Von der schönsten Kaffeemaschine im hässlichsten Café Berlins

by Bücherstadt Kurier

Zwei Raben

Myriam, genannt Müge, wirkt auf den ers­ten Blick wie jede andere Ber­li­ne­rin: Sie stammt aus einer mul­ti­kul­tu­rel­len Fami­lie, sie arbei­tet im Chic, dem nach eige­ner Angabe häss­lichs­ten Café in Ber­lin und träumt von einem eige­nen Unternehmen.
Um die­sen Zukunfts­traum zu ver­wirk­li­chen, fehlt der Prot­ago­nis­tin von Andreas Ulichs Roman aller­dings eine funk­tio­nie­rende Kaf­fee­ma­schine im Hier und Jetzt, um genü­gend Geld zu ver­die­nen. Die Espres­so­ma­schine Faema, ein Traum aus Chrom und Dampf, streikt – gerade in dem Moment, in dem eine Gruppe von Fran­zo­sen ihren Kof­fe­in­haus­halt aus­glei­chen will. Doch es gibt nichts, was Müge nicht meis­tern könnte. Immer­hin ver­ar­bei­tet sie den Tod ihres Vaters, eine Flucht aus Kasach­stan und noch vie­les mehr, wie Lese­rin und Leser stück­weise erfahren.
Müge steht vor dem Ange­bot, ein Dok­to­rat zu machen, und muss sich zwi­schen die­sem und ihrem Traum einer ori­en­ta­li­schen Mär­chen­stube mit Faema-Kaf­fee­ma­schine zu einer Ent­schei­dung durch­rin­gen. Sie muss mit dem Tod ihres Vaters umzu­ge­hen ler­nen, sein Haus aus­räu­men, und wird nicht zuletzt auch mit den Abgrün­den ihrer eige­nen Fami­li­en­ge­schichte kon­fron­tiert. Dabei flie­ßen nicht sel­ten Trä­nen – bei Müge mehr als bei Lese­rin und Leser. Andreas Ulich schafft einen span­nungs­ge­la­de­nen Roman, der die Leser in hohem Tempo in eine aben­teu­er­li­che Geschichte zieht. Müges Leben besteht aller­dings nicht nur aus Kaf­fee­ma­schi­nen und Heu­len: Wie aus dem Nichts taucht ihre Jugend­liebe auf, mit der Geschichte der „Zwei Raben“ in der Tasche und einem Lächeln auf den Lippen.

„Zwei Raben“ nimmt meh­rere Hand­lungs­stränge auf und führt sie par­al­lel zu einem gelun­ge­nen Gesamt­pa­ket zusam­men, wenn­gleich ihm das Por­trait einer jun­gen Frau Mitte zwan­zig nur mäßig gelingt. Es fin­det sich nur wenig tief­grün­di­ges Gedan­ken­gut – obwohl das Poten­tial durch­aus bestünde – son­dern viel mehr kurz­wei­li­ges Lesevergnügen.

Erika

Zwei Raben. Andreas Ulich. Der Kleine Buch Ver­lag. 2015.

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