Durch das Fenster

by Bücherstädter Marco

Und wie­der sah sie aus dem Fens­ter. Es machte kei­nen Unter­schied, ob die Leute früh­mor­gens, weit vor der Däm­me­rung, Zei­tung aus­tru­gen oder ob die Leute spät­abends, teil­weise auch des Nachts, nach Hause tor­kel­ten. Sie war da. Genau an der Stelle, wo man sie erwar­tete. Uner­müd­lich starrte sie aus trü­ben, schwe­ren Augen in die äußere Welt. Eine Welt, so schreck­lich und so schön, wie sie es nur eben sein konnte. Eine Welt so uner­reich­bar und doch so nah.

Ihren Namen kann­ten die Leute, ihre Geschichte nicht. Wo kam sie her? Hatte sie je etwas ande­res getan? So recht konnte sich das kei­ner vor­stel­len. Im Mor­gen­grauen hockte sie da, wie eine lau­ernde Eule und in der Abend­däm­me­rung schien das Bild unver­än­dert. Aß sie? Trank sie? Atmete sie? Nicht ein­mal das ver­moch­ten die Leute zu sagen, obwohl es so sein musste. Es kam der Tag, an dem ein paar spie­lende Kin­der ent­schie­den her­aus­zu­fin­den, ob sie all dies tat. Ein Stein fand sei­nen unfrei­wil­li­gen Weg in eine Kin­der­hand und von dort den bewusst gewähl­ten Weg in ihr Gesicht. Federn fie­len leise wie Schnee auf die maus­grauen Geh­weg­plat­ten und sie war ver­schwun­den. Die Kin­der ebenfalls.

Ihr Name ist noch immer zu lesen. Dort, wo er schon immer stand und dort, wo er für immer zu lesen sein wird. Sachte über­zieht Nie­sel­re­gen den rauen Gra­nit­block mit win­zig klei­nen Per­len. Ein­zi­ger Zeuge: der Wind.

Zwi­schen­zei­len­ver­ste­cker Marco

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