Der Apfel und die Kanne

Apfel             Kanne
© Syra Stein

Jochen hatte manchmal Zeit, alte Malbücher zu lesen. Schließlich fand er sogar ein Bild von sich selbst, aus seiner Jugend, da sah er noch jung aus und war noch grün hinterm Stiehl, fast dunkelgrün. Da hatte er unbefangen auf einer großen Wiese gespielt. Wo man rollen konnte, rollen, so leicht bergab. Er ahnte schon, dass das nicht immer so bleiben würde. In der Jugend träumen wir von einem Schloss auf dem Mond und später bauen wir dann eine Baracke auf der Erde. Er würde gelb und braun werden, die Würmer würden ihn zerfressen.
Sein ganzes Leben kam ihm auch einseitig vor, er sah alles grün. Dabei sehnte er sich so sehr nach etwas Blauem, wäre das schön.
Martha hatte auch manchmal Zeit zum Lesen. Sie war ziemlich groß und so schön rund, man hatte Lust sie anzufassen. Warm war sie im Innern auch, so warm, nicht nur ihr schwarzes Blut, auch ihr Herz war warm, zum dahinschmelzen.
Sie setzte sich gern auf eine Fensterbank und schaute aus dem Fenster, aber irgendwie fehlte ihr was, sie sah alles so blau. Da musste es doch noch etwas anderes geben, Grün zum Beispiel. Sie beschloss, den Apfel einzuladen. Der freute sich riesig als sie zusammen am Nachmittag an dem braunen Holztisch saßen. Sie tranken Kaffee, den brachte sie immer mit, der Apfel sorgte für Petit Fours und sie diskutierten immer sehr ausführlich, ob die Welt nun grün oder blau war, dunkel oder hell. Manchmal redeten sie sich richtig in Rage und wurden beide rot.

(Einen herzlichen Dank für die beiden ausgeliehenen, wunderbaren Bilder an Syra Stein, zu denen der Text nur eine kurze Inspiration ist.)