22.Jänner 2010
Veto gegen die Entlassung von Dr. Silvia Bartl aus dem Veranstaltungsteam des Wiener Literaturhauses
Jede Autorin, jeder Autor, die/der im “Literaturhaus Wien” jemals mit Dr. Silvia Bartl zusammenarbeiten und ein Projekt realisieren durfte, wird mit Entsetzen vernommen haben, dass diese Mitarbeiterin mit ihren unverzichtbaren Qualitäten aus “Einsparungsgründen” vom Literaturhaus gekündigt worden ist .
In ihrer unbürokratischen und pragmatischen Art bringt die seit 17 jahren im Wiener “Literaturhaus” Beschäftigte nicht nur ein umfangreiches Hintergrundwissen mit, sondern realisiert im Dialog und in Kooperation mit AutorInnen unkonventionelle, erhellende und interdisziplinäre Projekte.
Es wäre schade, wenn dieses Wissen – glücklich vereint mit einer Hand fürs Praktische – dem Literaturhaus, seinem Publikum und den AutorInnen verloren ginge . Es gibt wenige Personen in Wien , mit denen es sich so neugierig, freudig, praktisch und inspirierend zusammenarbeiten lässt: so – und nicht durch “Möblierung von Räumen mit AutorInnen” – entstehen literarische Konstellationen, Ausstellungen und Multi- Media- Experimente, wie sie kaum in einer anderen vergleichbaren literarischen Institution so zu realisieren sind.
Wir fassen die Kündigung von Dr. Silvia Bartl nicht als singuläre Massnahme auf, sondern erblicken in ihr ein weiteres Symptom der de- facto- Verluste, welche Österreichs literarische Institutionen durch mangelnde Indexangleichungen – wenn nicht sogar Budgetkürzungen – hinnehmen müssen. Die schiere Macht der Zahlen führt zum strukturellen Aushungern des Veranstaltungsbetriebs, was auch die mit Superlativen geschmückten Politikerworte längst nicht mehr schönzureden vermögen.
Ungeheure Summen fliessen in Spektakelkultur, Corporate Identiy- Designs usw., wobei die Basisarbeit der literarischen Veranstalter – reiflich durchdachte und sorglich vorbereitete Auftritts- Szenarien für AutorInnen zu bieten – vernachlässigt wird. Hier – wo Direktbegegnungen von LeserInnen, Studierenden, Literaturinteressierten mit realen AutorInnen möglich, ja: erwünscht sind, lässt man die Köpfe rollen, um gleichzeitig immer spektakulärere “Literaturevents” an schicken Orten zu installieren.
Wir möchten daran erinnern, dass just die traditionelle Arbeit der Literaturveranstalter einerseits im unprätentiösen Möglichmachen solcher Begegnungen besteht. Des Weiteren sind klug betreute und andäquat vergütete Lesungen für die – von den wenigsten Verlagen mit Texthonoraren remunerierten – AutorInnen ökonomisch unverzichtbar.
Es ist daher aus sachlichen, persönlichen, strukturellen und kulturpolitischen Gründen ein nicht nachvollziehbarer Skandal, wenn eine so engagierte und erfahrene Kennerin und Mitgestalterin des realen literarischen Lebens Wiens aus budgetären Gründen praktisch von einem auf den anderen Tag entlassen wird.
In diesem Sinne möchten wir AutorInnen und KünstlerInnen ein dringendes VETO gegen die Kündigung von Dr. Silvia Bartl aus dem Veranstaltungs- Team des “Literaturhauses” einlegen.
für den Vorstand der Grazer Autorinnen Autorenversammlung
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Ich unterstütze den Protest der GAV.
Was ist in diesem “Kulturstaat Österreich” los? Zuerst kooperieren die Institutionen miteinander bis zur Unkenntlichkeit und linken die freien Kulturschaffenden ab, marginalisieren sie. Dann sparen sie auch noch ihre eigenen Leute ein….
Ich rufe die Kulturschaffenden Österreichs auf, sich endlich zu koordinieren und ihre Stimme zu erheben und Strategien gegenüber der schleichenden Banalisierung dieses Landes zu entwickeln.
ich bedaure sehr, dass das literaturhaus wien glaubt, auf silvia bartl verzichten zu könnnen. 1993 und 2000 habe ich im literaturhaus meine ausstellungen “ABLAGERUNGEN /ROM” und “SEMIOSO – PAPERWORKS” vor allem dank der kompetenten unterstützung von silvia bartl realisieren können. ich schliesse mich also (auch als GAV-mitglied) persönlich der forderung an, das literaturhaus möge seinen (wie auch immer finanziell argumentierten) kompetenzverlust nicht zu- und silvia bartl nicht entlassen.
Die WORTWERFT ist zutiefst konsterniert, nein: empört über die nahende (unfreiwillige) Vertragsauflösung der Veranstaltungsprogrammleiterin des Wiener Literaturhauses, Dr. SILVIA BARTL. Es zeugt von derselben empathiefreien Unsensibilität bis Brutalität, die Hunderte Autor/innen bereits vor Jahrzehnten kritisiert haben – Autor/innen, deren Dokumentation wie Aufbereitung und Vermittlung just die Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur übernimmt, die Dr. Bartl nun die Tür zuschlägt. (Vorwiegend) Ihr ist es zu verdanken, dass das Literaturhaus über seine von Silvia Bartl seit Jahren bis Jahrzehnten kuratierten Literaturveranstaltungen neben der „Alten Schmiede“ im deutschsprachigen Raum Rang und Namen hat. (Vorwiegend) Ihr sind die zahlreichen hochqualitativen Ausstellungen rund um Literatur, Fotografie und andere Kunstgattungen zu verdanken, welche das Wiener Literaturhaus von anderen unterscheidet. Und: Ihr ist es zu verdanken, dass auch jüngere wie unbekannte Autor/innen zu ihren ersten Präsentationsmöglichkeit vor einem interessierten Publikum kommen. Dabei hat Dr. Silvia Bartl – unter der Vorgabe der Fördergeber, österreichischen Schriftsteller/innen eine Bühne zu bieten – feinfühlig, belesen wie neugierig und mit großem Überblick auch fernab der „großen“ Verlage nach neuen, zu entdeckenden Stimmen gesucht: sich keiner „Mode“ verschreibend, aber auch neueste Tendenzen in der Gegenwartsliteratur aufspürend. Das danken Ihr neben einem – die Möglichkeit des Kennenlernens und Kommunizierens mit den Auftretenden schätzenden – interessierten Publikum gerade auch die Autoren/innen selbst. Selbst promovierte Biologin, ist sich die hochgebildete Kulturarbeiterin nie zu
schade, neben dem bisweilen stark aufreibenden Hauptjob noch andere Agenden zu übernehmen: neben dem Veranstaltungsprogramm auch buchhalterische Angelegenheiten auszuführen, internationale Kooperationen mit Kulturvereinigungen, Botschaften und Ministerien in die Wege zu leiten und abzuwickeln, an Innovationen wie der Einführung von „Poetry Slams“ tatkräftig mitzuwirken und -werken, usw. usf.
Dass wir diese Sätze (bald) ins Perfekt setzen müssen, wollen wir nicht akzeptieren, denn: Neben dem kulturpolitischen Skandal, ist es auch eine menschliche Herabwürdigung unserer hochgeschätzten Freundin Silvia Bartl.
Daher, dear community, das Statement- und Diskussionsforum ist eröffnet!
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Geschäftsführer: Mag. Robert Huez huez@literaturhaus.at
Bitte mit CC an Betriebsratvorsitzende El Awadalla: ea@literaturhaus.at