• Außer Atem: Zur Philosophie der Ventilation

    Unter Atmung wird im allgemeinen Sprachgebrauch die Lungentätigkeit verstanden. Der Philosoph und Berliner Gazette-Autor Marcus Steinweg skizziert in einer Denkminiatur die philosophische Dimension der Ventilation.

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    À bout de souffle / Ausser Atem ist zunächst der Titel des Films von Jean-Luc Godard. Darüberhinaus verbinden sich in dieser Wendung mindestens diese beiden Momente: Subjektivität und Flucht. Zum Subjekt gehört, dass es atmet. Zu ihm gehört genau genommen Atemlosigkeit. Es atmet nicht nur, um sich zu erhalten, um zu leben.

    Wie die Flucht im starken Sinn des Wortes, den Gilles Deleuze reaktiviert hat, nur Flucht nach vorne sein kann, bedeutet zu atmen, sich atemlos auf eine Zukunft zu öffnen, die unbestimmt bleibt, reine Kontingenz. Das Subjekt ist außer Atem, da es sich mit dem Inkommensurablen einlässt, das nur blind bejaht werden kann, da es die Grenze des Wissbaren markiert.

    Atmen bedeutet bereits außer Atem zu sein: geöffnet auf das Unbestimmte, das das Leben ist. Man lebt nicht, wenn man schlicht atmet. Das Leben – das Subjektleben – beginnt mit der Beschleunigung des Atmens über die vegetativen Imperative hinaus. Außer Atem gibt sich das Subjekt seine Zukunft, indem es sie als Überraschung empfängt.

    Anm.d.Red: Dieser Beitrag ist ein Fragment aus einem Essay des Verfassers, entstanden im Jahre 2008. Das Foto oben ist ein Standbild aus À bout de souffle.


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