Iny Lorentz

by Zeichensetzerin Alexa

„Wir haben fest­ge­stellt, dass wir bes­sere Geschich­ten mit­ein­an­der schrei­ben können.“

Sie sind die Schöp­fer der Wan­der­hure und zahl­rei­cher wei­te­rer his­to­ri­schen Romane – das Autoren­duo INY LORENTZ. Dahin­ter ver­birgt sich das deut­sche Schrift­stel­ler­ehe­paar Iny Klo­cke und Elmar Wohl­rath, gemein­sam haben sie sich den Fra­gen von Bücher­städ­te­rin Alexa gestellt und gezeigt, wie schnell sich eine Urlaubs­reise in Recher­che wandelt.

Bücher­stadt Kurier (BK): Iny und Elmar, bitte stel­len Sie sich doch kurz unse­ren Lesern vor.

Iny Lorentz (IL): Wir woh­nen in einem Ort in der Nähe von Mün­chen, schrei­ben seit sehr vie­len Jah­ren und ver­öf­fent­li­chen seit 2003 als „Iny Lorentz“ his­to­ri­sche Romane. Unser bekann­tes­ter Roman ist „Die Wan­der­hure“, der 2009 ver­filmt und 2010 bei Sat1 gesen­det wurde. Außer his­to­ri­schen Roma­nen schrei­ben wir auch Thril­ler und Fan­tasy. 2007 haben wir unsere Arbeit auf­ge­ge­ben und leben seit­dem als freie Schrift­stel­ler. Außer­dem sind wir seit über 30 Jah­ren ver­hei­ra­tet und haben uns über unse­rem Inter­esse am Schrei­ben kennengelernt.

BK: Wie kamen Sie zum Schrei­ben und zur ers­ten Veröffentlichung?

Iny: Ich hatte schon mit zwölf Jah­ren Inter­esse am Schrei­ben und mich in Anek­do­ten aus unse­rer Hun­de­zucht aus­ge­tobt. Spä­ter bin ich in einen Fan­tasy-Club ein­ge­tre­ten, der drei­mal im Jahr dicke Fan­zines her­aus­ge­bracht hat und habe darin ein paar Kurz­ge­schich­ten unter­ge­bracht. Die haben einem Club­mit­glied so gefal­len, dass er von mir eine Kurz­ge­schichte für eine Heyne-Antho­lo­gie haben wollte, die 1982 ver­öf­fent­licht wurde. Da Elmar und ich inzwi­schen ein Paar waren, haben wir wei­tere Mög­lich­kei­ten zum Schrei­ben gesucht und in Folge etli­che Kurz­ge­schich­ten zumeist in Publi­kums­ver­la­gen ver­öf­fent­licht. Dabei haben wir fest­ge­stellt, dass wir bes­sere Geschich­ten mit­ein­an­der schrei­ben können.

Elmar: Ich habe mir bereits als klei­ner Junge eigene Geschich­ten aus­ge­dacht und mit etwa zwölf Jah­ren begon­nen, diese nie­der­zu­schrei­ben. Mit fünf­zehn wurde ich Mit­glied in einem Sci­ence-Fic­tion-Fan­club und konnte in unse­rem Club­fan­zin erste Kurz­ge­schich­ten ver­öf­fent­li­chen. Nach dem Ende unse­res SF-Clubs trat ich in einen Fan­tasy-Club ein und fand dort eben­falls die Mög­lich­keit, Kurz­ge­schich­ten, aber auch län­gere Texte zu schrei­ben. Die erste pro­fes­sio­nelle Ver­öf­fent­li­chung folgte 1983 in einer SF-Antho­lo­gie des Goldmann-Verlags.

BK: Was machen Sie, bevor Sie anfan­gen zu schrei­ben? Brau­chen Sie eine gemüt­li­che Atmo­sphäre, bestimmte Rituale? Und wo schrei­ben Sie am liebsten?

IL: Am Wich­tigs­ten ist für uns, in Ruhe schrei­ben zu kön­nen. Stö­run­gen, sei es durch Tele­fon oder die Tür­klin­gel, mögen wir gar nicht. Direkte Rituale gibt es bei uns nicht, es sei denn, man sieht das Spei­chern des geschrie­be­nen Tex­tes auf ver­schie­dene USB-Sticks und SD-Kar­ten nach jedem Arbeits­tag als sol­ches an. Unsere liebs­ten Plätze zum Schrei­ben sind unsere Arbeits­zim­mer, sowie unser Wohn­wa­gen auf einem nicht allzu tur­bu­len­ten Cam­ping­platz im Grünen.

BK: Woher neh­men Sie Ihre Inspi­ra­tion? Wie ent­ste­hen erste Ideen und kön­nen alle umge­setzt werden?

IL: Ideen zu fin­den ist für uns nicht schwer. Wir fin­den sie in Zei­tun­gen, Zeit­schrif­ten, Sach­bü­chern und eigent­lich über­all. Diese Ideen müs­sen aber aus­ge­formt und in die Zeit und den Ort ein­ge­glie­dert wer­den, in den sie pas­sen. Das ist für uns die wich­tigste Arbeit. Eine gute Idee ist noch längst kein guter Roman. Da gibt es viel zu tun. Aber gerade das ist das Schöne am Schrei­ben, zu sehen, wie ein Gedanke Gestalt annimmt und zu einem Roman wird, der im Kopf Bil­der ent­ste­hen lässt.

BK: Wie viel recher­chie­ren Sie für ein Buch?

IL: Wir recher­chie­ren für jeden Roman so lange, bis wir den his­to­ri­schen Hin­ter­grund, die Schau­plätze des Romans und das gesell­schaft­li­che Umfeld mit unse­ren eige­nen Ideen zu einem span­nen­den und stim­mi­gen Roman ver­bin­den kön­nen. Dies geschieht durch Sach­bü­cher, Bio­gra­phien, Bild­bände, Chro­ni­ken und DVDs sowie – wenn mög­lich – durch Recher­che vor Ort.

BK: Wie läuft die Zusam­men­ar­beit ab? Sind Sie sich beim Schrei­ben oft einig? Wie kann man sich das gemein­same Schrei­ben an einem Buch vorstellen?

IL: Wir erar­bei­ten unsere Geschichte gemein­sam in lan­gen Gesprä­chen. Sind wir bei einer Szene nicht einer Mei­nung, dis­ku­tie­ren wir solange, bis wir eine dritte und zumeist weit­aus bes­sere Lösung fin­den. Streit gibt es hier nie, da wir beide wis­sen, dass jeder von uns das opti­male Ergeb­nis erzie­len will. Sobald unsere Über­le­gun­gen und die ent­spre­chen­den Recher­chen zu einem gewis­sen Punkt gelangt sind, schreibt Elmar die Roh­schrift des Romans. Hier ist Iny voll ein­be­zo­gen, denn sie liest jedes Kapi­tel nach. Sobald der Roh­text fer­tig ist, über­ar­bei­tet Elmar ihn nach Inys Kri­tik. Anschlie­ßend über­nimmt Iny den Text und schleift ihn in fünf Arbeits­gän­gen so zurecht, dass er unse­ren Ansprü­chen genügt. Elmar liest die ein­zel­nen Schritte nach und gibt nun sei­ner­seits Kom­men­tare ab. Um den Text nicht nur am Com­pu­ter­bild­schirm zu lesen, wird er wäh­rend Inys Arbeit ein­mal aus­ge­druckt und auf dem Papier kor­ri­giert. Dies gibt uns ein bes­se­res Gefühl für die Wir­kung des Romans.

BK: Sie haben unter vie­len ver­schie­de­nen Pseud­ony­men ver­öf­fent­licht, dar­un­ter San­dra Melli (Stern der Göt­tin), Mara Vol­kers (Die Reli­quie) und Eric Maron (Die Fürs­tin). Wie kam es dazu, unter ande­ren Namen zu ver­öf­fent­li­chen? Und wie ent­stan­den diese?

IL: Bis auf Eric Maron gehö­ren die ver­schie­de­nen Pseud­onyme zu unter­schied­li­chen Gen­res. Der Grund liegt darin, dass wir den Lese­rin­nen und Leser nicht unter einem Namen alles Mög­li­che ser­vie­ren wol­len. Wer Iny Lorentz liest, erwar­tet his­to­ri­sche Romane und kei­nen Thril­ler oder Fan­tasy. Eine Aus­nahme sind die bei­den unter Eric Maron erschie­ne­nen Romane. Diese wur­den von uns als ganz nor­male Iny-Lorentz-Romane geschrie­ben, aber von Ver­lags­seite unter einem ande­ren Namen veröffentlicht.

BK: „Die Wan­der­hure“ wurde mit Alex­an­dra Nel­del in der Haupt­rolle ver­filmt und erhielt als erfolg­reichs­ter Deut­scher Fern­seh­film des Jah­res 2010 den Preis Diva. Wie war es für Sie, die eige­nen Ideen auf dem Bild­schirm zu sehen? Waren Sie zufrie­den mit der Umsetzung?

IL: Wir waren von der Umset­zung begeis­tert. Alex­an­dra Nel­del war die ideale Beset­zung für die Marie und brachte alles, was diese für uns aus­macht, zum Tra­gen. Nicht weni­ger pas­send war Bert Tisch­endorf als Michel, der zuerst, wie es zur Rolle gehörte, ein wenig unsi­cher auf­trat, aber im Lauf des Films immer mehr an inne­rer Fes­tig­keit gewann. Im Film waren auch so viele wun­der­schöne Klei­nig­kei­ten, die das Anse­hen für uns zum Genuss mach­ten. Alle, von der Requi­site ange­fan­gen bis hin zum Regis­seur, den Schau­spie­lern und den Pro­du­zen­ten haben einen aus­ge­zeich­ne­ten Job gemacht.

BK: Im Okto­ber 2012 erschien Ihr neuer Roman „Feu­er­toch­ter“. Bitte beschrei­ben Sie unse­ren Lesern kurz, worum es in dem Buch geht.

IL: „Feu­er­toch­ter“ spielt im aus­ge­hen­den 16. Jahr­hun­dert in Irland vor dem Hin­ter­grund des gro­ßen Auf­stands Hugh O’N­eills, des Earls of Tyrone, gegen die eng­li­sche Krone. In die­sem Roman zei­gen wir durch unsere Hel­din Ciara Ni Corra das ver­zwei­felte Bemü­hen eines klei­nen iri­schen Clans, sich seine Hei­mat zu erhalten.

BK: Als Hand­lungs­ort Ihres Romans wähl­ten Sie Irland – wes­halb aus­ge­rech­net die­ses Land?

IL: Es war Zufall. Wir hat­ten eine Irland­reise geplant und beschäf­tig­ten uns im Vor­feld ein wenig mit der Insel und ihrer Geschichte. Kurz vor unse­rer Abreise sagte Elmar eines Mor­gens: „Ich habe eine Idee für einen Irland-Roman!“ So wurde aus einer Urlaubs- eine Recherchereise.

BK: Wie auch in Ihren ande­ren Büchern ist in die­sem eine Frau die Hel­din und muss sich immer wie­der behaup­ten. Woran liegt es, dass stets eine Frau die Haupt­rolle spielt?

IL: Anhand des Schick­sals von Frauen las­sen sich die gesell­schaft­li­chen Ver­hält­nisse jener Zei­ten am bes­ten dar­stel­len, da Frauen weit­aus mehr Ein­schrän­kun­gen unter­wor­fen waren als Männer.

BK: Wenn Sie an die Frau­en­eman­zi­pa­tion der heu­ti­gen Zeit den­ken, sehen Sie da Schwie­rig­kei­ten? Sind Frau und Mann heut­zu­tage wirk­lich gleichgestellt?

IL: Hier gibt es ein auf und ab, bei dem man scharf auf­pas­sen muss, dass das Pen­del nicht zu sehr zu Ver­hält­nis­sen aus­schlägt, die man eigent­lich bereits ver­gan­gen glaubte. Doch auch so schleppt die heu­tige Gesell­schaft in unse­rem Land noch sehr stark das Erbe patri­ar­cha­li­scher Zei­ten mit sich herum. In ande­ren Welt­ge­gen­den ist die Situa­tion nur erschüt­ternd zu nennen.

BK: Sind bereits neue Pro­jekte geplant? Und wann kön­nen die Leser mit dem nächs­ten Roman rechnen?

IL: Im Mai beginnt mit „Das gol­dene Ufer“ eine vier­tei­lige Reihe über eine Aus­wan­de­rer­fa­mi­lie in Ame­rika. Hier bil­det die Figur des Walt­her Ficht­ners die tra­gende Säule. Zwar kom­men auch hier starke Frauen vor, aber ihr Schick­sal ist an Walt­her gebun­den. Im Herbst erscheint dann ein Roman, der im 16. Jahr­hun­dert in Deutsch­land spielt.

BK: Zu guter Letzt kom­men wir noch zu unse­ren zwei Bücher­stadt Kurier-Spe­zi­al­fra­gen: Stel­len Sie sich vor, Sie wären ein Buch – wel­ches wären Sie?

Iny: Ein Buch, das vie­len Men­schen Freude beim Lesen bereitet.

Elmar: Am liebs­ten ein gutes Schul­buch für Lese­an­fän­ger, mit dem diese Freude am Lesen gewinnen.

Danke, dass Sie sich die Zeit für uns genom­men haben.

http://​inys​-und​-elmars​-romane​.de

Foto © Finepic, München

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