André Linke im Interview

by Zeichensetzerin Alexa

Viel Frei­zeit habe ich tat­säch­lich nicht, und Lan­ge­weile sowieso nie. Aber genau die­sen Tru­bel brau­che ich einfach.

*Klick* Foto © André Linke and​re​linke​.de

Zunächst ein­mal vie­len Dank, dass du dich zu die­sem Inter­view bereit erklärt hast. Unsere Leser des „Bücher­stadt Kurier“ war­ten schon gespannt auf die erste Aus­gabe und freuen sich, ein Inter­view von dir zu lesen. Kom­men wir also zu der ers­ten Frage:

Dein rich­ti­ger Name ist Carina Linke – wie bist du auf das Pseud­onym André Linke gekom­men? Und wozu ein Pseudonym?

Ehr­lich gesagt bereue ich die Pseud­onym-Idee ein biss­chen. Ich dachte, es wäre nicht schlecht, auch in dem Sinne den Beruf vom Pri­vat­le­ben zu tren­nen. Lei­der hat es aber so eini­ges in mei­nem Leben kom­pli­zier­ter gemacht – zum Bei­spiel musste ich André in mei­nen Per­so­nal­aus­weis ein­tra­gen las­sen, um bei der Post Pakete für André Linke abho­len zu dür­fen. Und so strikt geht das als Künst­ler auch gar nicht, das Pri­vat­le­ben ganz davon abzu­kop­peln, was auch gut so ist. Nun ziehe ich das mit dem Pseud­onym durch – emp­feh­len kann ich es aller­dings nicht. Die Wahl des Namens war jeden­falls leicht: Der Arzt meinte vor mei­ner Geburt, ich würde ein Junge wer­den, und da hat­ten sich meine Eltern André schon als Namen über­legt. Ich wollte diese kleine Geschichte auf­recht erhal­ten und finde außer­dem den Namen sehr schön. Lei­der wis­sen nur hier­zu­lande viele nicht, dass André in sei­nem Her­kunfts­land Frank­reich ein Vor­name für Frauen wie Män­ner ist. Ich werde gerne gefragt, ob ich denn etwa anonym blei­ben oder ein Mann sein möchte. Ein kur­zer Blick auf Google zum Bei­spiel genügt, um sich beide Fra­gen selbst mit Nein beant­wor­ten zu können.

Woher kam die Inspi­ra­tion zu dei­nem „CRYSTAL YORKSHIRE“-Projekt?

CRYSTAL YORKSHIRE ist in sei­ner letzt­end­li­chen, gedruck­ten Form mehr eine Komö­die als – wenn ich das so sagen darf – tro­ckene SciFi. Die­ses aus­schlag­ge­bende Ele­ment kam erst nach vie­len Jah­ren und Ver­sio­nen hinzu, als ich gerade THE HITCHGIKER’S GUIDE TO THE GALAXY las, was ja als die SciFi-Satire schlecht­hin gilt und mich sehr begeis­tern konnte. Dou­glas Adams war mir also eine große Inspi­ra­tion. Erst durch den eher spon­ta­nen Comedy-Aspekt lief es für mich per­sön­lich mit CRYSTAL YORKSHIRE rich­tig gut. Ursprüng­lich war die Geschichte eine Fan­fic­tion zu dem alten DOS-Flug­si­mu­la­tor DESCENT – die zweite Inspi­ra­ti­ons­quelle. Dabei hatte sich CRYSTAL YORKSHIRE aber schnell zu einer eigen­stän­di­gen Geschichte ent­wi­ckelt, so dass ich dar­aus schnell ein eige­nes Werk for­men konnte. In der Fan­fic­tion, die für meine ame­ri­ka­ni­schen DESCENT-Clan­mit­glie­der gedacht war, fin­det sich jeden­falls der Ursprung für die gan­zen eng­li­schen Namen und Begriffe in der Geschichte. Mir wird ja gerne mal vor­ge­wor­fen, ich ent­scheide mich für eng­li­sche Namen, weil das cool wäre...

Hast du dei­nen Hel­den etwas von dei­nen Inter­es­sen oder dei­ner Per­sön­lich­keit gegeben?

Ja, ich habe einige Cha­rak­ter- und Gesichts­züge von mir und Freun­den auf die Figu­ren über­tra­gen. Unter­schied­li­che bis gegen­sätz­li­che Züge ver­teile ich dabei manch­mal auf die Figu­ren, damit sie aus­ge­präg­ter erschei­nen. Das mache ich aber nicht immer – je nach dem, was für das jewei­lige Pro­jekt bes­ser passt. Dabei muss es nicht immer darum gehen, was der Hand­lung hilft – manch­mal ist es reine Gefühlssache.

Wie kamst du auf die Idee, dein Buch zu veröffentlichen?

Geschrie­ben und ver­öf­fent­licht habe ich schon immer. Bereits in der drit­ten Klasse habe ich mein eige­nes Tier­ma­ga­zin her­aus­ge­braucht und an gleich­alt­rige Leser in ganz Deutsch­land ver­schickt. Dass irgend­wann das erste Buch fol­gen würde, war mir – und ande­ren – schon immer klar.

Gleich zwei Nomi­nie­run­gen im Jahr 2007 – wie hast du dich dabei gefühlt?

Die zwei Nomi­nie­run­gen für den Deut­schen Phan­tas­tik Preis 2007 mit dem ers­ten CRYS­TAL-YORK­SHIRE-Band brach­ten gemischte Gefühle mit sich. Zunächst habe ich mich wahn­sin­nig gefreut über die­sen Erfolg. Dann durfte ich aber in dem Blog eines mir nicht wei­ter bekann­ten Schrift­stel­lers lesen, dass er mir Mani­pu­la­tion vor­wirft. Es könne ja gar nicht mit rech­ten Din­gen zuge­hen, wenn ein New­co­mer eines Klein­ver­lags zwei sol­che Nomi­nie­run­gen bekommt. Das fand ich natür­lich schade, auch wenn sich der Schrift­stel­ler nach einem Blog-Kom­men­tar von mir ent­schul­digt hat. Als Folge der Nomi­nie­rung durfte ich zur Buch­mes­se­con 2007 rei­sen, meine aller­erste Lesung vor 30 Zuhö­rern ver­an­stal­ten und vor 700 Zuhö­rern eine Lau­da­tio an Mar­kus Heitz hal­ten, der dann meh­rere Phan­tas­tik Preise erhielt. Das war ein auf­re­gen­des Wochen­ende, das einige Szene-Leute auf mich auf­merk­sam gemacht, mich aber auch über­wäl­tigt hat. Letzt­end­lich kann ich sagen, dass es mir seit Jah­ren als hilf­rei­che Refe­renz dient und ich den Lesern, die für mich gestimmt haben, über­aus dank­bar bin. Schrift­stel­ler kön­nen ihre Leser ruhig dazu auf­ru­fen, für sie abzu­stim­men – das ist durch­aus legi­tim für einen Publi­kums­preis, ohne Mani­pu­la­tion natürlich.

Für den vier­ten Band arbei­tete Léon­tine Man­dela als Ghost­wri­te­rin. Was steckt hin­ter die­ser Zusammenarbeit?

Léon­tine hat auch für CRYSTAL YORKSHIRE 5 als Ghost­wri­te­rin mit­ge­wirkt und war die Haupt-Autorin mei­nes Romans ALIAS CYNTHIA. Uns ver­bin­det eine lang­jäh­rige Zusam­men­ar­beit und eine tiefe Freund­schaft. Für CRYSTAL YORKSHIRE kann Léon­tine meine dort ange­wandte Schreibe ein­wand­frei adap­tie­ren; für ALIAS CYNTHIA und ganz eigene Werke hat sie aber auch andere Stile drauf. Ich liebe Zusam­men­ar­bei­ten, die teils Expe­ri­mente, teils Erfah­run­gen und teils Hilfe sind. So war es auch mit Léon­tine, und man darf gespannt sein, was sie alleine noch so auf die Beine stellt. Der Begriff „Ghost­wri­te­rin“ ist für unsere Zusam­men­ar­beit aber nicht ganz rich­tig. Schließ­lich haben wir es von Anfang an öffent­lich gemacht, dass sie an die­sen drei Wer­ken von mir betei­ligt war.

Im April erscheint der 5 Band der „CRYSTAL YORKSHIRE“- Reihe mit dem Titel „UNTER ZEITDRUCK – CRYSTAL YORKSHIRE EPSILON“ – ist das defi­ni­tiv der letzte Band der Reihe?

Ja, defi­ni­tiv. So ver­künde ich es seit vie­len Jah­ren und so wird es sein. Die Grund­ideen für jeden Band stan­den gleich zu Beginn fest. Und nach so vie­len Jah­ren – der erste Ver­sion des ers­ten Ban­des habe ich 1998 geschrie­ben – darf das Pro­jekt ruhig mal zu Ende gehen. Zumal ich mitt­ler­weile viel lie­ber Main­stream schreibe. Nicht, weil der Markt es ver­langt, son­dern weil es mir Spaß macht und ich auch gerne Main­stream ande­rer Künst­ler lese.

Hast du ein spe­zi­el­les Ritual, bevor du anfängst zu schrei­ben oder gibt es etwas, das dich immer wie­der inspiriert?

Nein, so etwas habe ich nicht. Im Laufe der letz­ten Jahre, habe ich gelernt, immer und über­all als Autor zu funk­tio­nie­ren. Egal, ob ich gerade mit einem klei­nen Net­book auf dem Schoß in einem lau­ten Zug­ab­teil sitze, oder mich mit einem schon voll­ge­kritz­tel­ten Notiz­buch auf einer holp­ri­gen Auto­fahrt befinde, oder mich mit dem Lap­top bei schö­nem Wet­ter auf den Bal­kon bege­ben oder ganz in Ruhe an mei­nem oder einem frem­den Schreib­tisch schreibe... in jeder Situa­tion muss und möchte ich schrei­ben kön­nen. Sonst bekomme ich Pro­bleme mit Dead­lines oder mit mir selbst. Vor zehn Jah­ren etwa brauchte ich ganz bestimmte Bedin­gun­gen zum Schrei­ben. Aber so etwas gehört zu den Din­gen, die sich antrai­nie­ren lassen.

Hast du schon Pläne und Idee für neue Romane und Projekte?

Pläne und Ideen habe ich immer. Das war nie anders. Ich glaube, jeder Schrei­ber­ling hat in sei­ner Schub­lade noch zwan­zig andere Ideen, die auf ihre Umset­zung war­ten, wäh­rend man sich gerade schon mit fünf Geschich­ten beschäftigt.

Wel­ches dei­ner Bücher ist dein Lieb­lings­werk? Und warum?

Da kann ich mich bei bes­tem Wil­len für keins ent­schei­den. Ich denke, man sollte jedes Werk so gestal­ten, dass man auch spä­ter noch dahin­ter steht. Über das weit ver­brei­tete Phä­no­men, dass einem ältere Werke irgend­wann aus Prin­zip nicht mehr gefal­len, weil man sich wei­ter­ent­wi­ckelt hat, muss man hin­weg­se­hen. Das ist nor­mal. Es sollte schon einen trif­ti­gen Grund dafür geben, wenn man ein ver­öf­fent­lich­tes Werk noch ein­mal so rich­tig über­ar­bei­tet. Für einem Ver­lags­wech­sel zum Beispiel.

Neben dem Schrei­ben von Roma­nen bist du auch noch ander­wei­tig tätig. Du bist Autorin für Carl­sen (DAISUKI), Schrift­stel­le­rin für Expe­ri­enze und Redak­teu­rin für Kids Zone. Außer­dem assis­tierst du bekann­te­ren Man­gaka – bleibt da über­haupt noch Zeit für dich?

Viel Frei­zeit habe ich tat­säch­lich nicht, und Lan­ge­weile sowieso nie. Aber genau die­sen Tru­bel brau­che ich ein­fach. Ich kenne genauso viele Leute, die ihn eben­falls brau­chen, wie Leute, die damit nichts anfan­gen kön­nen. Da muss man ein­fach für gebo­ren sein. Aber jeder, der sich mit mir anfreun­det, lernt mich direkt so ken­nen. Die einen sind selbst sehr beschäf­tigt, die ande­ren haben Ver­ständ­nis dafür, dass man sich eben nicht so oft sieht. Ich bin auch eh der Typ Mensch, der lie­ber wenige rich­tige Freund­schaf­ten als viele ober­fläch­li­che hat. Für die nimmt man sich dann auch gerne Zeit. Mein Ein­druck ist außer­dem, dass immer mehr die­sem Tru­bel­wahn ver­fal­len. Das Leben wird immer teu­rer, die Arbeit hek­ti­scher, die Anfor­de­run­gen höher. Es scheint ein Trend zu sein, dass wir alle fle­xi­bler und fle­xi­bler wer­den sol­len. Wir müs­sen auf unsere Gesund­heit aufpassen.

Arbei­test du auf ein bestimm­tes Ziel hin? Wenn ja, welches?

Es mag kit­schig klin­gen, aber schon wenn eine ein­zige Per­son eines mei­ner Werke liest und dadurch abschal­ten und träu­men kann, ist mein Ziel erreicht. Der Gedanke daran ist schön und treibt mich an.

Wenn du dir irgend­eine andere Kar­riere aus­su­chen könn­test, was wür­dest du tun?

Es wäre nicht wirk­lich eine andere Kar­riere, weil ich nichts lie­ber tue, als zu schrei­ben, aber viel­leicht sollte ich mal ein rich­tig niveau­lo­ses Buch schrei­ben, das dann ein Best­sel­ler wird und mir jah­re­lang Pro­jekte finan­ziert, die mir rich­tig Spaß machen. Das wäre doch mal was!

Wenn du ein Buch wärst, was für eines wärst du

Das bin ich ja noch nie gefragt wor­den. Schwie­rig. Ich denke, ich wäre gerne ein Buch mit einer lus­ti­gen, süßen Lie­bes­ge­schichte, die ihre Leser zum Lachen bringt und mit einem guten Gefühl in den All­tag zurück­keh­ren lässt. Der teil­weise schlechte Ruf von solch leich­ter Unter­hal­tung ist mir ein Rät­sel, denn ich finde, das wahre Leben ist schon trau­rig und tief­sin­nig genug. Klar, Geschmä­cker sind ver­schie­den, aber muss man denn immer gleich alles nie­der­ma­chen, was einem nicht zusagt? Ich respek­tiere jedes Genre. Selbst wenn ich zum Bei­spiel ein Kitsch-Gro­schen­ro­man wäre, dann wäre ich es gerne.

Und die letzte Frage: Wel­che Frage hast du dir schon immer mal in einem Inter­view gewünscht und wie würde deine Ant­wort dar­auf lauten?

Auf jeden Fall wäre es nicht die Frage, was für ein Buch ich gerne sein würde...

Vie­len Dank für das infor­ma­tive Interview!

Ich danke für die inter­es­san­ten Fragen!

Alexa

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