Wenn die Vergangenheit eines anderen nach dir ruft

by Bücherstadt Kurier

Ein Herr­scher, der ganze Macht­ge­füge zer­sprin­gen lässt. Krie­ger­freunde, die sich auf ihre eigene Seite stel­len und damit zwi­schen die Fron­ten gera­ten. Intri­gen, die von denen gespon­nen wer­den, die es sich gar nicht leis­ten kön­nen. Mächte, die ent­fes­selt wer­den, die zu stark sind, um sie zu kon­trol­lie­ren. Und ein Held, der am Ende eines fin­det: Sich selbst. Was wie das Strick­mus­ter eines mit­tel­mä­ßi­gen Fan­tasy-Romans klingt, ist der ful­mi­nan­ter und gran­dio­ser Drei­tei­ler „Kampf der gro­ßen Häu­ser“ von Autor Mark Bar­nes. Bücher­bän­di­ge­rin Eli­sa­beth hat sich des Meis­ter­werks ange­nom­men und ist in einer inno­va­ti­ven und groß­ar­ti­gen Welt versunken.

Cor­a­ji­din aus dem Hause Ere­bus fühlt sich zu Gro­ßem bestimmt, obwohl er tod­krank ist. Vor­se­hun­gen zei­ge­nihm und sei­ner Fami­lie eine große Zukunft. Wenn ihm da nicht andere im Weg ste­hen wür­den. Zusam­men mit sei­nen Kin­dern, der Kriegs­sän­ge­rin Mari, dem Wit­wen­ma­cher Belaman­dris und dem magisch begab­ten Kas­ra­man schmie­det er Pläne, die ihn unaus­weich­lich über Gren­zen hin­weg­tre­ten lässt, die man bes­ser nicht überschreitet.

Sein Geg­ner: Nie­mand. Die gro­ßen Herr­scher­häu­ser leben nach einem bestimm­ten Ver­hal­tens­ko­dex – ein Ehren­ko­dex – neben­ein­an­der und schöp­fen kei­nen Ver­dacht. Ledig­lich einer, Indris, das Dra­chen­auge aus dem Hause Nasa­rat, erkennt die wah­ren Begehr­lich­kei­ten Cor­a­jidins. Doch ihm läge nichts fer­ner, als sich in Poli­tik und Macht­ge­bilde ein­zu­mi­schen. Indris will von der Welt in Ruhe gelas­sen wer­den, hat er doch schon so vie­les geop­fert. Aus ver­bor­ge­nen Machen­schaf­ten ent­steht ein hand­fes­ter Bür­ger­krieg. Die­ser droht sich aus­zu­wei­ten, sodass Indris schließ­lich – wenn auch etwas unfrei­wil­lig – durch den Gelehr­ten-Orden der „Seq“, dem er frü­her ange­hört hatte, in die Machen­schaf­ten gezo­gen wird. Nun kann er nicht anders, als die zu ret­ten, die ihm wich­tig sind.

Das Reich Shrian und seine Bewohner

Mit „Echos der Ver­gan­gen­heit“, „Das schwarze Herz“ und „Die Säu­len aus Sand“ macht sich Mark Bar­nes durch eine außer­or­dent­li­che Fan­tasy-Reihe bekannt. Das Set­ting: Eine frei erschaf­fene Welt, die Wüste und Ori­ent mehr gleicht, als den oft typi­schen nor­disch oder mit­tel­al­ter­lich ange­hauch­ten Fan­tasy-Wel­ten. Die Wesen: eben­falls neu und span­nend. Es gibt zwar auch Men­schen in Mark Bar­nes´ Rei­chen von Shrian, diese haben aber in der Tri­lo­gie keine große Bedeu­tung. See­the, Tau-se, Aván. Hier haben Elben und Zwerge kei­nen Platz. Zudem erhal­ten die han­deln­den Figu­ren so viel Tiefe, Stär­ken und Schwä­chen, dass es dem Leser nicht mög­lich ist, ohne bestimmte Sym­pa­thie oder Anti­pa­thie an ihnen vor­bei zu kom­men. Dies ermög­licht dem Autor gleich­zei­tig aber auch, ein ziem­lich weit aus­la­den­des Kon­strukt von han­deln­den Per­so­nen zu erschaf­fen, ohne dass sich diese ähneln oder den Leser überfordern.

Die Magie in Shrian, dem Reich, in wel­chem das Aben­teuer spielt, heißt Disen­thro­pie, die erschaf­fe­nen tech­ni­schen Mög­lich­kei­ten erin­nern an Steam­punk. Die Funk­ti­ons­weise die­ser Art von Magie ist genial durch­dacht und beschrie­ben, sie kommt nicht „ein­fach so“. In Mark Bar­nes‘ Tri­lo­gie wird nichts dem Zufall über­las­sen, es gibt keine unbe­dach­ten Beschrei­bun­gen oder Ent­ste­hun­gen aus dem Nichts. Alles hat seine Geschichte. Die Welt, in der sich der Leser bewegt, basiert auf einem stark durch­dach­ten Fun­da­ment und treibt seine Blü­ten mit dem Fort­schrei­ten der Handlung.

Phi­lo­so­phi­sche Tiefe und fan­tas­ti­sche Weite

Der Schreib­stil des Werks kann nur als mit­rei­ßend, span­nend und lücken­los niveau­voll bezeich­net wer­den. Lang­at­mige Pas­sa­gen gibt es im gesam­ten Werk nicht, den Lese­fluss unter­bricht man als Leser nur selbst, indem man das Buch zur Seite legt – was zuge­ge­be­ner­ma­ßen schwer fällt. Mark Bar­nes bedient sich einer aus­führ­li­chen, aber nicht über­la­de­nen Art, seine Welt zu beschrei­ben. Dabei ver­wen­det er viele, fast schon phi­lo­so­phisch anmu­tende Ver­glei­che. Auch die Gesprä­che zwi­schen den Gelehr­ten sind gespickt mit phi­lo­so­phi­scher Tiefe zu den Fra­gen, denen sich der Held Indris stel­len muss. Der Leser erkennt zwei­fels­ohne die große Lei­den­schaft, mit wel­cher die­ses Werk durch­dacht und schließ­lich geschrie­ben wurde.

Die Tri­lo­gie rund um das Reich Shrian von Mark Bar­nes ist ein groß­ar­ti­ges Werk, das mei­ner per­sön­li­chen Mei­nung nach eines der bes­ten Fan­tasy-Rei­hen ist, die mir jemals in die Fin­ger gekom­men sind. Durch­dachte Ideen, span­nende Schreib­weise und phi­lo­so­phi­sche Hin­ter­gründe machen aus dem Aben­teuer etwas ganz Beson­de­res, das wohl nicht in jedem Fan­tasy-Regal zu fin­den ist, dort aber nicht feh­len dürfte.

Aller­dings muss an die­ser Stelle auch die groß­ar­tige Arbeit der Über­set­ze­rin Wal­traud Hor­bas gelobt wer­den, die einen gran­dio­sen Erzähl­stil auf so tolle Art ins Deut­sche trans­por­tie­ren konnte, sodass die Magie des Buches nicht in der Über­set­zung ver­lo­ren geht. „Kampf der gro­ßen Häu­ser“ sei unein­ge­schränkt jedem Fan­tasy-Freund ans Herz gelegt.

Der Kampf der gro­ßen Häu­ser – Echos der Ver­gan­gen­heit (Band 1, 2014), Das schwarze Herz (Band 2, 2014), Die Säu­len aus Sand (Band 3, 2015). Mark Bar­nes. Über­set­zung: Wal­traud Hor­bas. blanvalet.

Weiterlesen

Leave a Comment

Diese Seite verwendet Cookies. Mit der Nutzung unserer Website erklärst du dich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. OK Erfahre mehr