Nimm dich in Acht vor der Wanderin #Todesstadt

by Worteweberin Annika

Mit blu­ti­gen Füßen lau­ert sie auf die Sün­de­rin­nen und Sün­der – „Mel­moth“ die Wan­de­rin geis­tert durch Sarah Per­rys gleich­na­mi­gen Roman. Worte­we­be­rin Annika hat ihr aufgelauert.

Helen Fran­k­lin lebt ein mehr als kar­ges Leben, und dafür gibt es auch einen Grund. In ihrem klei­nen Zim­mer gibt es keine Bil­der, keine Farb­tup­fer, in ihrem Bett schläft sie ohne Laken unter einer krat­zi­gen Decke. Ihr Essen kann sie schon lange nicht mehr genie­ßen, ein Lachen sieht man bei ihr so gut wie nie. Das alles macht Helen, um sich für einen Feh­ler zu bestra­fen, den sie vor zwan­zig Jah­ren als junge Frau beging. Doch ihr Leben in Prag ändert sich bald, als ihr ein­zi­ger Freund Karel ihr ein Manu­skript über Mel­moth die Wan­de­rin überreicht.

Mel­moth, so heißt es, habe Jesus‘ Auf­er­ste­hung geleug­net, und büße seit­dem dafür, indem sie Jahr ein, Jahr aus mit blu­ti­gen Füßen zu den Sün­de­rin­nen und Sün­dern wan­dern müsse. Nach­dem Karel das Manu­skript gele­sen hat, in dem ein Deut­scher über seine Begeg­nung mit Mel­moth berich­tet, fühlt er sich ver­folgt, hat Angst. Auch Helen wird in eine Spi­rale aus Angst, Ver­fol­gungs­wahn und Schuld­ge­füh­len gezo­gen. Doch Mel­moth lässt sie nicht mehr los und sie stellt wei­tere Recher­chen an. Wird Mel­moth sie schließ­lich einholen?

Der Autorin Sarah Perry gelang 2017 mit ihrem Roman „Die Schlange von Essex“ ein gro­ßer Erfolg. Han­delte es sich dabei um einen his­to­ri­schen Roman, ist „Mel­moth“ nun eher eine Schau­er­ge­schichte. Ver­mischt wird die mys­ti­sche Figur Mel­moth mit phi­lo­so­phi­schen Fra­gen nach Schuld und der Pflicht zur Wahr­heit – eine Mischung, die für mich nicht immer gut funk­tio­niert hat. Die schau­ri­gen, fast über­na­tür­li­chen Ele­mente fühl­ten sich für mich eher wie Fremd­kör­per in den tra­gi­schen Geschich­ten von Helen und ihren Weg­be­glei­te­rin­nen an. Auch wenn sich die Figur von Mel­moth der Wan­de­rin letzt­end­lich als Meta­pher lesen lässt, hat mich der Roman so inhalt­lich doch nicht ganz über­zeu­gen können.

Sti­lis­tisch hin­ge­gen, zum Bei­spiel durch eine all­wis­sende, die Lese­rin­nen und Leser anspre­chende Erzähl­fi­gur, zeigt Sarah Perry hier ihr Kön­nen und macht Lust auf ihre ande­ren Romane. „Mel­moth“ emp­fehle ich trotz­dem nur Fans der Autorin und den­je­ni­gen, die ein­fach jeden Schau­er­ro­man gele­sen haben müs­sen oder sich unsterb­lich in die wirk­lich hüb­sche Cover-Abbil­dung ver­liebt haben.

Mel­moth. Sara Perry. Aus dem Eng­li­schen von Eva Bonné. Eich­born. 2019.

Ein Bei­trag zum Spe­cial #Todes­stadt. Hier fin­det ihr alle Beiträge.

Weiterlesen

Leave a Comment

Diese Seite verwendet Cookies. Mit der Nutzung unserer Website erklärst du dich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. OK Erfahre mehr