• kannst du die deutschen ausmischen

    Seit einigen Wochen ziert ein Graffito den U-Bahnhof Eberswalder Strasse. Immer wenn ich daran vorbei gehe, muss ich kurz schmunzeln. kannst du die deutschen ausmischen steht da, Schwarz auf sandfarbenem Beton. Es ist nicht gerade ein kuenstlerisches Graffito, im Grunde nur hingekrakelte schwarze Schrift. Anscheinend geht es hier mehr um die Botschaft, als um die Aufmachung. Aber was hat der ominoese Spruch zu bedeuten – diese aneinander gereihten Worte, ohne Interpunktion und ohne Beruecksichtigung der Gross- und Kleinschreibung? Ich versuche mich mal an einer Interpretation – von hinten nach vorn. Das Wort ausmischen laesst zunaechst daran denken, dass der geheime Poet hier aufmischen und ausmischen verwechselt hat. Dann noch ein Fragezeichen dran und alles waere perfekt. Doch das waere zu einfach.

    Vielleicht will sich hier ja jemand in die aktuelle Migrationsdebatte einmischen. Oder ist dieses seltsame Verb ausmischen eine Anspielung auf die deutsche Gesellschaft? Wer kann da schon die richtigen Deutschen ausmischen? Sie finden, dass das zu weit hergeholt ist. Gut, doch der Mittelteil der Geheimbotschaft ist nicht minder verschluesselt. die deutschen, klein geschrieben. Also ein Adjektiv? Wohl kaum, denn der ganze Satz ist ja klein geschrieben und ein Substantiv gibt es auch nicht. Auch der Anfang gibt Raetsel auf. Die direkte Ansprache des Lesers in Frageform, allerdings ohne Fragezeichen. Also letztlich eher als verkappter Imperativ lesbar. Sie merken schon, eine lupenreine, eindeutige Aufloesung laesst diese Zeile nicht zu. Das macht sie so anregend. Absicht oder nicht – die Botschaft regt zum Nachdenken an, schreit foermlich danach, in einem groesseren Zusammenhang gesehen zu werden: Wenn man im U-Bahnhof ein paar Meter weiter geht, ergaenzt die naechste Wandnachricht: Tee wird kalt, schrei halt.


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