experiment “offline” | hefte der fehlleistung |

 

| hefte der fehlleistung |

 

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OFF LINE

Starren gegen die weisse Wand.

Ein Monat weitgehend ohne Netz, ein kleines Selbst-Experiment in Sachen “Offline”- Existenz. Also kein Blog, wenig Mail, negativ Facebook. Unsouverän gesagt: Das ist ganz schön anstrengend. Oder “spannend” und zwar nicht in dem Sinne, wie Leute interessante und vektoriell gerichtete Unterhaltungen positiv bewerten, sondernd im Hinblick darauf, Spannungen zu ertragen. Auch wenn sich diese ganz klar im Käfig der Selbst-Ansprüche abspielt, in den präsupponieten Reaktionen anderer Menschen. Und, logisch: Im Spiralisieren auf den killing fields der Erwartens-Erwartungen, Erwartens-Erwartens-Erwartens-Erwartungen ad infinitum. Also das Sozialhirn. Ist kein Ponyhof.

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REIZ DES MEMORIERENS

Weniger anstrengend sind die Versuchsanordnungen mit dem Eigenhirn. Ein Monat ohne schnelles Googeln eines Begrifffs, eines Wortes oder eines Namens. Wobei sich – nach einem Schreckmoment von “blanc mental” – erweist, dass das Hirn irgendwann oft unerwartete Antworten ausspuckt: auf die Laufe eines Tages aufploppenden Fragen, auf Such/Erinnerungsimpulse und auf die “Wie-heisst-es-nochs?”. Das braucht freilich seine Zeit. Manchmal sind es zehn Minuten, manchmal vier Stunden, mitunter ein Tag. Das mag Manchem als Tortur erscheinen, als zeitfressendes Hindernis auf dem flotten Weg. Wir aber wollen da in|ad|ae|qu|at widersprechen: Lustvoll ist, zu merken, dass da mal was gemerkt, gespeichert worden ist. Sei dies nun “Peripetie”, sei dies “Guy Debord”, sei es “Coatilcue” “Coatlicue”. Reizvolles Memorieren. Aber solchen Unarten werden wir spätestens mit einem Seniorstudium von Biologie (oder war es doch Altgriechisch ?) beherzt entgegentreten.

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AB-LENKUNG AUCH OHNE WEB

Naja, das ist freilich eine Art Schweigen im Raum des Eigenen. Vielleicht eine Art Hirntraining. Vielleicht – im Hinblick auf die Auskunftfreudigkeit des Web – eine ANDERE Art, sich ablenken zu lassen. Nicht durch 360.927 Google-Suchergebnisse, sondern durch eine gedankliches Zerren, das natürlich AUCH ablenkt, dies aber womöglich in einem der Schreibabsicht näher stehenden Raum. Klar: Das tönt sehr nahe an das Klischee der Holz-gegen-Web-Proponenten: Konzentration vs. Diffusion, “warme” vs. “kalte” Medialität.

Glücklicherweise dürfen wir die Mittel, die unserer Memoria und unserer Scribenda frommen, NOCH selbst wählen. Das wortwörtlich “in-formierte” (ge-prägte) Hirn weiss mitunter mehr als wir denken. Zumal ja auch die kleine Hoffnung besteht, wir mögen uns auch laufend weiter prägen. Was dem Nihilismus des gleichzeitig Vielen einen vektoriell orientierten positiven Konstruktivismus möglicher Konstruktionen entgegen stellt.

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EPIC FAIL: E-MAIL

Nahezu grausam ist demgegenüber die Massnahme, der Schnelligkeit von E-Mails ein wenig die Taktung von Snail-Mails zu geben. Also – so es sich nicht um dringlichste Erledigungen handelt – die Auf/Rufe ein wenig (… gedanklich …) “abliegen” zu lassen. Wir alle teilen ja die Beobachtung, dass jedes E-Mail ständig neue Mails produziert. Das kann mitunter sehr schön in die Vertiefung einer Diskussion führen. Oft aber endet es, ist das Anliegen einmal vorgebracht, in Geplänkel. Was ja hinwiederum gerade das Netteste an einem Austausch sein kann.

Aber hätten unseren Namen in|ad|ae|qu|at nicht gewählt, wenn wir uns stets den Lüsten der “compliance” hingäben. Dem setzen wir gerne einen infantilen Trotz entgegen. Einen spleenigen Impuls der “disobedience”. Also mal raustreten aus dem Ping-Pong der Messages. Wir haben Tennis ohnehin nie gemocht. Das E-Mail-Fenster ist ein enorm geschlossener Court. Im Grunde gibt es kein Entrinnen. Aber klar: Wenn du die Message-.Bälle nicht schon in deren Anflug zurück knallst, bleiben halt Viele auf deiner Seite liegen.

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REGELKREISE | KEINE KUR

Hier wirds dann echt empfindlich: Einerseits sind die kommunikativen Gegenüber klarer Weise irritiert, besorgt, beleidigt. Wenn nichts kommt. Und Anderseits: es häuft sich eine ungeheurer Menge von Agenden, Themen, Kon-Texten an. Rasend weicht der Hoffnungs-Horizont auf einen Raum eines DANN zurück. Ein DANN der idealen Antwort. Aber das sind Receeding Horizons. Im Grunde war das ja zu wissen. Voraussehbar. Dass es dieses DANN niemals gibt. Ein DANN, dass man – DANACH – qualitätszeitmässig mit der Lektüre des notorischen “guten Buchs” veredelt.

Aber schau: Manche Leute fahren einen Monat nach Indien. Manche Leute gehen vier Wochen auf Kur. Und andere Leute deklarieren die spirituelle Neu-Rückbindung durch xxx (// zensuriert, der Setzer //) Methoden wie das “Auto-” oder – in diesem Fall – das “Internet-FASTEN”.

Also sei festgehalten: Als Wolli Indienfahrer sind wir zu gering bemittelt. Für Kuren aller Art sind wir zu sanguinisch, zu klaustrophobisch usw. Und bessere Menschen werden wir garantiert nicht, wenn wir mal Facebook auslassen.

Starren die weisse Wand an. Die weisse Wand starrt zurück.

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2 Responses to experiment “offline” | hefte der fehlleistung |
  1. otto brandenberg
    December 1, 2014 | 10h36

    wunderbare beobachtungen nach innen wie außen, berührend und scharfsinnig, respekt! (…und: ich verstehe “Peripetie” oder “Coatilcue” nichtmal MIT google, geschweige denn dass mir diese worte jemals “von selbst” wieder einfallen würden…)

  2. czz
    December 1, 2014 | 11h27

    ertappt ! – die zweigesichtige aztekische göttin von schaffen und verzehren heisst : Coat-LI-Cue. ganz ohne “il”. also: obiges ist FALSCH gemerkt, falsch erinnert, verschreibung, fehlleistung .
    fehlleistungen sind indes eine herrliche sache. und das blog ihr angemessener ort.

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