Castlevania: Eine Geschichte von Glaube und Rache

by Geschichtenerzähler Adrian

Mit „Cast­le­va­nia – Lords of Shadow“ wech­selt die „Castlevania“-Reihe 2010 erst­mals von 2D zum schi­cken 3D und lie­fert mit der Geschichte um den jun­gen Gabriel Bel­mont ein packen­des und insze­na­to­risch wun­der­ba­res Aben­teuer. Geschich­ten­er­zäh­ler Adrian hat Gabriel auf sei­ner Mis­sion beglei­tet und erklärt, wie Gewalt auch eine Geschichte erzäh­len kann.

Die Sache mit der Erbschaft

Seit dem ers­ten „Castlevania“-Teil aus dem Jahr 1987 scheint ein gewis­ser Fluch auf dem Namen Bel­mont zu lie­gen. Immer wie­der wei­ter­ge­ge­ben an ein Mit­glied der Bru­der­schaft des Lichts – eine Élite-Ein­heit von Mons­ter­jä­gern – wird dem Trä­ger die­ses Namens schein­bar alle Last der Welt auf­ge­bür­det. Ist die Welt wie­der ein­mal kurz vor dem Unter­ge­hen? Haben sich Dra­cula oder der Teu­fel zum gefühlt hun­derts­ten Mal erho­ben? Ein Bel­mont wird es schon rich­ten. Nun ja, es scheint sich bewährt zu haben, denn die Bel­monts schnet­zeln sich bereits in etwa 36 Spie­len durch Hor­den von Monstern.

Auch in „Cast­le­va­nia – Lords of Shadow“ gilt es wie­der ein­mal, die Welt vor dem Unter­gang zu ret­ten, und so mel­det sich der junge, zur Melan­cho­lie nei­gende Gabriel Bel­mont frei­wil­lig. Er will sich – wenn auch nicht ganz unei­gen­nüt­zig – den namens­ge­ben­den Lords of Shadow ent­ge­gen­stel­len, wel­che das Land ins Chaos gestürzt haben. Durch seine Mis­sion erhofft Gabriel sich, seine ermor­dete Frau von den Toten wie­der zurück­ho­len zu kön­nen. Jedoch scheint die Reise Gabriel nicht beson­ders gut zu bekom­men. Von Alb­träu­men und Visio­nen geplagt wird auch etwas Dunk­les genährt, was in dem jun­gen Mann schlum­mert. Ob Gabriel der Geschichte des Namens Bel­mont gerecht wer­den kann, erfahrt ihr, wenn ihr euch an die­ses Aben­teuer heranwagt.

Mons­ter­klop­pen für Gott

Was zeich­net das Hack‘n‘Slay-Genre aus? Liebe, Sehn­sucht, Frie­den, Ent­span­nung. Nein, natür­lich nicht. Wer Spiele wie „God of War“ oder „Dia­blo“ kennt, der weiß, um was es in die­sem Spiel-Genre geht. Wem diese bei­den Spiele nichts sagen, hier eine kurze Erklä­rung: Ein Held wirft sich meh­re­ren Mons­ter­hor­den ent­ge­gen und ver­ur­sacht dadurch ein ziem­li­ches Blut­bad. Klingt nicht sehr lecker, aber wie soll man mit einem Blut­bad eine Geschichte erzäh­len? Das hat etwas damit zu tun, wie Gabriel kämpft.
Laut sei­ner Cha­rak­ter­be­schrei­bung ist er ein ziem­lich talen­tier­ter Mons­ter­tö­ter, trägt jedoch auch etwas Dunk­les in sich. Nur seine nun tote Frau konnte diese Dun­kel­heit unter­drü­cken, doch diese ist für Gabriel zwar greif­bar und den­noch so weit ent­fernt, sodass die Dun­kel­heit in ihm immer wei­ter her­an­wächst. So beginnt er mit fort­lau­fen­der Geschichte immer bru­ta­ler zu wer­den. Wo er die Mons­ter anfangs ein­fach nur getö­tet hat, so schlach­tet er sie mit der Zeit immer bru­ta­ler ab. Er wird vom talen­tier­ten Mons­ter­tö­ter zum talen­tier­ten Monsterschlächter.

Als Spie­ler gerät man in einen Zwie­spalt. Zum einen muss man wei­ter­ma­chen, um die Welt vor dem Unter­gang zu ret­ten, ande­rer­seits treibt man Gabriel damit immer wei­ter in die Arme der Dun­kel­heit. Die Spie­ler wer­den Zeuge und Ursa­che zugleich, wie der Prot­ago­nist immer gna­den­lo­ser wird. Jedoch erzählt nicht nur Gabriel eine Geschichte, son­dern auch die Welt um ihn herum. Immer wie­der kann man bei toten Ordens­brü­dern von Gabriel – wel­che auf dem Weg geschei­tert sind – Nach­rich­ten fin­den. Diese wer­den von Kapi­tel zu Kapi­tel immer hoff­nungs­lo­ser und düs­te­rer, was Gabri­els Geis­tes­zu­stand gleicht.

Die klei­nen Kratzer

Bevor ich zu den High­lights – neben dem eben erwähn­ten Kampf­sys­tem – komme, werde ich erst ein­mal auf die Makel ein­ge­hen. Die Kamera ist teil­weise ein wah­rer Graus. Immer wie­der wech­selt sie die Per­spek­tive und sorgt so für Ver­wir­rung bei der Ori­en­tie­rung. Auch kos­tet sie einem den einen oder ande­ren Lebens­punkt, wenn der Cha­rak­ter mit­ten im Kampf zum Bei­spiel plötz­lich aus dem Bild ver­schwin­det und so nicht mehr gese­hen wer­den kann, was vor sich geht.

Apro­pos Kampf: Auch die Kämpfe stell­ten sich hin und wie­der als ziem­lich frus­trie­rend her­aus, mal abge­se­hen davon, dass das Spiel selbst auf dem leich­tes­ten Schwie­rig­keits­grad wenige Feh­ler ver­zeiht. Als bes­tes Bei­spiel gilt wohl der Kampf gegen Geg­ner, die zehn­mal so groß sind wie Gabriel – was stark an das Spiel „Shadow of the Colos­sus“ erin­nert. Diese zu erklet­tern, ist eine ziem­li­che Her­aus­for­de­rung, wenn etwa der Tas­ten­be­fehl zum Fest­hal­ten schein­bar vom Spiel nicht ange­nom­men wurde. Hier musste ich einige Male von vorne begin­nen. Ein klei­ner Minus­punkt sind auch die Quick­time-Events – drü­cke eine Taste im rich­ti­gen Moment – wel­che hin und wie­der viel zu über­ra­schend kom­men. Zudem führt das Schei­tern in man­chen Kämp­fen zu einem One-Hit – ein Tref­fer bedeu­tet den sofor­ti­gen Spiel­tod. Wenigs­tens ist in so einem Fall der Check­point fair gesetzt.

Schwarze Roman­tik

Wie ange­droht komme ich nun zu den High­lights von „Cast­le­va­nia: Lords of Shadow“. Neben der wun­der­bar insze­nier­ten Geschichte, wel­che nicht mit Plot-Twists – unvor­her­ge­se­hene Wen­dun­gen in der Geschichte – geizt, ist auch die Spiel­welt male­risch dar­ge­stellt. Von den mit Lyka­nern ver­seuch­ten Rui­nen einer unter­ge­gan­ge­nen Zivi­li­sa­tion bis hin zum düs­te­ren Schloss der Vam­pire, wirkt alles unheim­lich stim­mig. Hin und wie­der fühlte ich mich beim Anblick der Rui­nen, Fried­höfe und Wäl­der stark an die Gemälde von Casper David Fried­rich erin­nert, wel­cher viel­fach eine recht düs­tere, schwere Atmo­sphäre mit sei­nen Wer­ken trans­por­tierte. Diese Düs­ter­nis spie­gelt auch gut die Trauer und die Dun­kel­heit in Gabriel wider.

Eben­falls ist die Ver­to­nung des Spiels sehr gut gelun­gen. Die musi­ka­li­sche Unter­ma­lung ist gut gewählt. Sie trägt zur Spiel­at­mo­sphäre bei und spornt in Kämp­fen an, domi­niert aber nie. Auch die Spre­cher machen einen sehr guten Job. So wird der Neben­cha­rak­ter Zobek, der auch den Erzäh­ler mimt, von nie­mand ande­rem gespro­chen als Cap­tain Jean-Luc Picard alias Sir Patrick Steward.

Ein wei­te­rer Plus­punkt des Spiels ist das Inter­face – also alles, was neben dem Spiel­ge­sche­hen auf dem Bild­schirm ange­zeigt wird. Man wird nicht Hack’n’Slay-üblich mit Zah­len, wie Com­bos, Scha­den oder Erfah­rung zuge­bombt. Ein­zig der Lebens­bal­ken, Items und Erfah­rungs­punkte wer­den in der obe­ren Ecke ange­zeigt sowie die Ener­gie­leis­ten der bei­den Magie­ar­ten – Licht- und Schat­ten­ma­gie – in den unte­ren bei­den Ecken. Außer­halb der Kämpfe wer­den diese Anzei­gen auch aus­ge­blen­det, sodass man einen guten Blick auf die Spiel­welt hat.

Zu den Rät­seln im Spiel ist ein­zig zu sagen, dass sie recht her­aus­for­dernd sind und immer wie­der für einige Minu­ten Grü­bel­zeit sor­gen. Jedoch ist der Lösungs­weg nach­voll­zieh­bar. Ebenso ver­hält es sich mit den Lebens- sowie Magie­stei­nen. Diese sind über­all ver­teilt und hat man fünf davon gefun­den, so erhöht sich der jewei­lige Bal­ken von Leben, Schat­ten- oder Licht­ma­gie. Bei man­chen muss man zwar etwas suchen, jedoch nie frus­trie­rend lange. Zu guter Letzt ist noch Gabri­els Rei­se­ta­ge­buch zu erwäh­nen, wel­ches neben Spiel­menü und „Fähig­kei­ten­baum“ auch als Cha­rak­ter- und Mons­ter­fi­bel dient. Zu neuen Cha­rak­te­ren und Mons­tern wird ein Ein­trag getä­tigt und mit wun­der­schö­nen Bil­dern ver­se­hen, die wie Koh­le­zeich­nun­gen anmuten.

Man möge mir ein Fazit bringen

„Cast­le­va­nia: Lords of Shadow“ ist ein wun­der­bar düs­te­res Spiel und eine Emp­feh­lung für alle, die es noch nicht gespielt haben – auch wenn es hin und wie­der zu Frust führt, ein­fach nach einer kur­zen Pause erneut ver­su­chen, es lohnt sich. Durch die Sam­mel­ob­jekte und das Back­tracking – man erhält eine Fähig­keit, mit der man in einem frü­he­ren Level an ein ver­steck­tes Objekt her­an­kommt – hat die­ses Spiel zudem einen hohen Wiederspielwert.

Cast­le­va­nia: Lords of Shadow. Mer­cury Steam & Kojima Productions.
Konami. 2010. Getes­tet auf der Play­sta­tion 3. 

Ein Fund aus der Todes­stadt.

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