Die Natur hat immer das letzte Wort

by Worteweberin Annika

Ein ver­schwun­de­ner Vater, Droh­nen und ein Wil­de­rer auf der Jagd nach sel­te­nen Tie­ren – darum geht es in Carl Hiaasens neuem Roman „Schlan­gen­jagd“. Worte­we­be­rin Annika war vol­ler Vor­freude und wurde nicht enttäuscht.

Die meis­ten von uns haben sie wohl: Texte, die unsere Kind­heit und Jugend geprägt haben, die wir immer und immer wie­der gele­sen haben und die unsere Sicht auf die Welt und unse­ren mora­li­schen Kom­pass jus­tiert haben. Neben J.K. Row­ling mit „Harry Pot­ter“ gehört für mich unbe­dingt ein ame­ri­ka­ni­scher Autor in diese Runde: Carl Hiaa­sen. Seine Umwelt­kri­mis „Eulen“ (2003), „Fette Fische“ (2005) und „Pan­ther“ (2009) habe ich etli­che Male gele­sen und mit den jun­gen Hel­din­nen und Hel­den mit­ge­fie­bert, die im weit ent­fern­ten Flo­rida sel­tene Tier­ar­ten und bedrohte Öko­sys­teme beschüt­zen. Die Nach­richt, dass mit „Schlan­gen­jagd“ ein wei­te­rer Umwelt­krimi von Carl Hiaa­sen erscheint, hat mich also ver­ständ­li­cher­weise in Auf­re­gung versetzt.

Der Schlan­gen­junge

Billy lebt mit sei­ner Mut­ter und sei­ner Schwes­ter Belinda in Flo­rida – immer mal woan­ders, aber stets in direk­ter Nähe zu einem Adler­horst, anders kann es sich seine Mut­ter nicht vor­stel­len. Durch die stän­dig wech­seln­den Schu­len hat Billy kaum Freunde, denn das würde sich nicht loh­nen, fin­det er. Ein­sam ist er trotz­dem nicht – in der Natur fühlt Billy sich zu Hause, in Gesell­schaft von Schlan­gen gut auf­ge­ho­ben. In der aktu­el­len Schule gilt er des­we­gen als „Schlan­gen­junge“, denn viel­leicht hat er zu Beginn des Schul­jah­res ein­mal eine echte Klap­per­schlange in sei­nem Spind ver­steckt. Viel­leicht aber auch nicht.

In den Som­mer­fe­rien beschließt Billy, zu sei­nem Vater Den­nis nach Mon­tana zu flie­gen, den er noch nie gese­hen oder auch nur am Tele­fon gespro­chen hat. Das soll sich nun ändern, doch als er unan­ge­mel­det vor der Tür steht, ist zwar die neue Fami­lie bestehend aus den Crow-India­ne­rin­nen Lil und Sum­mer zu Hause, nicht aber Den­nis. Angeb­lich ist er mal wie­der auf einer gehei­men Regie­rungs­mis­sion unter­wegs. Wie Billy bald her­aus­fin­det beschützt er eigent­lich auf eigene Rech­nung sel­tene Tiere wie Grizz­ly­bä­ren oder Pan­ther vor Wil­de­rern. Billy und Sum­mer wol­len hel­fen, doch bald wird es brenz­lig, denn der skru­pel­lose Mr. Bax­ter will sich den nächs­ten Kick (in Form eines Bären) nicht von Den­nis und den Kin­dern neh­men lassen.

Eulen, Fische, Pan­ther und jetzt Schlangen

Anders als „Eulen“ und „Fette Fische“ sind es in die­sem Roman nicht die Kin­der selbst, die ein Pro­blem erken­nen und aktiv wer­den, son­dern Bil­lys Vater. Die Kin­der wer­den statt­des­sen zu Hel­fern und Den­nis‘ Ret­tern, was viel­leicht rea­lis­ti­scher ist, gleich­zei­tig jedoch weni­ger span­nend. Der Fokus liegt in „Schlan­gen­jagd“ aber auch stär­ker auf den Figu­ren, ihren Ent­wick­lun­gen und Bezie­hun­gen als auf dem Kri­mi­nal­fall. Das zeigt sich schon daran, dass die titel­ge­ben­den Schlan­gen nichts mit den Wil­de­rern, son­dern mit Bil­lys Hobby zu tun haben – dem Fan­gen von Wild­schla­gen, die er für einige Wochen im Ter­ra­rium hält, um sie zu beob­ach­ten und dann wie­der frei zu lassen.

Fans von Carl Hiaa­sen wer­den trotz­dem auf ihre Kos­ten kom­men, denn die Figu­ren sind inter­es­sant und mutig, es geht wei­ter­hin um Umwelt­the­men und Hiaasens Stil macht ein­fach Spaß! Mit dem typi­schen schrä­gen Humor lässt er Billy seine Geschichte erzäh­len und dabei unnütze Fak­ten über Schlan­gen und Adler auf­zäh­len. Andere Teen­ager­the­men wie die erste Liebe wer­den hier nicht breit­ge­tre­ten, son­dern spie­len nur am Rande eine Rolle. Billy ist eine gelun­gene Figur, mutig, mit einem star­ken Gerech­tig­keits­sinn, manch­mal unver­nünf­tig und lie­bens­wert anders.

Ein Buch der Stunde

„‚Mr. Burn­side, ich habe noch nie einen wil­den Flo­rida-Pan­ther gese­hen und ich würde das eines Tages gerne nach­ho­len. Des­halb habe ich ein ernst­haf­tes Pro­blem mit dem, was Sie tun.‘“ (S. 179)

Mit dem durch „Fri­days for Future“ erstark­ten Inter­esse an Umwelt­fra­gen hät­ten sich Carl Hiaa­sen und der Ver­lag wohl kei­nen bes­se­ren Moment für das Erschei­nen eines Umwelt­kri­mis wün­schen kön­nen. Auch wenn es nicht ums Klima, son­dern um Tier­schutz geht, ist „Schlan­gen­jagd“ ein Buch der Stunde. Ich wün­sche mir, dass nicht nur die­ser Roman, son­dern auch die ande­ren vier Umwelt­kri­mis von Carl Hiaa­sen nun wie­der ganz viele Lese­rin­nen und Leser fin­den mögen. Sie haben es sowas von verdient!

Schlan­gen­jagd. Carl Hiaa­sen. Aus dem ame­ri­ka­ni­schen Eng­lisch von Kanut Kir­ches. Beltz & Gel­berg. 2019.

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