IG- Autoren : Droht Tod dem Bachmannpreis ? – Ein Kommentar – Update : “Zitiert”

 

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EIN VORWORT

Einmal wieder klettert die IG- Autoren auf die Barrikaden , tut von dort den drohenden totalen Kulturverlust kund und protestiert gegen die Gespenster der Geistlosigkeit. Man erinnere nur an die Strategie , mit welcher die Motion “Kunst hat Recht” Autorinnen Autoren um ihre Copyrights im Netz bangen liess und durch einseitige Information zur Abgabe von Unterstützungs- Erklärungen und -Unterschriften drängte .

Taugt das “böse Netz” zum Dauerbrenner unter den Aufregern , trifft dies umso mehr noch auf den ORF zu , wo ja naturgemäss jeder Gebührenzahler ein Fachmann ist und die “öffentlich- rechtliche” Konstruktion als Dispositv , ja Aufforderung zum permanenten Publikumsvoting versteht .

In diesem Sinne muss der “Aufruf” der IG- Autoren als Teilinformation gewertet werden sowie als gerade noch rechtzeitig vor dem “Bachmannpreis 2013” lancierter Herz- Schrittmacher .

Wir erlauben uns in|ad|ae|qu|at einige der problematischen Passagen rot zu markieren und anschliessend zu kommunizieren . Violette Markierungen zeigen ungestützte Behauptungen und Vermutungen an .

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DER VOLLTEXT

Protest von Autor/inn/en, Journalist/inn/en und Kunst- und Kulturschaffenden gegen die Abschaffung des Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbs

Aufruf: Wir lassen uns die Eliminierung der letzten Reste der Kunst aus den ORF-TV-Programmen nicht gefallen

Die Unternehmensleitung des ORF hat beschlossen, zu sparen. Das Sparprogramm richtet sich auf “Randzonen” und soll Kernaufgaben nicht betreffen. Als Mitverursacher für die Einsparungen werden die nicht mehr aus staatlichen Mitteln bezahlten Gebührenbefreiungen genannt. Prominentestes Opfer der Einsparungen ist der im ganzen deutschen Sprachraum bekannte Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb. Am Sparprogramm soll sich auch dann nichts ändern, sollte die Refundierung der Gebührenbefreiungen doch noch erfolgen. Auf diese Weise uneingeplant zustande kommende Einnahmen sollen der Filmproduktion zufließen. Selbst im Fall der doch noch erfolgenden Refundierung von Gebührenbefreiungen würden also Gelder aus dem Kultur- und Bildungsbereich auf andere Bereiche umverteilt und bisherige Kultur- und Bildungsaufgaben nicht mehr wahrgenommen werden. Die eigentliche Kernkompetenz des ORF ist aber sein öffentlich-rechtlicher Auftrag. Sparten der Kunst und Kultur gegeneinander auszuspielen, ist ein Verstoß gegen diesen gesetzlichen Auftrag und schadet dem Ansehen der Kunst in der Gesellschaft und im gesamten deutschen Sprachraum.

Laut ORF-Fernsehdirektorin Kathrin Zechner ist die ORF-Unternehmensleitung für die Entscheidung zur Einstellung des Bachmann-Wettbewerbs nicht zuständig, obwohl die Vorgaben vom ORF-Generaldirektor Wrabetz stammen. Das ist Sparkursmarketing und entspricht nicht der Realität. Das Landesstudio Kärnten setzt so wie alle anderen Landesstudios die von der ORF-Geschäftsführung entweder konkret oder budgetär vorgegebenen Sparmaßnahmen um. Beendet werden soll auch die Zusammenarbeit des ORF mit dem steirischen herbst zur Durchführung des “musikprotokolls”.

Die vergleichsweise lächerlichen Kosten von 350.000 Euro , um die es beim Rückzug des ORF aus dem Bachmann-Wettbewerb geht, sind sicher nicht die Einstellung. Rund 100 Millionen gibt der ORF allein für Sportrechte im kommenden Jahr zusätzlich aus. Vielmehr dürfte es dem ORF einmal mehr um die Befüllung von Sendezeiten mit quotenträchtigeren Programmen für andere Zielgruppen gehen und zum anderen um den Rückzug aus dem Gemeinschaftsprogramm 3sat mit dem ZDF, der SRG und ARD.

Zugleich mit diesen Sparkursentscheidungen der ORF-Unternehmensleitung wurde die Absicherung der Opernballübertragungen bis 2017 bekanntgegeben. Wenn der ORF meint, damit einen Beitrag für seinen Kulturauftrag zu leisten, hat er seinen endgültigen Bankrott bei der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Kulturauftrags erklärt.

Wir nehmen die für die gesamte österreichische Kunst- und Kulturszene, die journalistischen und künstlerisch tätige Mitarbeiter/innen unverschämte Provokation und Brüskierung durch den ORF nicht hin  . Wir lassen uns die Eliminierung der letzten Reste der Kunst aus den ORF-TV-Programmen nicht gefallen. Wir fordern den ORF auf, seine Sport- und Unterhaltungsgelder umgehend auf den Kunst- und Kulturbereich umzuschichten. Der ORF muss nichts zur noch größeren Bereicherung von internationalen Großveranstaltern im Sport beitragen, er muss keine Ballunterhaltungen lückenlos begleiten, er muss die Grundversorgung mit kulturell hochwertigen Programmen garantieren.

Wir fordern den ORF auf, seinen Kultur- und Bildungsauftrag zu erfüllen und seine auf den Bachmann-Wettbewerb und das “musikprotokoll” bezogenen Entscheidungen umgehend rückgängig zu machen und den Kunst- und Kulturbereich bei seinen weiteren Sparplänen unangetastet zu lassen und nicht das Geld des ORF mit läppischen Softnewsprogrammen und lächerlichen Nachspielproduktionen zu verplempern.

Gerhard Ruiss, IG Autorinnen Autoren
Fred Turnheim, Österreichischer Journalisten Club
Wien, 24.6.2013

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KOMMENTAR

Da der ORF gesetzlich zur ausgeglichenen Bilanzierung verpflichtet ist , worüber z. B. der Stiftungsrat wacht , gibt es kein Mandat für eine diffus als solche bezeichnete “Unternehmungsleitung” , einen “Beschluss” in Richtung Sparpolitik zu fassen . Dass sich ein solches “Sparprogramm” lediglich auf sogenannte “Randzonen” auswirke , kann nicht behauptet werden , wo während der vergangenen Jahre unternehmensweit eine bis an die Schmerzgrenze reichende Anzahl speziell von Mitarbeitern des technischen Personals – siehe auch die Forderungen der freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – abgebaut wurde . All dies war dem Konsumenten billig und recht , solange nur sein individuelles Lieblingsprogramm keinen sicht- und hörbaren Schaden litt .

Dass der “Bachmannpreis” zum “prominentesten Opfer” des Sparprogramms zähle , kann nur der behaupten , welcher absichtlich die Augen davor verschliesst , was an “Anbahnungskosten” ausserhalb der Show vor der Kamera anfällt : Müsste nicht ein Büro erhalten werden , eine aufwändige Website betrieben , ein groteskes Studiodesign ersonnen werden PLUS Aufenthaltskosten für sämtliche Autoren und deren Entourage , Begastung und Honorierung der Juroren sowie die Unterbringung einiger Dutzend Journalisten , wären die angeblich “vergleichsweise lächerlichen Kosten von 350.000 Euro” für die Abhaltung und Übertragung des literarischen Feldstechens überschaubar . Warum sollten hier nicht die Fremdenverkehrsverbände Kärntens bzw. Klagenfurts einspringen ?

Die Kürzungsvorhaben stammen , wie oben laut ORF- Gesetz bereits dargelegt , NICHT von GD Wrabetz oder einem seiner Adlaten , sondern vom Stiftungsrat als Aufsichtsorgan über die Compliance des Unternehmens .

Wenn schon polemisch die Absicherung der Opernballübertragungen bis 2017″ als zynischen Ersatz für wahre Kultur blossgestellt und maliziös bemerkt wird : “Wenn der ORF meint, damit einen Beitrag für seinen Kulturauftrag zu leisten, hat er seinen endgültigen Bankrott bei der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Kulturauftrags erklärt.” – Was hier ungenannt bleibt , da es nicht mit dieser Form einseitiger Polemik kompatibel , ist , dass unter das Fallbeil nicht nur die ( als Jahrmarkt der Eitelkeiten längst fragwürdige ) “Hochkultur” des Bachmannpreises gerät , sondern zukünftig auch eine Produktion des “Musikantenstadl” – einem der populärsten Programme des ORF – ersatzlos gestrichen ist . Wobei die Einsparung – ganz ähnlich dem Bachmannpreis – um die 300.000 € betragen wird .

Die Behauptung , der Reformzwang stelle eine “für die gesamte österreichische Kunst- und Kulturszene … unverschämte Provokation und Brüskierung durch den ORF” dar , ist haltlose Übertreibung : Rhetorisch geeignet , den Leserinnen und Lesern des Manifests ein “wir”- Gefühl einzuimpfen , welches des weiteren durch die Behauptungen der IG- Autoren skandalisierbar wäre. Nun aber möchte bitte erstmal die IG- Autoren unter Beweis stellen , dass auch sie als Sprachrohr der Literaturschaffenden bereit ist ihren “Kunst- und Bildungsauftrag” insofern zu erfüllen , indem sie ihre Agenda mehr als Dialog- denn als Kampfprogramm versteht . 

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ANHANG : ORF- GESETZ §31 ABS 13

(13) Ergänzend zur Erfüllung der allgemeinen und besonderen Voraussetzungen gemäß Abs. 11 und 12 hat der Österreichische Rundfunk nach Maßgabe der folgenden Regelungen Strukturmaßnahmen zur mittelfristigen substantiellen Reduktion der Kostenbasis zu setzen. Der Generaldirektor hat dazu jährlich, beginnend ab dem Jahr 2010 für das jeweils darauffolgende Kalenderjahr dem Stiftungsrat Maßnahmen, Indikatoren und Zielwerte zu den folgenden Bereichen zur Genehmigung vorzulegen:

1. zur strukturellen Reduktion der Personalkosten einschließlich einer Reduktion der Kapazitäten und der Reduktion der Pro-Kopf-Kosten;
2. zur nachhaltigen Senkung der Sachkosten, die nicht unmittelbar mit Programminvestitionen in Zusammenhang stehen und
3. zur Optimierung der Technologie- und Infrastruktur-Modernisierung.
Die Strukturmaßnahmen sind vom Generaldirektor so festzulegen, dass mittelfristig ein ausgeglichenes Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit sichergestellt werden kann. Der Generaldirektor hat die Strukturmaßnahmen unverzüglich der Prüfungskommission (§ 40) zu übermitteln, die binnen sechs Wochen eine Stellungnahme abzugeben hat, ob sie den Voraussetzungen dieses Absatzes entsprechen. Gibt die Prüfungskommission innerhalb der Frist keine Stellungnahme ab, ist davon auszugehen, dass aus ihrer Sicht keine Einwände bestehen. Der Generaldirektor hat die Strukturmaßnahmen und die Stellungnahme der Prüfungskommission dem Stiftungsrat vorzulegen, der die Maßnahmen, Indikatoren und Zielwerte nach den Vorgaben dieses Absatzes bis zum 31. Dezember jeden Jahres zu beschließen hat. Der Beschluss ist unverzüglich der Prüfungskommission (§ 40) und der Regulierungsbehörde zu übermitteln.

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SIEHE AUCH

 

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UPDATE

In der Wochenendausgabe vom 29. / 30. 6. bringt der “Standard” auf der Seite “Kommentar der Anderen” einen Auszug aus unserer Kolumne unter dem Titel “Zitiert” :

Standard 29 06 2013 zitiert

( click to XL )

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