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DIE ERZÄHLTE WELT DER ISLÄNDERSAGAS

NZZ , 7. 10. 2011

czz – So karg sich Island auf weiter Flur ausnimmt, so reich sind seine kahlen Landschaften mit literarischen Figuren bevölkert. Wer sich in den Kosmos der Isländersagas begibt, begegnet dort Hundertschaften von Gestalten, welche über Generationen hinweg in handlungsprallen Episoden die weltgrösste Vulkaninsel bevölkern: Seien es nun die 600 in der «Njáls saga» namentlich genannten Figuren oder die 400 Siedler im historischen «Landnámabók» («Landnahmebuch »), welches wiederum als eminente Quelle für die zweite grosse Saga – die «Laxdæla saga» – diente.

Zentraler Bezugspunkt dieser im 13. Jahrhundert verschriftlichten Sagas ist die historische Erstbesiedelung um 870. Anders als in den übrigen europäischen Ländern trafen die Siedler auf keine Urbevölkerung, sondern betraten eine menschenleere «terra nova». In einer faszinierenden Audio-Edition rekapitulieren Kommentatoren und Autoren die Eigenarten der Isländersagas. Oft wird von der eminenten Bedeutung des isländischen Althing gesprochen, welches als erste europäische Demokratie nach dem antiken Griechenland gilt. Dies tritt in den bei aller Üppigkeit klar und knapp formulierten Sagas als selbstverständliches Faktum hervor und schreibt sich in die Texte insofern ein, als das vorgestellte Personal eher nicht aus Standespersonen besteht, sondern aus gleichberechtigten Clans.

Dies, so der isländische Literaturnobelpreisträger Halldór Laxness (1902–1998) in einer historischen Tonaufnahme, sei einer der Schlüssel dazu, dass die Sagas sich bis heute im Kollektivbewusstsein der Bevölkerung gehalten haben und als «Romane» weiterhin gelesen werden. Daran entzündete sich ein bis heute schwelender Streit über Faktizität oder Fiktionalität der Isländersagas. So vorbereitet, darf der Hörer in die «Njáls saga» und die «Laxdæla saga» eintauchen und sich verlieren in den starken Bildern eines mythischen Kosmos. ( page )

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HALLDÓR LAXNESS: AN DER SCHWELLE ZUR PARODIE

NZZ , 7. 10. 2011

czz – In seinem 1968 erschienenen Roman «Am Gletscher» treibt der isländische Literaturnobelpreisträger Halldór Laxness ein intrikates Spiel mit den verschiedensten Formen des Erzählens. Situiert an der Spitze der westlichen Halbinsel Snæfellsnes und im Schatten des 1446 Meter hohen Vulkanbergs Snæfellsjökull, ist das isländische «Outback» nicht nur der Ort, wo einander Himmel und Berg berühren, sondern auch, wo faktisch erlebte und fiktional erzählte Welt sich ineinander verschlingen.

Jules Verne, der seine «Reise zum Mittelpunkt der Erde» 1864 ausgerechnet mit dem Abstieg durch den Krater des Snæfellsjökull beginnen liess, dürfte einen Sinn für dessen Genius Loci gehabt haben. Als aus dem Westen verlautet, es gebe weder Gottesdienste noch Tauf- und Todessakramente mehr und der Pfarrer beziehe seit Jahr und Tag kein Honorar, schickt der Erzbischof von Reykjavik einen Theologiestudenten aus, um sachlichen Rapport einzuholen.

Der junge Mann reist mit ethnografischer Neugier in den Westen und dokumentiert eine Gemeinde, die hinter das Christentum zurück in die Sagawelt gefallen scheint. Indes muss der Emissär bald feststellen, dass auf seine sachlichen Fragen (etwa warum die Kirche zugenagelt sei) stets mit allerlei Fabeln geantwortet wird. Abstruse philosophische Gespräche und mythische Erzählungen wie die «Eyrbyggja saga » verwischen die Grenze zischen physischer und imaginärer Welt.

Einfühlsam gelesen von Peter Jordan, glänzt die Audio-Edition darüber hinaus mit einem Essay, welchen die Kulturphilosophin Susan Sontag als Vorwort für die Vintage-Neuausgabe 2005 verfasst hat. Sontags postmoderne Lektüre hebt insbesondere die metaphysischen Mokerien hervor und situiert «Am Gletscher» zwischen dem Genre «Roman» und dessen Parodie. ( page )

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KLANGAPPARAT

Ein schönes Stück Nju Jazz wächst uns mit der Shrinin EP des Trios Archie Pelago zu : Die beim Brooklyner Netlabel End Fence erschienenen vier Tracks kofrontieren klassische Jazz- Patterns mit Sets czz-hoerempfehlungder elektronischen Musik , selbst der Vocoder wird mit feinem Händchen gehandhabt ; klare Atmosphären , schöne Dynamiken : hier bleibt nichts unentschieden .

END004: Shrinin EP by Archie Pelago by end fence
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