Einer Lesung von David Sedaris beizuwohnen ist in etwa wie einem spielenden Jungen im Sandkasten zuzuschauen. Sedaris ist ein Mann mit flinken braunen Augen, einer hohen Stirn und Mundwinkeln, die ein Haengen gar nicht zu kennen scheinen.
Die Lesung im Babylon im Rahmen der Reihe >Literatur Live<, in der er sein neuestes Episodenbuch When You are Engulfed in Flames
vorstellte, bedeutete den Endpunkt seiner Lesereise durch Deutschland. Diese hatte ihn nach eigenen Angaben in kleinstaedtischen Gegenden auch in Hotels gefuehrt, in denen man sich am liebsten umbringen wuerde
. Nun, David Sedaris hat seinen Aufenthalt in Lehrte bei Hannover unbeschadet ueberstanden. Das verwundert auch wenig, kennt man seine Buecher.
Sedaris schreibt ueber ein Leben, das von haarstraeubender Komik, skurrilen Persoenlichkeiten, erheiternden Zufaellen und ungewoehnlichen Einsichten gern als so ganz unamerikanisch charakterisiert werden koennte. Seine Essays beschreiben pointiert den Alltag in einer kleinen US-Vorstadt, sein Coming-out oder seine erste Stimmabgabe bei einer Praesidentschaftswahl – 1968 mit elf, fuer Richard Nixon und stellvertretend fuer seine Mutter. Dabei liest er mit einer Hingabe, die ihn jungenhaft begeistert wirken laesst. Bei seiner Aussprache von Nicaragua
laesst er den Atem durch seine Zahnluecke pfeifen, dass seine blaugepunktete japanische Strickkrawatte nur so flattert. Sedaris Essays sind fuers Radio geschrieben – erst durch das gesprochene Wort erschliesst sich ihre Komik vollends.
Fuer alle weniger anglophonen Sedaris-Fans las Michael Kessler aus der deutschen Fassung, deren englischer Originaltitel mit Schoener wirds nicht
erschreckend lahm uebersetzt ist. Wo Sedaris sich ganz auf seine rhetorischen Faehigkeiten verlaesst, schoepft Kessler aus seinem Repertoire an Gestik und Mimik. Ab und zu schmunzelt Sedaris oder schenkt Kessler sein breites Zahnlueckengrinsen. Man ahnt, dass es kein alltaegliches Erlebnis fuer den Amerikaner ist, seinem Werk in deutscher Uebersetzung zu lauschen. Seiner Affinitaet zur deutschen Sprache verleiht Sedaris auch schon mal punktuell Ausdruck, etwa wenn er seine Buecher mit Kaiserschnitt
signiert. Goodbye, David Sedaris, schoener wirds nicht!
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