Interaktiver Film-Noir-Thriller: Heavy Rain

by Satzhüterin Pia

Quan­tic Dreams haben 2005 mit „Fah­ren­heit“ einen Mei­len­stein der neuen Spie­lära gesetzt: Ein Adven­ture­spiel auf den ers­ten Blick, viel mehr jedoch ein inter­ak­ti­ver Film. Die­sen Spa­gat zwi­schen Film und Spiel wollte Quan­tic Dreams Grün­der David Cage 2010 per­fek­tio­nie­ren und ent­wi­ckelte „Heavy Rain“. Satz­hü­te­rin Pia spielt es mit Begeisterung.

Wie weit wür­dest du gehen, um eine Per­son zu ret­ten, die du liebst? Ethan Mars sieht sich mit die­ser Frage kon­fron­tiert, als sein klei­ner Sohn Shaun Opfer des soge­nann­ten Ori­gami-Kil­lers wird. Seit eini­ger Zeit macht die­ser durch Morde an meh­re­ren Jun­gen Schlag­zei­len. Diese wer­den nach eini­gen Tagen der Ent­füh­rung stets mit einer Orchi­dee auf der Brust und einer Ori­gami-Figur in der Hand auf­ge­fun­den. Ethan Mars wird vom Kil­ler getes­tet: Fünf Ori­gami-Figu­ren, ein Handy und eine Waffe – fünf Auf­ga­ben, die seine Liebe zu sei­nem Sohn tes­ten und ihn näher zu ihm brin­gen sol­len. Unter­stüt­ze­rin wird Madi­son Paige, die er in einem Motel trifft, in wel­ches er vor den Unmen­gen an Repor­tern flieht. Wei­tere spiel­bare Figu­ren sind Nor­man Jay­den und Scott Shelby. Sie unter­su­chen unab­hän­gig von­ein­an­der den Fall. FBI-Agent Jay­den in Zusam­men­ar­beit mit der Poli­zei, Pri­vat­de­tek­tiv Shelby im Auf­trag der Fami­lien der Opfer.

Krimi für Erwachsene

David Cages „Heavy Rain“ schrieb ohne Frage Geschichte. Der span­nende Krimi bie­tet beson­ders (jun­gen) Erwach­se­nen eine Alter­na­tive zu Büchern und Fil­men – ohne unbe­dingt große Ambi­tio­nen für Video­spiele haben zu müs­sen. Abge­se­hen vom Besitz der Play­sta­tion 3 (oder für die nach­be­ar­bei­tete Ver­sion auch die PS4) natür­lich. Die cine­as­ti­sche Auf­be­rei­tung, die auch gra­fisch her­aus­sticht, lebt von den Ent­schei­dun­gen des Spie­lers oder der Spie­le­rin und ver­zich­tet dabei wei­test­ge­hend auf ein her­kömm­li­ches Game­play. Der inter­ak­tive Film kre­iert eine dichte Atmo­sphäre und immer wie­der müs­sen Ent­schei­dun­gen getrof­fen wer­den, die den Spiel­ver­lauf und die Bezie­hun­gen zu ande­ren Figu­ren beein­flus­sen. Wäh­rend es sagen­hafte 17 ver­schie­dene Endun­gen für das Spiel gibt, die je nach getrof­fe­nen Ent­schei­dun­gen aus­fal­len, wird der Spiel­ver­lauf durch die eige­nen Aktio­nen eher gering­fü­gig beein­flusst. Die Frei­heit im Spiel ist manch­mal nur Illu­sion, aber auch das kann ja schon ausreichen.

Mini­ma­les Game­play für ganz gro­ßes Kino

Das simple Game­play beschränkt sich auf wenige Tas­ten des Play­sta­tion-Con­trol­lers. Mit R2 läuft man, mit dem lin­ken Ana­log­stick wird die Blick­rich­tung und somit die Bewe­gungs­rich­tung ver­än­dert, und Action­se­quen­zen wer­den als soge­nannte Quick-Time-Events dar­ge­stellt. Kennt­nisse des Con­trol­lers erwei­sen sich als vor­teil­haft, wenn schnell auf­ein­an­der­fol­gend ange­zeigte Sym­bole gedrückt, der rechte Ana­log­stick ent­spre­chend bewegt oder der Con­trol­ler geschüt­telt wer­den muss. Aller­dings dürf­ten Gele­gen­heits­spie­ler kaum Pro­bleme haben und den Con­trol­ler gut genug ken­nen gelernt haben, bis es zum Ende hin kniff­li­ger wird.

Den klas­si­schen Game-over-Bild­schirm suchen Spie­ler hier ver­ge­bens, aber das heißt nicht, dass die Figur nicht ster­ben kann. Ist jedoch eine Figur gestor­ben, kann das Spiel noch mit den ver­blei­ben­den Figu­ren zum Ende gebracht wer­den. Neben der Her­aus­for­de­rung, sich in vier kom­plett ver­schie­dene Cha­rak­tere hin­ein­ver­set­zen zu müs­sen und teils sehr schwie­rige Ent­schei­dun­gen für diese zu tref­fen, wer­den Spie­ler eigent­lich nur den Reak­ti­ons­tests bei Quick-Time-Events unterzogen.

Fes­selnd, viel­schich­tig, kinoreif

So ließe sich „Heavy Rain“ in drei Adjek­ti­ven tref­fend beschrei­ben. Die Geschichte ist fes­selnd und ergrei­fend, die Cha­rak­tere sind viel­schich­tig und inter­es­sant, die Dar­stel­lung und Prä­sen­ta­tion schlicht­weg kino­reif. Ob das Spiel gefällt oder nicht, ist zuletzt eine abso­lut sub­jek­tive Frage. Die einen lie­ben die Mög­lich­keit, einen Film mit­ent­schei­den zu kön­nen, das tiefe Drama mit zu gestal­ten und es mehr­fach durch­zu­spie­len, immer mit dem Ziel vor Augen, ein ande­res Ende zu errei­chen. Die ande­ren sind gelang­weilt vom bana­len Game­play, den zahl­rei­chen (fil­mi­schen) Län­gen, der dra­ma­ti­schen Ruhe, wenn auch durch­setzt von Action­sze­nen, die es durch­aus in sich haben können.

Heavy Rain. Ent­wick­ler: Quan­tic Dream. Publis­her: Sony Com­pu­ter Enter­tain­ment. Erst­ver­öf­fent­li­chung: 8. Februar 2010. Platt­for­men: Play­Sta­tion 4, Play­Sta­tion 3. Genre: Adven­ture, inter­ak­ti­ver Film. Einzelspieler.

Ein Bei­trag in der Reihe um ent­schei­dungs­ba­sierte Spiele.

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2 comments

Ein hübscher Schein - Beyond: two souls – Bücherstadt Kurier 1. April 2017 - 13:38

[…] beim ers­ten Spie­len macht „Bey­ond: two souls“ sehr viel Spaß. Ähn­li­ch wie bei „Hea­vy Rain“ ist je­doch auch hier je­des wei­te­re Durch­spie­len ten­den­zi­ell zäh, da sich die […]

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Ende? Bitte alternativ! – Bücherstadt Kurier 23. Dezember 2017 - 13:01

[…] mit sich brin­gen. Ein schö­nes Bei­spiel und qua­si ein Pio­nier sei­nes Gen­res ist „Hea­vy Rain“. Über­haupt sind die­se „in­ter­ak­ti­ven Fil­me“, wie sie so schön genannt […]

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