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PETER KURZECK: IM JETZT DES ERZÄHLENS | BAUDELAIRE: RAUSCH VON DAUER | KLANGAPPARAT : PROSSER & KARÄIL

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PETER KURZECK: IM JETZT DES ERZÄHLENS

NZZ , 1. 7. 2011

czz – Während der Schriftsteller Peter Kurzeck seit Mitte der neunziger Jahre an einem autobiographischen Aufriss der Achtziger arbeitet, pflegt er an anderer Stelle ein erinnerungssattes Erzählen, welches hinsichtlich Animo, Anmut und Akuratesse seinesgleichen sucht.

Dank dem Engagement des Audio-Verlegers Klaus Sander und dessen Label supposé entsteht im Studio vor dem Mikrophon eine veritable Rhapsodie, wie die akklamierten Kindheitserinnerungen “Ein Sommer, der bleibt” (2007) bezeugen.

Nicht weniger fulminant, jedoch eher auf ein novellistisches Motiv hin angelegt sind die seither erschienenen autobiographischen Sequenzen “Da fährt mein Zug” (2010) und “Mein wildes Herz” (2011), wobei beide dieser in Makro- und Mikrostruktur beeindruckenden “Geschichten” nicht mit Auskünften über die Tricks und Spleens aus der Psychohygiene des Schriftstelleralltags geizen.

Speziell in “Mein wildes Herz”, das prima vista von einem winterlichen Arbeitsaufenthalt im südfranzösischen Uzès handelt, bezeugt ebenso selbstironisch wie substanziell die vielfältigen Belohnungsspiele, die sich der Autor täglich auferlegt:

Wenn du diesen Absatz oder jene Seite beendest, darfst du den Nachmittag in Nîmes vertrödeln oder dich mitten in der im herrlichen Licht des Mistral leuchtenden Landschaft vergewissern, ‘dass man auch zur eigenen Freude auf der Welt ist ‘.

Wenn`sehr Proustianisch von der “Zeitnot, mein Zeitalter aufzuschreiben” die Rede ist, rücken jene unwillkürlichen Versuche, “schneller” zu schreiben, zu essen, ja gar “schneller zu schlafen” in den Blick. Hier, auf dieser dünnen Linie zwischen Selbstironie und Tragik spielt auch das täglich kompliziert unterlassene Unterfangen, die Steuerunterlagen zu sortieren.

Wenn indes der Selbstvorwurf “du hast die Steuer nicht gemacht” dazu führt, dass “mein Herz zuckte”, so ist dies durchaus nicht übertragen gemeint, sondern enthüllt einen Herzklappenfehler als Auslöser eines Schlaganfalls. Es ist dessen Datum, der 13. Februar 2004, um welches Kurzeck seine poetischen Fäden spinnt, uns Hörende einmal mehr zu umgarnen. ( >>> page )

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BAUDELAIRE: RAUSCH VON DAUER

NZZ , 1. 7. 2011

czz – Indem sie eine Kultur des Rausches prägten, prägten die “poètes maudits” Mitte des 19. Jahrhunderts eine Diätetik der Seele, in welcher die Droge als Medizin gilt, den Schmerz der Moderne zu ertragen. Mit seinen sehr treffenden – nebenbei nicht mit pragmatischem Rat geizenden – Studien der Selbsterfahrung von Haschisch und Opium publizierte Charles Baudelaire 1860 unter dem visionären Titel “Die künstlichen Paradiese “.

Als Replik auf die Krankheit am Sein des modernen Grossstädters mag der (auch musikalische) Rausch das Mittel sein, die schiere Zeit zu ertragen. Das Prosagedicht “Enivrez-vous” gibt hier das Motto an. Just dies in “Le Spleen de Paris” erschienene und in seinem Aufforderungscharakter unübersetzbare Poem durchzieht als musikalisches Leitmotiv die liebevolle Inszenierung von Teilen des “Haschisch”-Textes, welche Kai Grehn für den Bremer Rundfunk eingerichtet hat.

In kluger Kürzung und charismatischer Lesung mutet das Resultat von Selbstexperimenten als ziemlich realistisch an, damit auch Texte wie Friedrich Glausers “Le Kif vorwegnehmend. Als kleine Sensation kann die musikalische Playlist gelten, die Grehn mit Kultmusikern wie Alva Noto, Anne Clark, Nouvelle Vague oder Tuxedomoon erarbeitet hat: Sie alle instrumentieren in ihrer Manier das “Enivrez-vous”, von welchem auch eine beeindruckende Lesung Jeanne Moreaus existiert. Dem flüchtigen radiophonen Gesamtkunstwerk möge das Hörbuch berauschende Dauer verleihen. ( >>> page )

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KLANGAPPARAT

Nachdem wir in|ad|ae|qu|at Robert Prosser ehrmals mit Texten , Audio- und Video- Tracks vorgestellt haben ( Strom , Origami ) ist Prosser durch den Kontackschluss zu dem Rapper Karäil beim Hip Hop angekommen ; das von Dominik Schnaitl bebilderte Video Spiritus//Artcore//Brandalism wollen wir zu einem späteren Zeitpunkt gesondert vorstellen . Zunächst hätten wir in|ad|ae|qu|at| nehr über Karäil gewusst . Und siehe , da gibt’s die auf Ende Mai datierte und sozusagen brandneue Net- Release Album Fail mit schönstem , leicht vom Wienerischen angehauchtem Old School Rap . Zwei unserer Favoriten seien im Folgenden vorgestelt – als Lucky Strikes : sozusagen .

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2 Responses to audio aktuell
  1. Ro
    July 4, 2011 | 12h52

    hier noch ein link zum video-fail:
    >>> Karäil – Traute Zweisamkeit / Gute Gründe feat. Slobi

  2. czz
    July 5, 2011 | 03h45

    cool . thx und gerne mehr aus dieser sparte ;-)

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