Liebesgeschichte, nicht ganz ohne Klischeekiste

by Worteweberin Annika

Wie ziem­lich viele Frauen sucht auch die Hel­din in Mhairi McFar­la­nes Roman „Viel­leicht mag ich dich mor­gen“ nach Mr. Right. Den zu fin­den ist für sie aber nicht beson­ders leicht, denn es man­gelt ihr ziem­lich an Selbst­be­wusst­sein. Ob sie ihn trotz­dem fin­det? Worte­we­be­rin Annika hat mitgefiebert.

Zu Schul­zei­ten wurde Anna wegen ihres Aus­se­hens gemobbt: Sie war dick, trug selbst­ge­strickte Klei­dung und hatte eine uncoole Fri­sur. Heute ist Anna erfolg­rei­che His­to­ri­ke­rin, hat abge­nom­men und weiß gar nicht, wie attrak­tiv die Män­ner sie fin­den. Noch immer quä­len sie die Erin­ne­run­gen von damals, und um sich ihrer Angst zu stel­len, beschließt sie, zum Klas­sen­tref­fen zu gehen. Dort begeg­net sie James, der ihr in der Schule übel mit­ge­spielt hat, für den sie aber schon damals schwärmte. Doch James erkennt die „neue“ Anna nicht wie­der, und als die bei­den sich kurz dar­auf durch die Arbeit erneut begeg­nen, ent­wi­ckelt sich zwi­schen ihnen eine zer­brech­li­che Freund­schaft, aus der viel­leicht sogar mehr wer­den kann.

Nicht wenige träu­men wohl von die­ser Situa­tion: Jahre nach dem Abschluss beim Klas­sen­tref­fen an die Schule zurück­zu­keh­ren und das wahre Gesicht zu zei­gen, viel inter­es­san­ter und begeh­rens­wer­ter aus­zu­se­hen als damals in der Puber­tät. Im Falle von Anna funk­tio­niert das, und noch dazu, so viel darf hier wohl schon ver­ra­ten wer­den, fin­det sie dabei auf Umwe­gen sogar ihre große Liebe.

Das ist wahr­schein­lich nicht son­der­lich rea­lis­tisch, denn, mal ehr­lich, wer ver­liebt sich schon in den Mann, der einem als Junge den schlimms­ten Tag sei­nes Lebens beschert hat? Und wie viele Frauen ver­wan­deln sich tat­säch­lich vom häss­li­chen Ent­lein in den wun­der­schö­nen Schwan? Wenn man diese Bege­ben­hei­ten aber als das viel­leicht etwas unrea­lis­ti­sche Ele­ment des Romans akzep­tiert (und wer weiß, irgendwo hat es so etwas bestimmt schon gege­ben!), dann ist „Viel­leicht mag ich dich mor­gen“ ein sehr unter­halt­sa­mer Lie­bes­ro­man. Anna ist eine starke Hel­din, die sehr wenig mit dem Kli­schee der jun­gen, nai­ven Frau zu tun hat, die sich in sol­chen Roma­nen hau­fen­weise tum­meln. Allein schon ihr Beruf als His­to­ri­ke­rin an der Uni ist da ein guter Hinweis.

Manch­mal greift die Autorin McFar­lane trotz­dem ziem­lich tief in die Kli­schee­kiste, und holt dabei Sätze wie: „Das war das abso­lute Knackarsch­fi­asko. Ihr ganz per­sön­li­ches Arschgha­ni­stan.“ her­vor, die man viel­leicht lus­tig fin­den kann, die aber doch eigent­lich eher gewollt und sehr ober­fläch­lich klin­gen. Zum Glück fin­den sich nur wenige sol­cher Sätze, sodass man gut und gerne um sie herum lesen kann. Denn das hat sich „Viel­leicht mag ich dich mor­gen“ ver­dient. Die Hand­lung ist sehr kurz­wei­lig, unter­halt­sam und lus­tig – gleich­zei­tig fehlt aber auch nicht die Prise Roman­tik und Vor­her­seh­bar­keit, die zu einem Lie­bes­ro­man ein­fach dazu­ge­hört. Aber auch um ernste The­men wie Mob­bing und Ver­schul­dung wird hier kein Bogen gemacht.

Wer Lust auf eine intel­li­gente Lie­bes­ge­schichte hat und auch vor eini­gen Kli­schees und bil­der­buch­ro­man­ti­schen Situa­tio­nen nicht zurück­schreckt, der ist bei Mhairi McFar­lane genau rich­tig. „Viel­leicht mag ich dich mor­gen“ ist ein Roman zum Träu­men, für gemüt­li­che Stun­den auf dem Sofa oder vorm Kamin.

Viel­leicht mag ich dich mor­gen. Mhairi McFar­lane. Aus dem Eng­li­schen von Karin Durf­ner und Ulrike Laszlo. Knaur. 2015.

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