Doron Rabinovici: 5.1., Anjuna

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5.1., Anjuna

Ich besuche die Caféboutique Artjuna. Hier produziert Mosche und seine deutsche Frau Anastasia Lederwaren und Schmuck. Es ist ein stiller und schattiger Ort. Ein Café unter großen Baldachinen, die an den Bäumen vertäut sind. Ich treffe hier auf drei Israelis, die heuer wieder herkamen, um ein Kartenspiel zu verkaufen. Ananda sei “the first cannabis educational card game in the world”.

Mosche erzählt mir von jenen, die einst hierher nach Goa kamen und nun seit langer Zeit hier leben und arbeiten. Die meisten rauchen nicht mehr. Diese Community besteht aus den verschiedenen Nationen. Sie leben unter ähnlichen Bedingungen. Sie bemühen sich, Geld zu verdienen. Sie kämpfen darum, ein Visum für fünf Jahre zu erhalten.

Manche haben weniger Glück als Mosche. Sie versuchen davon zu leben, billigen Schmuck herzustellen und zu verkaufen. Sie handeln zuweilen mit Drogen und geraten in die Fänge der Polizei, die jene, die genug Geld haben, um sich freizukaufen, wieder laufen lassen. Wer nichts zahlen kann, wird eingesperrt.

Da ist auch jener alt gewordene Hippie, der halbnackt am Strand umherläuft und unter freiem Himmel lebt, um dort Meditationsstunden anzubieten.

Andere haben durchaus Erfolg und bieten ayurvedische Massagen, Reiki-Sitzungen oder Yoga-Seminare an. Manche exportieren indische Kunstwerke, Kleider oder Götterstatuen nach Europa, um sie dort auf den Märkten zu verkaufen. Einige verbringen den Winter in Goa und den Sommer, wenn der Monsunregen wütet, am Mittelmeer. Nomi etwa verkauft hier sechs Monate lang Gewänder, während ihr Mann einfach ausspannt. Das andere halbe Jahr arbeitet er in Europa, während sie an seiner Seite Italien und Griechenland genießt.

Ich traf Shiran, die hinduistischen Studien nachging, ehe sie mit ihrem Mann Ilan in Arambol eine beschauliche Boutique mit Café und Pension eröffnete. Ihr Hindi ist so gewählt, daß ihre indischen Mitarbeiter über ihre Hochsprache lachen. Assi wiederum hat während seiner Aufenthalte in Goa allmählich zu seiner Berufung gefunden. Heute ist Assa Doron ein Anthropologe, der in Australien lehrt. Aber nur wenigen der Ausländer geht es hier darum, Indien zu erfahren. Viele gehen lieber in italienische Restaurants essen, treffen sich in Pizzerias, suchen nach deutschen Streuselkuchen. Ziehen israelische Spezialitäten vor und versuchen mexikanische Köstlichkeiten. Warum auch nicht? Weshalb sollte Globalisierung nur einseitig funktionieren? Weshalb sollte es in Europa indische Lokale geben und in Indien keine europäischen? Aber im Grunde fahren viele die hierher kommen, nicht her, um die Sehenswürdigkeiten des Landes zu bestaunen.

Im Gegenteil kann noch mit mehr Recht gesagt werden: Wer in Goa war, war nicht in Indien.

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