Friedrich Ani und der nackte Mann in Bremen

by Bücherstadt Kurier

„Nack­ter Mann, der brennt“ heißt der neue Roman von Fried­rich Ani, mit dem er zu Gast beim Bre­mer Kri­mi­fes­ti­val „Prime Time – Crime Time“ gewe­sen ist. Worte­we­be­rin Annika war bei der Lesung im Bre­mer Kri­mi­nal­thea­ter dabei, die von der Buch­hand­lung Log­buch orga­ni­siert wurde.

An einem wuch­ti­gen, alten Holz­schreib­tisch sitzt Fried­rich Ani auf der Bühne im Kri­mi­nal­thea­ter. Seine Leder­ja­cke hat er, ganz unprä­ten­tiös, auf den Boden gewor­fen, ist ja schließ­lich Thea­ter­bo­den. Über ihm erstreckt sich im schumm­ri­gen Licht das Gebälk einer alten Braue­rei und zau­bert eine rus­ti­kal-char­mante Stim­mung. Auf den Stüh­len schart sich das gespannte Publi­kum. Haupt­säch­lich Frauen sind es, denn zeit­gleich spielt Wer­der Fuß­ball – so ist das halt in Bre­men. Ein Hau­fen Kri­mi­fans hat trotz­dem her gefun­den, und für die kann es auch schon los­ge­hen mit der Lesung aus „Nack­ter Mann, der brennt“. Mit sei­nem leich­ten süd­deut­schen Dia­lekt in der Vor­le­se­stimme brei­tet Ani eine Epi­sode nach der ande­ren vor dem Publi­kum aus, alle mar­kiert mit klei­nen grü­nen Kle­be­zet­teln. Lang­sam fügen sie sich zu einer Geschichte zusam­men, die ganz anders ist, als „nor­male“ Krimis:

friedrich-ani_nackter-mann-der-brenntHei­ligs­heim ist ein süd­deut­sches Kaff, in dem jeder jeden kennt und Gerüchte und Geheim­nisse zu Hauf ver­bor­gen lie­gen. Hier­hin kehrt Lud­wig Dra­go­mir nach vie­len Jah­ren zurück. Als Kind wur­den er und seine Freunde hier Opfer von Miss­brauch, bis er eines Tages nach Ber­lin floh. Noch heute quä­len ihn des­we­gen Schuld­ge­fühle und die Wut gegen die Täter von damals. Ist nun die Zeit für Rache gekom­men? Jeden­falls ver­schwin­den nach sei­nem Auf­tau­chen meh­rere ältere Män­ner, und so ermit­telt die Kom­mis­sa­rin Anna Darko auch gegen Lud­wig Dragomir.

Wer hier der Ent­füh­rer ist, bleibt im Roman nicht lange ein Geheim­nis. Doch darum und um die Ermitt­lung geht es auch gar nicht so sehr. Viel­mehr schil­dert Ani sehr ein­fühl­sam und mit einem Schuss Iro­nie, wie aus Opfern Täter wer­den. So ist Lud­wig Dra­go­mir für Ani ein „Lei­dens­mann“, und das inter­es­siere ihn viel mehr, als die Ver­bre­chen, die in Hei­ligs­heim began­gen wer­den. Lange habe er ver­sucht, des­sen Geschichte zu erzäh­len, und in „Nack­ter Mann, der brennt“ sei es nun end­lich gelun­gen. Wegen des Inter­es­ses am Täter (oder Opfer) spielt hier die Kom­mis­sa­rin nur eine Neben­rolle, erzählt wird aus der Sicht von Dra­go­mir, ein Krimi Noir also. Auf einen Meis­ter des Noir, Jim Thomp­son, spielt Ani übri­gens auch mit sei­ner Figur der Komis­sa­rin Anna Darko an, denn Thomp­son stammt aus Ana­darko in Oklahoma.

Schließ­lich plau­dert Ani noch ein biss­chen aus dem Näh­käst­chen. Er erzählt vom Leben als Autor, vom Druck, den er sich selbst mache, wenn er noch schnell ein oder zwei Dreh­bü­cher ein­schiebe. Davon, wie er auch jetzt auf Lese­reise im Hotel­zim­mer schrei­ben würde, statt sich die Städte anzu­se­hen, die er besucht. Aber viel­leicht würde das ja im nächs­ten Jahr alles anders, sagt Ani augen­zwin­kernd. Ob man das nun glau­ben soll?
Und der unge­wöhn­li­che Titel? Der kommt von einem Song namens „Naked man bur­ning“. Den könne man aber nicht goog­len, stamme er doch vom Schrift­stel­ler selbst. Trotz­dem gut zu wissen.

Nack­ter Mann, der brennt. Fried­rich Ani. Suhr­kamp. 2016.

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