Liebe nach Drehbuch

by Bücherstadt Kurier

„Hach schön. Das ist doch wahre Liebe?“ – „Ja, weil es so im Dreh­buch stand.“ Kommt euch die­ser Dia­log­an­fang bekannt vor? Wahr­schein­lich ist es ein Leich­tes, die bei­den Sätze dem jewei­li­gen Geschlecht zuzu­ord­nen. Aber warum ist das so? Wes­halb kön­nen die meis­ten Män­ner Lie­bes­ge­schich­ten nicht ertra­gen und wieso müs­sen viele Frauen sie kon­su­mie­ren? Zwi­schen­zei­len­ver­ste­cker Marco hat sich Gedan­ken gemacht.

Ich kann nur von mir aus­ge­hen, aber ich bin viel zu ratio­nell ver­an­lagt, als dass ich bei den typi­schen Drei­ecks­be­zie­hungs-Dra­men mit­fie­bern könnte. Wenn in eine epi­sche Schlacht eine Lie­bes­ge­schichte ein­ge­baut wird, damit auch Frauen den Film schauen, mag das zwar nach­voll­zieh­bar sein, aber ich möchte mal die Schlacht sehen, in der sich so etwas tat­säch­lich zuge­tra­gen hat:

Liebe nach Drehbuch
Laut Defi­ni­tion (Wiki­pe­dia) ist „Liebe“ ein star­kes Gefühl, mit der Hal­tung tie­fer und inni­ger Ver­bun­den­heit zu einer Per­son, die den Zweck oder den Nut­zen einer zwi­schen­mensch­li­chen Bezie­hung übersteigt […].
Genau das ist der Punkt. Zweck und Nut­zen kön­nen ihr nicht bedin­gungs­los unter­stellt wer­den. Liebe ist ein Selbst­zweck und das ist für prag­ma­tisch den­kende Per­so­nen nur schwer nach­voll­zieh­bar. Ich möchte damit nicht sagen, dass Frauen diese Art zu Den­ken nicht beherr­schen, aber es ist auf­fäl­lig, dass der Pro­zent­satz an emo­ti­ons­ge­steu­er­tem Han­deln bei ihnen ein wenig höher ist.
Wahr­schein­lich liegt das (mal wie­der) in der Evo­lu­tion begrün­det, aber da kann ich nur Ver­mu­tun­gen anstel­len. Frauen muss­ten in der Stein­zeit in der Höhle blei­ben, sich um die Kin­der küm­mern und mit den ande­ren Frauen klar­kom­men. Eine hohe soziale Kom­pe­tenz war unab­ding­bar. Män­ner, die ein Tier erle­gen muss­ten, um ihre Fami­lie zu ernäh­ren, durf­ten nicht zu nah am Was­ser gebaut sein, wenn sie gerade ein nied­li­ches klei­nes Baby­mam­mut aufspießten.

Dann ist da diese Unori­gi­na­li­tät: Es geht oft gar nicht darum, ob nun eine vor Schmalz trie­fende Lie­bes­ge­schichte geschrie­ben oder ver­filmt wurde, son­dern darum, dass man sie gefühlt zum acht­hun­dert­sie­ben­und­drei­ßigs­ten Male vor­ge­setzt bekommt. Schon zu Beginn weiß man, wie es aus­geht und meist sogar, wie der Ver­lauf sein wird. Geht es noch lang­wei­li­ger? Ergo ergibt sich fol­gende For­mel: Schmalz + Lan­ge­weile = Lie­bes­ge­schichte. Nicht sehr ansprechend.

Irgend­wie hat­ten sie da schon frü­her kaum Ideen. Ich sehe bis heute nicht wirk­lich den Unter­schied zwi­schen Shake­speares „Romeo & Julia“ und Schil­lers „Kabale und Liebe“. Aber das dürfte die­sen zwei Klas­si­kern herz­lich egal sein. So wie mir Lie­bes­ge­schich­ten egal sind. Natür­lich sind Män­ner des­we­gen keine herz­lo­sen Wesen. Sie mögen die Liebe eben ein­fach im rea­len Leben lie­ber als zwi­schen zwei Buch­de­ckeln oder auf der Leinwand.

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PoiSonPaiNter 13. Februar 2016 - 15:12

Nicht nur Män­ner fin­den Lie­bes­be­zie­hun­gen-weil-wegen-Dreh­buch ner­vig, Frauen tun das durch­aus auch, zumin­dest gehöre ich da dazu.
Bei diver­sen Reihen/Filmen/etc. kann ich ein­fach nur den Kopf schüt­teln, wie schnul­zig und schreck­lich das doch alles klingt – oder den Drang unter­drü­cken ein­fach das Buch in die Ecke zu pfef­fern und nicht mehr weiterzulesen.
Gele­gent­lich mache ich mir dann aller­dings auch den Spaß beson­ders schmal­zige Stel­len über­spitzt einer Freun­din vor­zu­le­sen, die sich dann vor Lachen kringelt. 😀

Aber viel­leicht zähle ich auch ein­fach auch zu den prag­ma­ti­sche­ren Frauen, die damit abso­lut nichts anfan­gen kön­nen, wenn der Hin­ter­grund einer Bezie­hung schlicht­weg kei­nen Sinn ergibt.

Als Schrei­ber hat sich in mei­nem Co-Autor Pro­jekt „War­lords“ zum Bei­spiel eine Bezie­hung ent­wi­ckelt, die so nicht geplant war, aber doch ziem­lich gut passt. Da gibt es zwar in der Roh­fas­sung ein paar sehr schmal­zige Sze­nen, aber denen wird es noch allen an den Kra­gen gehen, das kann man sonst ja kei­nem zumuten. 😉

Kabale und Liebe fand ich übri­gens auch sehr schreck­lich, Romeo und Julia hab ich mir daher auch noch nicht angetan...

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Zeichensetzerin Alexa 13. Februar 2016 - 19:15

Huhu! Mir geht es da ähn­lich. Vor allem so erzwun­gene Lie­bes­sze­nen wie in den “Hobbit”-Filmen finde ich furcht­bar. Aber gegen Lie­bes­ge­schich­ten an sich habe ich nichts, wenn sie denn nicht nach dem 08/15-Schema ablau­fen, mehr Tiefe zei­gen, wenige bis keine Kli­schees haben usw. Dann kön­nen Lie­bes­ge­schich­ten sogar sehr, sehr schön sein. Ob das etwas Geschlechts­spe­zi­fi­sches ist, kann ich (noch) nicht beur­tei­len. (Das wäre aber erfor­schens­wert!) Es gibt ja Män­ner, die gerne Lie­bes­ge­schich­ten lesen/schauen, dies aber nie­mals zuge­ben wür­den. Und Frauen, die sol­che Schnul­zen noch schnel­ler gegen die Wand pfef­fern als Männer. 🙂

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Buchstaplerin Maike 13. Februar 2016 - 20:53

Es folgt: Eine sub­jek­tive Meckerei.

Mir geht es da ähn­lich. Die Bücher, von dem der Buch­markt behaup­tet, sie seien für (wahr­schein­lich hete­ro­se­xu­elle) Frauen, haben mich noch nie inter­es­siert, und wenn ich mir mal etwas Roman­ti­sches aus­su­che, muss es sich schon von Kli­schees und Nor­men abhe­ben. Aber es stö­ren mich nicht mal die roman­ti­schen Bücher, die ich dem Publi­kum, egal wel­chen Geschlechts, gönne, son­dern wenn Liebe ganz unpas­send ein­ge­baut ist. Über­spitzt gesagt: Die Welt geht unter, warum knutscht ihr? Ihr seid gerade am Kämp­fen, da kann das Flir­ten euren Tod bedeu­ten! Ihr müsst die Pro­bleme, die euch euer_eure Autor_in in den Weg gelegt hat, lösen, hört auf mit der Sülze!
Dazu kommt, dass die Geschich­ten für viele Frauen auch dadurch schon anspre­chend wür­den, wenn mehr weib­li­che Figu­ren mit mehr als der Funk­tion „Love Inte­rest“ her­um­lau­fen dürften...
Kurzum, der Teu­fel liegt nicht zuletzt irgend­wie im Markt, der zu wis­sen glaubt, was alle Frauen wol­len... Spoi­ler: nicht alle Frauen wol­len Roman­zen. Nicht alle Leute, die Roman­zen mögen, sind Frauen. Wenn ich Star Trek gucke, soll mit Pha­sern geschos­sen und Raum­schiffe mit Warp geflo­gen wer­den, und Uhura wäre auch ohne die Bezie­hung zu Spock eine badass Iden­ti­fi­ka­ti­ons­fi­gur. Lese ich Hun­ger Games, soll Kat­niss die Welt ver­än­dern, da braucht es für mich kei­nen Typen nebenher. 

Viel­leicht ist die­ses hete­ro­nor­ma­tive „Frauen sind so, Män­ner so“- Den­ken auch ein­fach über­holt, wer weiß das schon. Aber dann würde der (Buch-)Markt ja gar nicht so viel Geld mit gegen­der­ten Pro­duk­ten und Erwar­tun­gen machen.

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Zwischenzeilenverstecker Marco 14. Februar 2016 - 11:17

Der Markt ... ja ... es wird oft von Indi­vi­duen behaup­tet, dass der Markt nicht so ist, wie es sich die Mar­ke­ting­ab­tei­lun­gen den­ken. Aber die Ver­käufe geben den Wer­be­frit­zen eben doch Recht. Und die erfolg­rei­chen Klein­ver­lage, die irgend­wel­che Nischen bedie­nen haben eben­falls Recht. Es ist genug für alle da!

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Carlheinz Schanzenbach 13. Februar 2016 - 15:57

Das Schlacht-Drama hat durch­aus sei­nen Reiz... irgendwie 🙂

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Zeichensetzerin Alexa 13. Februar 2016 - 19:15

Haha! Wie würde nur der kom­plette Film aus­se­hen? Wenn man jede Szene so über­trie­ben schnul­zig gestal­ten würde... wäre das doch eine herr­lich wit­zige Komö­die, oder? Oder doch eher ein uner­träg­li­ches Drama?

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Carlheinz Schanzenbach 13. Februar 2016 - 19:57

Viel­leicht würde ich es als uner­träg­li­che Komö­die bezeichnen 

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Zwischenzeilenverstecker Marco 13. Februar 2016 - 21:45

Nun ... ich habe es im Bei­trag nicht expli­zit benannt, aber die Hob­bit-Ver­fil­mung stand tat­säch­lich Pate für den Dia­log wäh­rend der Schlacht. So über­trie­ben ist es also gar nicht.

@Poisonpainter: Natür­lich gibt es auch Frauen, die mit bel­le­tris­ti­schen oder dra­ma­tur­gi­schen Roman­zen nichts anfan­gen kön­nen. Eine Kol­le­gin von mir bekommt ernst­hafte Magen­pro­bleme, wenn ein Lied des Dirty Dan­cing-Sound­tracks im Radio läuft. Die ande­ren gera­ten dabei auch nach bald 30 Jah­ren noch ins Schwärmen.

Ich möchte auch nicht abstrei­ten, dass man­che Geschich­ten durch eine Lie­bes­be­zie­hung unheim­lich gewin­nen. Aber wenn Liebe die ein­zige und unbe­gründ­bare Basis ist ... ach nee, danke.

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Zeichensetzerin Alexa 17. Februar 2016 - 16:49

Hehehe, ist ja wit­zig, dass du an die Hob­bit-Ver­fil­mung gedacht hast! Mit „über­trie­ben“ meinte ich übri­gens gar nicht mal deine Ver­sion, son­dern gene­rell sol­che Sze­nen in Fil­men. Die sind aus mei­ner Sicht näm­lich schon über­trie­ben realitätsfern. 🙂

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