„Northanger Abbey“: Ein Kloster zum Verlieben?

by Worteweberin Annika

In einem ihrer frü­hen Werke, „Nort­han­ger Abbey“, schickt Jane Aus­ten ihre Hel­din­nen und Hel­den auf der Suche nach der Liebe nach Bath und in ein schau­ri­ges Klos­ter. Worte­we­be­rin Annika hat sie in der stim­mungs­vol­len Hör­buch­be­ar­bei­tung von Silke Hil­de­brandt begleitet.

Ehen bah­nen sich an, Ver­lo­bun­gen wer­den gelöst, Bälle ver­an­stal­tet: Die Sai­son in Bath ist auf­re­gend für die junge Cathe­rine Mor­land, die mit Freun­den der Fami­lie der hei­mat­li­chen Pro­vinz ent­flie­hen darf. Auch ein Hei­rats­kan­di­dat für die hüb­sche Cathe­rine, die aber „von Natur aus keine Roman­hel­din“ ist, ist mit Henry Til­ney bald gefun­den. Doch natür­lich ste­hen dem Glück der bei­den einige Ver­wick­lun­gen, das liebe Geld und ein Neben­buh­ler im Weg. Ob sie den Mann ihres Her­zens den­noch für sich gewin­nen kann?

Der Ver­stand der Frauen

Die Rol­len des Hör­spiels sind zumeist hoch­ka­rä­tig besetzt. Als Erzäh­ler ver­leiht Ulrich Noe­then der Geschichte zusätz­li­che Iro­nie und Witz, ohne die Figu­ren – teils unhel­den­haft, teils naiv, teils etwas hohl – zu ernst zu neh­men. Der iro­ni­sche Ton schwingt in der gan­zen Erzäh­lung mit, ganz typisch für Jane Aus­tens Blick auf ihre Zeit.

„Miss Mor­land, nie­mand könnte vor dem Ver­stand der Frauen mehr Respekt haben als ich. Ich finde, die Natur hat ihnen so viel davon mit­ge­ge­ben, dass sie es nie nötig befin­den, mehr als die Hälfte zu benutzen.“

Die Nai­vi­tät von Cathe­rine Mor­land trans­por­tiert auch deren Stimme, Anna Drex­ler, her­vor­ra­gend. So wird man schnell von der Geschichte absor­biert. Dazu trägt auch die von Jakob Diehl extra kom­po­nierte Streich­mu­sik bei, die die bekann­ten Jane-Aus­ten-Ver­fil­mun­gen in Erin­ne­rung ruft und teil­weise ganze Gesprächspas­sa­gen atmo­sphä­risch untermalt.

Schau­rige Fantasie

Auf dem Anwe­sen der Til­neys, dem titel­ge­ben­den Nort­han­ger Abbey, ver­fällt Cathe­rine ihrer Lei­den­schaft für Schau­er­ge­schich­ten. Sie wit­tert ein Ver­bre­chen und bringt sich damit in die Bre­douille. Die Beschrei­bun­gen mischen sich hier mit Lesun­gen aus Cathe­ri­nes Lieb­lings­buch „Udolfo“ auf Eng­lisch, die ver­deut­li­chen, wie die junge Bri­tin in ihre rea­li­täts­fremde Gedan­ken­welt abtaucht.

Ein wei­te­res Plus am Hör­buch ist ein­deu­tig die Auf­ma­chung: Die CD-Schu­ber sind in ein klei­nes Büch­lein ein­ge­bun­den, in dem sich ein aus­führ­li­ches Vor­wort von Hans Ple­schin­ski befin­det. Darin erklärt er den Kon­text, in dem Jane Aus­ten ihre Romane schrieb und ord­net „Nort­han­ger Abbey“ in ihr Werk und die Zeit ein. Die Gestal­tung mit den weiß-gol­de­nen Blu­men vor schwar­zem Hin­ter­grund macht das Hör­spiel zudem zu einem Augenschmaus.

Das Hör­spiel „Nort­han­ger Abbey“ fängt das Flair von Jane Aus­tens Zeit mit einer auf­wän­di­gen Pro­duk­tion, tol­len Spre­che­rin­nen und Spre­chern und stim­mungs­vol­ler Musik ein. Das macht Lust auf mehr, ob in Buch­form oder als Hör­buch, denn die nächste Aus­ten-Pro­duk­tion des Hes­si­schen Rund­funks erscheint bereits im April.

Nort­han­ger Abbey. Jane Aus­ten. Aus dem Eng­li­schen von Andrea Ott. Regie und Bear­bei­tung: Silke Hil­de­brandt. Mit Anna Drex­ler, Ulrich Noe­then, Anne Mül­ler u.a. Pro­duk­tion: Hes­si­scher Rund­funk. Der Hör­ver­lag. 2019.

Was wäre, wenn Cathe­rine Mor­land heute leben würde? In der Rezen­sion von Satz­hü­te­rin Pia zur Adap­tion von „Nort­han­ger Abbey“ von Val McDer­mind könnt ihr es nachlesen.

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