Ein Buch im Buch im Buch im Buch im …

by Zeichensetzerin Alexa

Irgend­wann wird der Tag kom­men, an dem alle ver­ges­sen wer­den, wie man ana­log liest. Fast alle! Jeden­falls in Lorenz Pau­lis und Miriam Zede­lius‘ neuem Bil­der­buch „Oje, ein Buch!“ ergeht es Frau Aspe­rilla so. Aber zum Glück weiß der kleine Juri noch, wie man ein Buch benutzt. Zei­chen­set­ze­rin Alexa hat sich beim Lesen sehr amüsiert.

Oh, die­ses Bil­der­buch ist ein wun­der­vol­les Medium! Es spielt auf span­nende, anre­gende Weise mit Meta­fik­tion und the­ma­ti­siert neben­säch­lich das digi­tale Zeit­al­ter. Prot­ago­nis­ten die­ser span­nen­den Geschichte sind Frau Aspe­rilla und der Junge Juri. Als die­ser Frau Aspe­rilla ein Geschenk von Herrn Schnip­pel über­reicht, reagiert sie mit: „Oje, ein Buch!“ Sofort klärt Juri die Dame auf: Es sei eigent­lich sein Geschenk und er wolle ihr nur zei­gen, was er geschenkt bekom­men habe. Das ist Frau Aspe­rilla nun über­aus pein­lich und wie nur soll sie das wie­der gut machen? Juri hat eine Idee: „Wir kön­nen das Buch zusam­men anschauen!“ Von da an beginnt der Spaß! Und der fängt mit dem Cover die­ses Bil­der­bu­ches an, das auf der zwei­ten illus­trier­ten Dop­pel­seite dar­ge­stellt wird. Denn es han­delt sich bei der Geschichte um keine gerin­gere als um das Bil­der­buch „Oje, ein Buch!“.

Wie benutzt man ein Buch?!

Wie man ein Buch benutzt, weiß doch jedes Kind! Hier im wahrs­ten Sinne. Denn Frau Aspe­rilla kann nicht so viel damit anfan­gen. Sie sitzt und war­tet, dass etwas pas­siert, aber es pas­siert nichts. Ist das Buch kaputt?! Juri erklärt: „Das muss man vor­le­sen. So ist das nun mal. Hier fängt es an. Vorne. Links. Oben.“ End­lich kann es los­ge­hen. Frau Aspe­rilla beginnt zu lesen. Aber schon stol­pert sie über das nächste Pro­blem: Was man liest, muss man sich näm­lich vor­stel­len, es wird den Lesen­den nicht alles bild­lich gezeigt. Die Geschichte, die gele­sen wird, ent­wi­ckelt sich erst nach und nach – was darin geschieht, kann man nicht immer vor­her­se­hen. Aber eins nach dem ande­ren. „Umblät­tern bitte! Blät­tern, nicht wischen“, wie Juri anmerkt.

Span­nung aushalten

Es gibt Medien, die mit Inter­ak­tion spie­len. Je nach Ent­schei­dung der Rezi­pi­en­ten fällt auch die Geschichte aus. Das ist mal mehr, mal weni­ger erfolg­reich in bei­spiels­weise Video­spie­len umge­setzt. In Büchern ist diese Art von ent­schei­dungs­ba­sier­ten Geschich­ten noch ein Stück weit begrenz­ter. Das sieht man auch in die­sem Bil­der­buch: Die erzählte Geschichte steht fest und kann nicht ver­än­dert wer­den. Auch wenn Frau Aspe­rilla das Buch schließt, weil sie Angst hat, eine Katze würde sonst die Maus fres­sen, so ändert sich dabei nichts an der wei­te­ren Hand­lung. Beim Zuklap­pen des Buches wird die Geschichte ledig­lich unterbrochen.

Die Span­nung, die dabei erzeugt wird, dass man beim Lesen nicht weiß, was als nächs­tes pas­siert, muss man aus­hal­ten. Weg­schauen wie es bei Fil­men mög­lich wäre, kann man beim Lesen nicht. Span­nende, fast uner­träg­li­che Situa­tio­nen ent­ste­hen dann im Kopf, ohne dass man die Gedan­ken und Vor­stel­lun­gen ein­fach „abschal­ten“ oder „umschal­ten“ kann. „So ist das nun mal“, würde Juri sagen. Ein Buch funk­tio­niert eben anders als andere Medien.

Kin­der­wel­ten

„Oje, ein Buch“ greift nicht nur das Thema Medien auf, son­dern ori­en­tiert sich auch an der Vor­stel­lungs­kraft jun­ger Leser und Lese­rin­nen ab etwa 4 Jah­ren. Bereits mit drei Jah­ren beginnt die Fan­ta­sie ver­rückt zu spie­len: „HAPP!, machte die Maus und fraß das Mons­ter.“ Natür­lich ist in der kind­li­chen Vor­stel­lung – und auch in vie­len ande­ren Geschich­ten wie die­ser – alles mög­lich. Auch, dass eine kleine Maus ein rie­si­ges Mons­ter frisst.

Die Illus­tra­tio­nen erin­nern zum Teil an Zeich­nun­gen von Grund­schul­kin­dern – vor allem, was die Dar­stel­lung der Figu­ren betrifft. Dazu gehört die Maus, das Mons­ter und der Dra­che, wel­che in der vor­ge­le­se­nen Geschichte vor­kom­men. Wäh­rend diese mit Far­ben spielt, beschrän­ken sich die Sei­ten, auf denen Juri und Frau Aspe­rilla als die Lesen­den dar­ge­stellt wer­den, auf Kon­tur­zeich­nun­gen. Nur wenige Ele­mente wie bei­spiels­weise das Bil­der­buch und eine Schleife wer­den hier­bei bunt abgebildet.

Lorenz Pauli und Miriam Zede­lius haben in „Oje, ein Buch“ ver­schie­dene Ele­mente kind­li­cher Ent­wick­lungs­pha­sen ver­eint und in Ver­bin­dung mit dem Thema Medi­en­re­zep­tion eine span­nende Geschichte gebas­telt, die nicht nur Kin­dern Freude berei­ten wird. In jedem Fall lesens- und betrachtenswert!

Oje, ein Buch! Lorenz Pauli. Illus­tra­tion: Miriam Zede­lius. Atlan­tis. 2018.

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