Nominator von Flossenträgern, könne nach mir was Flinkes benennen, Wässriges, Kaltes, mit Kiemenatmung (Phantasie hat sie). Flossen aus Gaze und Sonnenglast? Schwebt durch die tiefsten Untiefen, blink … (Blink? Hier zwinkert was nach).

Er verbeugt sich leicht und das Bild verschwimmt. Längst Gegenwart, Juli vorbei. Platin lächelt dümmlich (zerschmeichelt), aber Kratin dämmert langsam: Man wird von einer Gattin umcirct. Was bedeutet: Erwarte nie, dass, was erzählt wird, nur einem geschieht; einem, den es gegeben hätte; einem, der einer wär oder keiner.

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Birgit Schwaner

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Hinweise

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One Response to Salon Littéraire | Birgit Schwaner : Held . Lady . Mops
  1. rittiner & gomez
    May 16, 2010 | 08h37

    reling, als letzten halt und die wie war wohl der letzte schrei der möwen?

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