Auf dem Kartenthron – Ein Plädoyer gegen die Angst

by Bücherstadt Kurier

Die aktu­elle Situa­tion spie­gelt das wider, wovor ich mich am meis­ten fürchte: es sind nicht Grup­pen wie die IS oder Al Quaida – oder andere Grup­pen mit ande­ren Namen und ande­ren poli­ti­schen, öko­no­mi­schen oder ideel­len Pro­gram­men – die ich fürchte. Es ist die Angst.
Angst, schein­bar wahl­los gestreut und schnel­ler zum Lauf­feuer ent­facht als Busch­trom­meln sich mit­ein­an­der ver­stän­di­gen könn­ten, ist das eigent­li­che Ziel von Ter­ror. Nicht zuletzt stammt der Begriff aus dem Latei­ni­schen und bezeich­net genau das, was er säht: Angst. Die Ernte bleibt uns über­las­sen – nicht einer Nation, nicht einem Kon­ti­nent, der gesam­ten Erde. Wir fürch­ten Men­schen aus der Fremde, die aus Angst ihre Hei­mat ver­lie­ßen und dar­auf hof­fen, ihr zu ent­kom­men. Wir fürch­ten davor, von unse­rer Tür­schwelle ins Freie zu tre­ten, weil jeder Schritt der letzte sein könnte – über­spitzt gesagt. Wir fürch­ten die Angst selbst, haben Angst davor, darin auf uns selbst zurück­ge­wor­fen zu wer­den und hören dabei nicht auf, uns vor ihr zu beugen.
Wir sind ihre erge­be­nen Die­ner – und sie bleibt auf ihrem Thron, weil sie eine intri­gante Köni­gin ist: sie beherrscht uns mit eiser­nem Griff ums Herz, lässt uns bang wer­den und vor ihr erzit­tern und flüs­tert uns Miss­trauen ein. Sie schürt die Feind­se­lig­keit und führt uns vor Augen, dass die Mensch­heit ihren Ego­is­mus auch nach unzäh­li­gen Krie­gen, die sie eines Bes­se­ren hätte beleh­ren sol­len, noch nicht ver­lernt hat.
Manch­mal reicht ein ein­zi­ges Wort, um einen Thron zu stür­zen. Die Angst sitzt auf einem Kar­ten­thron, auf den nur genug Luft tref­fen muss, um ihn zum Ein­sturz zu brin­gen. Sie mag ihn immer wie­der aufs Neue errich­ten, doch ein ers­ter Luft­zug reicht aus, um ihr ihre Macht zu neh­men. Ich will eines der Worte sein, die an ihrem Thron rüt­teln: ich will mich ver­wei­gern gegen ihren Griff, will mich über meine eigene Furcht hin­weg­set­zen und dem Ter­ror in mei­nem Kopf ein Ende set­zen, um mei­nem Nächs­ten ins Gesicht sehen zu kön­nen – ohne Angst in mir, und ohne Angst im Ant­litz mei­nes Gegenübers.

Erika

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