Joerg Heisers Rundumschlag zur zeitgenoessischen Kunst suggeriert im Titel Ploetzlich diese Uebersicht ziemlich hinterlistig ein Programm, an dessen Einloesung sich innerhalb der knallpinken Umschlagseiten ganz bewusst nicht versucht wird. Und trotzdem: nach der Lektuere der 350 Seiten hat es dann doch irgendwie funktioniert.
Der deutsche Chefredakteur des britischen Kunstmagazins frieze behandelt in vier ziemlich ausladenden Kapiteln umfassend die zeitgenoessische Kunstszene. Dabei ist das erste Kapitel zur Rolle des Slapsticks in der Kunst definitiv das interessanteste.
Heiser zieht hier Querverbindungen zwischen Chaplin und Duchamps, zwischen Zeitungs-Comicstrip und der Erhaben- heit
museal-institutionell festzementierter Meilensteine der modernen Kunst, die es schaffen, schon tausendmal besprochenen Werken wirklich neue Facetten und Zugangsmoeglichkeiten abzugewinnen. Dagegen verblassen die weiteren Kapitel zu Malerei, Video/Film-Installation wie der Rolle des Marktes leider etwas, das tut dem guten Gesamtein- druck allerdings keinen Abbruch. Stilistisch bleibt Heiser dabei im guten Sinne journalistisch und feuilletonistisch, schnell, manchmal vielleicht etwas zu schnodderig, aber eben immer ganz nahe dran an der Sache und sich auch vor eindeutigen Positionierungen und Grabenkaempfen nicht scheuend.
Damit steht Ploetzlich diese Uebersicht
sowohl inhaltlich wie auch stilistisch fuer eine zunehmende Pop-Werdung
der Kunst. Aufgrund der Abwesenheit einer stringenten Argumentation, die in einer Art Conclusio zusammenliefe wie auch den im Schnelldurchgang und mit teilweise nur wenigen Saetzen abgehackten Analysen gefuehlter Hundertschaften zeitgenoessischer Werke und Kuenstler ist das Buch auf die ganze Strecke gesehen aber auch ein manchmal schwer zu konsumierender Brocken. Doch das Ganze will ja ein Uebersichtsbuch zur Unuebersichtlichkeit der zeitgenoes- sischen Kunst sein. Und unter diesem Vorzeichen funktioniert es ziemlich gut. Die Paradoxa des Gegenstands im guten Sinne emphatisch anverwandelt und in die Produktionsmethode integriert. Chapeau!
3 Kommentare zu
Eine Sache ist mir allerdings nicht klar geworden. Also die Kunstszene ist unübersichtlich und dieses Buch über die Kunstszene ist es auch. Wie emanzpiert sich das Buch von der Unübersichtlichkeit seines Gegenstands? Anders: Wie überführt es jene in eine emanzpative/kritische Form der Unübersichtliche?