Doron Rabinovici: 27.12. Colombo

| mitSprache unterwegs |

27.12.

Die Fahrt nach Colombo. Ich suche Rabbi Mendy Crombie auf. Es leben bloß wenige Juden hier, vielleicht etwa zwanzig. Dennoch schickte seine orthodoxe Sekte, eine Abspaltung der Chabad Lubawitscher Bewegung, einen jungen Rabbiner nach Sri Lanka. Laurent Ziegler, der Photograph, der zur Zeit artist in residence in der one world foundation ist, begleitet mich an diesem Tag. Ein Glücksfall. Laurent wird den Rabbi so gut portraitieren, wie ich es nie könnte. Hier sein Blog www.unstill.net/blog.

Die Frau des Rabbiners, eine schöne jugendliche Erscheinung mit Kopftuch, empfängt uns. Der Rabbiner steht hinter einer Glastür. Er betet. Aufrecht. In sich versunken. Ein schlaksiger, großer Bläßling. Auf seinem Kopf der Tales, der Gebetsschal, und die Tefillim, die rituellen Lederriemen.

Später sprach ich mit Rabbi Mendy Crombie. Während er mir erklärte, was einen Rabbiner in die Tropen verschlug, photographierte Laurent. Draußen spielten die beiden kleinen Söhne des Rabbiners. Zwei Buben mit Kippa und Pejes vor der Veranda des singhalesischen Hauses. Der große Lubawitscher Rabbi Menachem Mendel Schneersohn, das Oberhaupt der Chabad Bewegung, der Rebbe, wie er auch genannt wird, habe alles verkündet. Es gelte alle Juden überall zurück zum Glauben zu führen. Auf der ganzen Welt. Auch in Colombo.

Wenn alle Juden die Gebote einhalten, werde der Messias kommen. Wann das denn sein werde, frage ich. Bald schon, lautet die Antwort. Ich frage: “Wann ist der Rebbe …” Er vollendet den Satz: “verschwunden?” Er sagt nicht: “Gestorben.” Für Rabbi Mendy Crobie ist der Rebbe nicht gestorben. Ich wurde gewarnt. Rabbi Mendy Crobie sei kein echter Chabadnik sagten mir die Wiener Jünger der Bewegung. Er sei ein Abtrünnling. Der Angehörige einer eigenen Gruppe, die sich abgespalten habe. Mendy Crombie denkt, der Messias sei niemand anderer als Schneersohn persönlich, und in einiger Zeit werde er sich zeigen. Hinter ihm ein Photo des Rebbe Schneersohn, der einem Kind die Hand gibt. Unverkennbar: Es ist der kleine Mendy Crombie.

Danach aßen Laurent und ich im eleganten Gallery Café im Zentrum von Colombo. Dort sprachen wir eine Israelin an, die mit ihren kleinen Kindern nach Sri gekommen war. Unseren Nachmittagstee tranken wir im Galle Face Hotel, in dem ältesten von Sri Lanka, das 1864 errichtet wurde. Ein koloniales Haus voller Geschichte und Patina; nicht so anonym und protzig wie die gängigen Luxusketten, die selbstverständlich in Colombo auch zu finden sind. Wir saßen auf der Veranda und schauten auf den Indischen Ozean. Militärboote mit Geschützen patrouillierten im Wasser. Zwei Hochzeitsfeste im Erdgeschoß. Tempeltänzer aus Kandy empfingen die Brautpaare und Ehrengäste mit Musik und Tanz. In der Decke der Lobby entdeckten wir Nester. Hier fliegen kleine Vögel ein und aus. Wir gingen danach durch den ersten Stock, als wären wir Hotelgäste auf der Suche nach unserem Zimmer. An den Türen der Suiten war aufgeschrieben, welche Könige, welche Königinnen, welche Prinzen und Prinzessinnen hier übernachtet hatten. Im Stiegenhaus ein altes Schild, worauf zu lesen war: “PLEASE DON’T SMOKE IN BED BECAUSE THE ASHES WE FIND MAY BE YOURS.”

|||

There are no comments yet. Be the first and leave a response!

Leave a Reply

Wanting to leave an <em>phasis on your comment?

Trackback URL http://www.zintzen.org/wp-trackback.php?p=12013