Letzter Satz: “Die Musik wird langsam lauter.”
Das Leben bleibt immer ein Tanz um eine unbekannte Mitte. Auch wenn der blinde Protagonist Marijan in “Das Geräusch des Werdens” von Aléa Torik kein gebürtiger Italiener ist, sondern viel jünger und er auch weniger Brillantine im Haar gehabt haben dürfte, könnte man sich seinen Tanz mit Leonie ungefähr so vorstellen. Die grazile Gabrielle Anwar kommt dem Äußeren der weiblichen Protagonistin Leonie wohl schon näher. Ein Zitat auf der vorletzten Seite aus Marijans Ansprache an das Publikum der Fotoausstellung illustriert auch die Rolle zwischen uns, den Lesern und dem Autor:
“Er konnte nicht alles erzählen. Das wollte er auch nicht. Das sind sehr persönliche Dinge und die Zuhörer sind wildfremde Menschen. Sie ahnen sicher, dass er vieles nicht gesagt hat. Sie erinnern sich womöglich noch an seine einleitenden Sätze, dass zwischen den Fragmenten eines Blinden sehr viel Platz ist. Platz für eigene Fantasien. So wie zwischen den Worten seines Vortrags Platz war. Wie das bei Worten eben ist. Worte sind auch nur Fragmente. Vor allem, wenn es die Worte anderer sind. Bei fremden Worten schiebt man unmerklich seine eigenen dazwischen.”
Im Buch drückt die Zärtlichkeit des Paares sehr viel Hoffnung aus. Hoffnung für uns alle, dachte ich bis gestern… Bei allen Differenzen, was den Blog von A. T. betrifft, halte ich den Roman weiterhin für insgesamt gelungen und lesenswert. Außerdem stirbt die Hoffnung zuletzt, wie es so schön heißt.
Wer mag, kann sich eine Rezension auf WDR 3 anhören, die heute den Roman wohlwollend zusammenfasst und inhaltlich kurz nachreferiert, im Grunde aber doch unkritisch bleibt. Was die Identitätshintergründe der “Autorin” anbelangt, ist er natürlich nicht auf dem neuesten Stand. Warum A.T. meine Besprechung auf “ihrer” Seite nicht mehr verlinkt, spricht für sich selbst:
http://www.wdr.de/radio/home/podcasts/channelausspielung.phtml?channel=buchrezensionen