Unterwasserwelt: Venedig

by Zeichensetzerin Alexa

Anläss­lich des 20. Todes­ta­ges von Ště­pán Zavřel ver­öf­fent­licht der Bohem Ver­lag „Ště­pán Zavřels Traum von Vene­dig“, eine neu bear­bei­tete Auf­lage nach der Ori­gi­nal­fas­sung von 1974 – und ent­führt damit Kin­der und Erwach­sene glei­cher­ma­ßen in eine fan­tas­ti­sche Unter­was­ser­welt. – Von Zei­chen­set­ze­rin Alexa

Seit ich Cor­ne­lia Funkes Buch „Herr der Diebe“ gele­sen habe, des­sen Geschichte sich in Vene­dig abspielt, bin ich fas­zi­niert von die­ser Stadt. Zwar habe ich sie bis heute nicht besucht – denn der wach­sende Tou­ris­mus hat eine eher abschre­ckende Wir­kung auf mich –, aber mit­hilfe des kürz­lich erschie­ne­nen Buches „Ště­pán Zavřels Traum von Vene­dig“ konnte ich eine kleine Gedan­ken- und Fan­ta­sier­eise in diese beein­dru­ckende Stadt unternehmen.

Der Prot­ago­nist der Geschichte, Marco, erfährt von sei­ner Leh­re­rin, dass „Vene­dig sinkt“. Das Meer, das einst Schutz gebo­ten hat, for­dert die Stadt nun wie­der zurück. Wie würde sie wohl spä­ter aus­se­hen? Die Kin­der erhal­ten die Auf­gabe, ihre Vor­stel­lung mit Pin­sel und Far­ben zu visua­li­sie­ren. Marco malt Vene­dig als eine Unter­was­ser­welt, in der es Meer­jung­frauen und Fische gibt – und nachts träumt er davon, wie er diese Welt zusam­men mit einer Meer­jung­frau erkundet.

Die Lesen­den die­ses Bil­der­bu­ches ler­nen auf diese Weise Vene­dig und seine Sehens­wür­dig­kei­ten ken­nen. Es fal­len Namen von Plät­zen und Gebäu­den, die es tat­säch­lich gibt, ver­wo­ben mit kur­zen Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen; nur mit dem Unter­schied, dass sich alles unter Was­ser abspielt: ein Ort, der in kräf­ti­gen Far­ben detail­reich und in Hell- und Dun­kel­kon­tras­ten dar­ge­stellt wird. Die vie­len ver­schie­de­nen Bild­ele­mente ver­zwei­gen sich, gehen inein­an­der über, flie­ßen zusam­men und sprü­hen vor Bewe­gung und Lebendigkeit.

Jede Dop­pel­seite ist ein Kunst­werk, eine meis­ter­hafte Insze­nie­rung einer ver­sun­ke­nen Stadt, ein Spiel aus Far­ben, Details, Licht und Schat­ten – und mit­ten­drin ver­gleichs­weise klein erschei­nende Figu­ren wie Marco und die Meer­jung­frau, gezeich­net in einem eher kind­li­chen Stil. Das ist eine per­fekte Mischung aus Glaub­wür­dig­keit – es wirkt, als seien die Illus­tra­tio­nen Mar­cos Vor­stel­lung und künst­le­ri­schem Kön­nen ent­sprun­gen – und dem, was Zavřel mit sei­nen Wer­ken beab­sich­tigt: den Kin­dern mit­hilfe von Bil­der­bü­chern „Kunst zugäng­lich zu machen“. Dies gelingt ihm in die­sem Buch zweifellos.

Es geht in die­sem Bil­der­buch aber nicht nur um die Fas­zi­na­tion, die von Vene­dig aus­geht, son­dern auch um den Appell, etwas zu unter­neh­men, damit diese Stadt nicht unter­geht. Zavřel rich­tet sich dabei gezielt an Kin­der, denn er hoffte, dass sie, wenn sie erwach­sen sind, die­je­ni­gen sein wer­den, die diese Stadt ret­ten werden.

Ště­pán Zavřel grün­dete in den 1960er Jah­ren zusam­men mit Otakar Bože­jovský den Ver­lag Bohem Press, des­sen Haupt­sitz in Zürich war. Zavřel schrieb und illus­trierte Bücher und prä­sen­tierte seine Werke welt­weit in Aus­stel­lun­gen. Wei­tere Infor­ma­tio­nen zum Künst­ler und sei­nen Wer­ken: www​.bohem​.ch/​k​a​t​a​l​o​g​/​z​a​v​rel / fon​da​zio​ne​zav​rel​.it/​e​n​/​s​t​e​p​a​n​-​z​a​v​rel

Ště­pán Zavřels Traum von Vene­dig. Text und Illus­tra­tion: Ště­pán Zavřel. Bohem Ver­lag. 2019. Neu bear­bei­tete Auf­lage nach der Ori­gi­nal­fas­sung von 1974. BK-Alters­emp­feh­lung: ab 3 Jahren.

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