Zu Beginn ein Geständnis: Ich gehöre zu den Frauen, die gerne Latte macchiato trinken. Ich trinke ihn in Cafés, unterwegs oder auch privat zu Hause. Zudem habe ich ein Kind. Ich bin eine Latte macchiato trinkende Mutter. Vielleicht reicht das ja schon als Defintion der Latte-macchiato-Mama, wie sie im Duden – Das neue Wörterbuch der Szenesprachen steht. Aber wie kommt eine solche Definition zustande?
Der Dudenverlag hat ganz in Web2.0-Manier ein Szenesprachenwiki erstellt, frei nach dem Motto: “Sprache ist lebendig. Sie verändert sich durch die Menschen, die sie sprechen”. Im Szenesprachenwiki ist die Vitalität der Sprache der Interaktion aller Beitragenden geschuldet: Sie veröffentlichen, definieren und diskutieren im Forum ihre szenigen Neologismen – bevor diese dann im Buch landen.
Duden-Redaktion schlauer als das Internet?
Hinter jedem Schöpfungsakt – und nichts anderes ist die Erfindung eines szenigen Neologismus – steckt einzig das menschliche Bedürfnis nach Verewigung. Die Beitragenden im Szenesprachenwiki könnten zufrieden sein. Das Haar in der Suppe: Die Duden-Redaktion nimmt die Community der Beitragenden nicht wirklich ernst.
Ein Beispiel wäre der Duden-Newsletter. Er wirbt mit einer Definition des oben genannten Mutter-Typus für die trendige Druckfassung des Szenesprachen-Wörterbuchs, welche Definitionskriterien nennt, die definitiv nicht aus dem Szenesprachenwiki kommen: ein “quäkendes Bündel”, das “Rumhängen in Szenecafés” und die Ansicht, das Kinder “Statussymbole” seien – Punkte, die im Wiki wirklich nicht zu finden sind.
Einfache Definitionen sind schlechte Slogans
Wie also hat sich die Latte-macchiato-Mama auf dem Weg vom Wiki zum Szenesprachen-Wörterbuch (und seine Ankündigung via Newsletter) so sehr verändert? Und warum? Ist die trendige Mutter mit Statussymbol vielleicht werbewirksamer, oder hat sich hier nur ein genervter Starbucks-Gänger etwas Luft machen wollen? Warum überhaupt wird für ein Buch mit der negativen Definition der “modernen Mutter” geworben?
Ich werde es wohl nicht erfahren. Zurück bleibt das dumpfe Gefühl, dass das angeblich so offene Projekt am Ende doch der Zensur im Sinne der Verkaufszahlen erliegt. Auch bei Duden wird heutzutage also nur mit heißem Wasser gekocht. Schade, irgendwie.
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