Juengst hatten wir wieder diese Unterhaltung ueber Wim Wenders, dessen Himmel ueber Berlin
meine Freunde als unangenehmen Quatsch abtaten. Wie koenne ein Filmemacher, der mit Alice in den Staedten
grandios begonnen habe, so enden? Die doofen Engel, die praetenzioese Kamera, das handkesche Gefasel.
Mein Einwand: Ohne Peter Handke, waere der Film doch blutarm. Gerade dessen schoenes Gedicht vom Kind als es noch ein Kind war, fuehrt den immateriellen Ansatz des Films zurueck zu einer dinglichen Erfahrbarkeit der Welt. Und laesst dadurch eine intensive Beachtung von Belanglosigkeiten des Daseins zu.
Ich habe mich dann mal wieder auf den Weg gemacht und die Stationen des Films fotografisch nachvollzogen. Der Film macht es einerseits leicht: Die Kamera schwenkt das Waldemarstrassenschild aus der Totale auf Bruno Ganz in der Gosse liegend, nahe an der Mauer. Andererseits half das Filmbuch mit: der zum Menschen mutierte Engel wandelt zielstrebig in seine unbestimmbar vorhersehbare Zukunft an einem Billboard vorbei, auf dem wortverspielt Warten auf Godard
steht. Ein zufaellig aufgefundenes Detail, das unaufgeregt einen cinematografischen Bezug anzeigte. Ecke Glogauer / Reichenberger Strasse.
Im Film legt der Ex-Engel sehr unwahrscheinliche Strecken zurueck und einem Materialisten sind Jahresendfluegelwesen natuerlich ebenso verpönt wie ein der Realitaet verpflichtetes Kino, in dem ein Mann von der Waldemar erst zur Glogauer geht, um aus der Adalbert kommend in die Oranienstrasse zu biegen. Aber Kunst schert sich nicht um Realismus, sondern um Wahrnehmung von Gegenwart. Wie sieht die aus? Kameras registrieren einen Ausschnitt der Welt und suggerieren doch den vollkommenen Blick. So sieht sie aus, die Welt: belanglos und bedeutsam zugleich. Die Kamera schaut voreingenommen wie ein Kind.
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