Als nach dem Abi alle ein Jahr weg wollten (ins Ausland, in soziale Projekte), weil noch niemand wusste, was er studieren oder arbeiten wollte, war ich ganz sicher: Ich wollte zur Uni. Amerikanistik studieren. Weg aus Deutschland? Sicher. Irgendwann mal. Vielleicht. Ich saß noch jeden Abend mit meinen Eltern am Abendbrottisch, das exotischste womit ich in Berührung kam, waren von Mama servierte Penne all’arrabbiata.
Die Bewerbung für das DAAD-Stipendium für ein Semester Schweden nach eineinhalb Studienjahren und der zeitgleiche Auszug aus dem Elternhaus waren eine Spontanidee. Wohl ein Versuch nach der Trennung meiner Eltern die Atmosphäre der Familienurlaube von roten, blaubeerkrautumwucherten Holzhäuschen wiederzubeleben. Die sechs Monate im Nest Örebro fühlten sich schon nach zwei Wochen nicht mehr wie ein Unfall, sondern eher wie Bestimmung an.
Lebensverändernde Maßnahmen
Zurück in Berlin dann der Schnitt. Neue Wohnung, neuer Job, neues Leben. Ich suchte Kontakte zu ähnlich Ferngeleiteten und traf auf US-amerikanische Studenten aus Stanford. Unser Kontakt hält bis heute. Mindestens einmal pro Jahr besuchte ich meine Freunde in Kalifornien, begann auf Englisch zu fluchen und zu träumen. Seminare zur US-Gesellschaft nach 9/11 waren keine Expeditionen auf unbekanntes Terrain mehr, sondern hatten plötzlich etwas mit mir zu tun.
Meine Abschlussarbeit schrieb ich über die Golden Gate Bridge und verbrachte dazu vier Monate in San Francisco. Jetzt stehe ich vor meinem Uniabschluss und vor der Entscheidung Ende des Jahres nach Los Angeles zu ziehen. Für einen Job. Das sage ich mir zumindest immer wieder. Doch ich spüre, meine Verbindung zur Westküste könnte mehr werden als nur ein Job. Ich weiß aber auch: L.A. entspricht nicht im Entferntesten meinem poststudentischen Lebensideal. Vielleicht wird das der Anfang vom viel beschworenen Ernst des Lebens.
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