Zufrieden in der eigenen Welt

by Bücherstadt Kurier

Ein wiss­be­gie­ri­ges Schul­kind. Eine Oma, die gern ver­gisst. Viele tote Hum­meln auf dem Weg. Auf den ers­ten Blick wol­len diese Stich­punkte nicht zusam­men­pas­sen. Doch die Autorin Kate de Goldi ver­webt dies alles zu einer wun­der­schö­nen, stim­mi­gen Erzäh­lung in: „Die Anar­chie der Buchstaben“.

Perry ist ein Mäd­chen. Sie spielt Kla­vier, hat in der Schule manch­mal Schwie­rig­kei­ten, hat eine För­der­leh­re­rin und sieht ihre Welt mit ihren Augen. Sie ist offen und wiss­be­gie­rig und nimmt alles auf, was um sie herum pas­siert. Ihre Oma ist im Pfle­ge­heim. Diese ver­gisst oft viele Dinge, manch­mal auch Per­rys Namen. Manch­mal glaubt sie auch, Perry wäre ein Junge. Doch dies schüch­tert die Schü­le­rin nicht ein. Sie fin­det schnell einen Draht zu den Bewoh­nern des Heims, zum Pfle­ge­per­so­nal und zu ihrer Groß­mutter. Sie fühlt sich wohl bei ihrer Oma Honora Lee, auch wenn die alte Dame manch­mal etwas komisch ist. Perry lernt auch die ande­ren alten Herr­schaf­ten und ihre Eigen­ar­ten im Heim ken­nen und nimmt sie alle, wie sie sind. Wie ein Kind es eben tut. Per­rys Oma war wohl Leh­re­rin, also beschließt Perry, ein ABC-Buch für sie zu kre­ieren. Natür­lich soll Oma mit­hel­fen. Und die ande­ren auch. Es sol­len nur Dinge darin sein, die zu Honora Lee pas­sen. Natür­lich geht da nicht alles in geord­ne­ten Bah­nen, man­ches geht ganz schön durch­ein­an­der. Doch Perry lässt sich nicht von ihrem Vor­ha­ben abbringen.

Mit sehr ein­fa­chen Wor­ten, wie aus Per­rys Sicht geschrie­ben, erzählt Kate de Goldi eine bezau­bernde Geschichte von einem Mäd­chen, das sich viele Gedan­ken macht, viele Fra­gen hat und das tut, was viele Erwach­sene nicht kön­nen: Die Dinge so hin­neh­men, akzep­tie­ren, wie sie sind und damit arbei­ten. Ihre Groß­mutter kann sich nicht mehr alles mer­ken, lebt in der Ver­gan­gen­heit. Den­noch fin­det Perry es toll, sie zu besu­chen und genießt ihre manch­mal eigen­ar­tige Weise. Dass die ein­fa­chen Worte, die schnell und flüs­sig zu lesen sind, sehr viel Tiefe zei­gen, merkt man schnell, wenn man das Gele­sene etwas sacken lässt. Perry sieht alles aus ihren Augen. All­täg­li­che Dinge, Hand­griffe, die für jeden Men­schen so nor­mal sind, dass sie gar nicht mehr wahr­ge­nom­men wer­den, wer­den auf­ge­zeigt. Weil sie Perry auf­fal­len, weil sie neben­bei pas­sie­ren. Und den­noch sind sie wich­tig für Perry. Wie ein­fach das Leben eigent­lich scheint, wie viele Gedan­ken sich Perry aber macht – und schluss­end­lich dann auch der Leser genau in diese Welt gezo­gen wird – zei­gen auch die sehr schö­nen und aus­drucks­star­ken Illus­tra­tio­nen von Gre­gory O´Brien. Ein wun­der­schö­nes Buch, das so ein­fach wirkt und tief­grei­fend ist, wie es nur sein kann. Ein Buch für jede Zeit und jede Gele­gen­heit. Ein Buch, das lange nach­klingt und dazu ver­lei­tet, es immer wie­der zur Hand zu nehmen.

Eli­sa­beth

Die Anar­chie der Buch­sta­ben, Kate de Goldi (Autorin), Gre­gory O’Brien (Illus­tra­tor), Ingo Herzke (Über­set­zer), Königs­kin­der Ver­lag, 2014

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0 comment

buzzaldrinsblog 26. November 2014 - 17:56

Der Ver­lag, in dem das Buch erschie­nen ist, ist ja schein­bar in aller Munde im Moment! Span­nend, span­nend – das Buch steht nun auf jeden Fall auf mei­ner Wunschliste.

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Bücherstadt Kurier 26. November 2014 - 21:20

Kann ich auf alle Fälle emp­feh­len! Es ist weder hoch­tra­bend geschrie­ben noch mit kom­pli­zier­ten Wor­ten und den­noch: immer wenn man das Buch zumacht, klingt die Geschichte nach, man denkt dar­über nach. Und sehr oft mit einem fei­nen Schmun­zeln auf den Lip­pen. Die Sicht­weise des Kin­des ist manch­mal ein­fach wun­der­schön. 🙂 (Eli­sa­beth)

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