ARD Online Award: “Frau (blond) am Notebook”

 

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Ehrenwert. An sich und für sich. Mit hinreichendem und zureichendem Grund: Soll Keiner kommen und an den ARD-Hörspieltagen kritteln, welche immerhin 10 “Vollhörspiele” (also keine Fünf-Minütchen-Füller, sondern gediegene Knapp-Einstünder) zum Download anbieten***.

Darunter die bereits von der deutschen Schallplattenkritik hochgelobte Produktion Qualitätskontrolle von Rimini Protokoll (WDR) oder das Aufhorchen, welches Esther Dischereit mit ihrer akustischen Rekonstruktion der deutschen NSU-Morde 1998-2007 provoziert (Blumen für Otello, Deutschlandradio Kultur).

 

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FACH- UND SACHGESCHICHTEN

 

Frau am Notebook Quelle ARD Online Award

(Quelle: ARD Screenshot)

Unmissverständlich wird hier der interessierte Laie angesprochen, der mit seiner (leider nur einzelnen) Stimme “die gleichen Stücke, die von der Fachjury bewertet werden, dem Publikum zur Bewertung vorgestellt”.

Aber interessant: Zur Illustration des Votings von “interessierten Laien” wird ein Bild herangezogen, welches uns ganz offensichtlich zu verführen trachtet, wenn nicht gar ein role model anbietet:

Frau, Thirtysomething, Hören (Kopfhörer) vor Laptop (Download, Voting). Bemerkenswert ist, dass die Frau in einer rein rezeptiven Haltung dargestellt wird. Zum Einen sässe sie zu weit links vom Gerät, um ernstlich in die Tastatur greifen zu können und sind anderseits die Hände (als Möglichkeit des aktiven Zu-Griffs) unsichtbar.

 

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STEHT SCHÖN DRAUF, WAS DRIN IST

Glücklicherweise – und wir befürworten dieses Prinzip seit eh und je – kommt die galoppierende Semiose durch eine treffliche Bildlegende zur Ruh. Wenn es da heisst “Frau am Notebook“, steht – 100 Punkte ! – haargenau geschrieben, was auf dem Bild zu sehen ist. Ein transmedialer Pleonasmus also.

Für einmal beinhaltet eine Bildlegende sämtliche Tags und Meta-Tags zugleich: “Frau”, “Notebook”, “Hören”.

Fraglos wird hier ein role model für jüngere, non-nerd-Ladies inszeniert. Wobei sich die Frage stellt, ob ältere, nerdige Herren sich durch diese Darstellung nicht etwa ausgeschlossen, ja geradezu: diskriminiert fühlen könnten.

Gleichwohl scheint die horchende Loreley trans-gendermässig zu funktionieren und zwar gerade dort, wo die Romantik ausgetrieben scheint. Oder mit Erich Kästner:

Wir wandeln uns. Die Schiffer inbegriffen.
Der Rhein ist reguliert und eingedämmt.
Die Zeit vergeht. Man stirbt nicht mehr beim Schiffen,
bloß weil ein blondes Weib sich dauernd kämmt.

Respektive: Man(n) ist nicht mehr allein beim Download,
wo’s blonde Weib zeigt, dass bekannt der Code.

 

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***DIE LISTE

“Urban Prayers” von Björn Bicker (Bayerischer Rundfunk)
“Blumen für Otello. Über die Verbrechen von Jena” von Esther Dischereit (Deutschlandradio Kultur)
“Chapters” von Bettina Erasmy (Hessischer Rundfunk)
“Im Inneren des Landes” von Dirk Brauns, Bearbeitung Stefan Kanis (Mitteldeutscher Rundfunk)
“Liebe unter Fischen” Von: René Freund (Norddeutscher Rundfunk)
“Der Brief an Winston Smith” von Ronald Steckel (Radio Bremen)
“Nach dem Verschwinden. Ein fiktiver Dialog mit Ilse Aichinger” von Christine Nagel (Rundfunk Berlin Brandenburg)
“Dancefloor Memories” von Lucie Depauw (Saarländischer Rundfunk)
“Bunyah” mit Gedichten und Texten von Les Murray, Realisation Catherine Milliken und Dietmar Wiesner (Südwestrundfunk)
“Qualitätskontrolle oder Warum ich die Räusper-Taste nicht drücken werde!” von Helgard Haug und Daniel Wetzel / Rimini Protokoll (Westdeutscher Rundfunk)

 

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