Hannah Höch

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Wohnhaus von Hannah Höch, 1939–1978, in Berlin-Heiligensee
„Die Journalisten“, Briefmarke 1989
Nelly van Doesburg, Piet Mondrian und Hanna Höch im Studio von Theo van Doesburg, April 1924
Berliner Gedenktafel an ihrem Haus in Berlin-Heiligensee
Berliner Gedenktafel, Büsingstraße 16, in Berlin-Friedenau
Hanna Höchs Grabstätte
„Der archaische Erzengel von Heiligensee“ von Siegfried Kühl zu Ehren Hannah Höchs am Großen Malchsee in Berlin-Tegel

Hannah Höch, eigentl. Anna Therese Johanne Höch, (* 1. November 1889 in Gotha; † 31. Mai 1978 in West-Berlin) war eine deutsche Graphikerin und Collagekünstlerin des Dadaismus.

Leben und Werk[Bearbeiten]

Höch war die Tochter eines Versicherungsangestellten, ihre Mutter war Hobbymalerin. Sie besuchte von 1896 bis 1904 die Höhere Töchterschule in Gotha. Mit 15 Jahren musste sie die Schule abbrechen, um sich um ihre Geschwister zu kümmern.

1912 immatrikulierte sich Höch an der Kunstgewerbeschule in Berlin. Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, reiste Höch nach Köln, um eine große Werkbund-Ausstellung zu besichtigen. Im darauf folgenden Jahr wurde sie an der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums Berlin Schülerin von Emil Orlik. Dort lernte sie 1915 den bereits verheirateten Raoul Hausmann kennen und ging mit ihm eine Liebesbeziehung ein, die sieben Jahre dauerte. Mit ihm entwickelte sie stilistisch die Fotomontage. In den Jahren 1916 bis 1926 war sie für den Ullstein Verlag tätig, meist für die Zeitschriftenverlage. Über Hausmann lernte sie 1917 die dadaistischen Zirkel Berlins kennen und war 1920 Teilnehmerin an der Ersten Internationalen Dada-Messe. Ab 1920 wirkte sie bei den jährlichen Ausstellungen der Novembergruppe mit. Im selben Jahr noch besuchte sie zusammen mit Hausmann die Dadaisten in Prag. Im Frühjahr 1921 trennte sich Höch von Hausmann.

1924 reiste sie zum ersten Mal nach Paris. Auf der Rückreise besuchte sie Piet Mondrian und seine Gruppe De Stijl. Die Sowjetunion ermöglichte Höch 1924, an einer Ausstellung teilzunehmen. Die Deutsche Kunstgemeinschaft in Berlin lud sie 1925 zu einer Ausstellung ein. 1926 lernte sie die holländische Schriftstellerin Til Brugman kennen, in die sie sich verliebte und mit der sie 1929 in Den Haag und dann bis 1936 in Berlin zusammen lebte und arbeitete. Avantgardisten wie Theo van Doesburg und Kurt Schwitters äußerten sich teilweise ablehnend über diese gleichgeschlechtliche Beziehung.

1932 bekam Höch die Möglichkeit, in den USA auszustellen. In den Jahren 1933 bis 1945 galt Höchs Werk als „entartet“ und war mit einem Ausstellungsverbot belegt.

Irgendwann zwischen 1935 und 1937 trennte sich Höch von Brugman. 1938 heiratete sie den 21 Jahre jüngeren Handelsvertreter Kurt Heinz Matthies, von dem sie 1944 geschieden wurde; mit ihm war sie teilweise monatelang kreuz und quer durch das nationalsozialistische Deutschland, auch im benachbarten Ausland (z. B. Holland) unterwegs. Stationen, Erlebnisse usw. während dieser Autofahrten, teilweise mit einem Wohnanhänger, hat sie in Terminkalendern stichwortartig festgehalten und so u. a. ihr Erleben der Novemberpogrome 1938 oder des deutschen Überfalls auf Polen dokumentiert.[1]

1965 wurde sie an die Akademie der Künste in Berlin berufen. Hannah Höch war Mitglied im Deutschen Künstlerbund.[2]

Am 31. Mai 1978 starb Hannah Höch im Alter von 88 Jahren in Berlin: beigesetzt wurde sie auf dem landeseigenen Friedhof Heiligensee. Die Grabstätte in der Abt. 19 UR-6-15 gehört zu den Ehrengräbern des Landes Berlin.

Nachlass[Bearbeiten]

H. Höch hinterließ ein umfangreiches künstlerisches Werk, das stilistisch sehr vielfältig ist. Ihr gesamtes Schaffen kommentierte Höch mit den Worten: „Ich habe alles gemacht und mich um Handschrift und Merkmal nie gekümmert.“

Werke[Bearbeiten]

Werke in der Berliner Dada-Messe 1920
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  • 1919: Schnitt mit dem Küchenmesser. Dada durch die letzte Weimarer Bierbauchkulturepoche Deutschlands, Neue Nationalgalerie, Berlin
  • 1921: Mensch und Maschine, Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Gm 1943, Öl auf Leinwand, 107 cm × 85 cm
  • 1922: Collage
  • 1926: Aus einem ethnographischen Museum, Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Hz 6899 (Leihgabe aus dem Nachlass), Collagen.
  • 1936: Herbst im Berliner Volkspark Jungfernheide, Öl auf Leinwand, Darmstadt, Hessisches Landesmuseum, Stiftung aus Privatbesitz 2012.[3]
  • 1945: Bilderbuch

Rezeption[Bearbeiten]

Bei der nachmals berühmten „Dada-Messe“ von 1920 war die Künstlerin u. a. mit der 1919 geschaffenen Montage Schnitt mit dem Küchenmesser. Dada durch die letzte Weimarer Bierbauchkulturepoche Deutschlands vertreten. Dieses komplexe Tafelbild, später zu einer Art Ikone des Dadaismus avanciert, unterzog die Kunsthistorikerin Jula Dech sechzig Jahre später einer umfangreichen Untersuchung, indem sie nahezu alle einzelnen Montageelemente systematisch auf den Kontext ihrer medialen Herkunft zurückführte. Mit dieser ihrer Dekonstruktion, als Überarbeitung 1993 in der von Klaus Herding herausgegebenen Taschenbuch-Reihe Kunststück (s. Literatur) erschienen, setzte die Autorin einen neuen methodischen Standard für den Zugang zur Montage allgemein und für den zum dadaistischen Werk Hannah Höchs im Besonderen.

Von Erben der Künstlerin mit einer ersten Sichtung ihres bildnerischen Nachlasses betraut, veranstaltete Jula Dech (zusammen mit Ellen Maurer) aus Anlass von Hannah Höchs 100. Geburtstag Ende 1989 einen ersten Kongress zu ihrem Werk in der Berliner Akademie der Künste. Bei diesem Symposion setzten sich Höch- und DADA-Spezialistinnen und -Spezialisten aus Europa und den USA sowohl analytisch-kunsthistorisch als auch künstlerisch-praktisch mit dem Werk der Künstlerin auseinander – umfassend dokumentiert in dem von Dech/Maurer herausgegebenen Band Dada zwischen-reden zu Hannah Höch.

  • Seit 1996 wird vom Land Berlin der mit 15.000 EUR dotierte Hannah-Höch-Preis für ein hervorragendes künstlerisches Lebenswerk verliehen.[4]

Literatur[Bearbeiten]

  • G. Jula Dech: Schnitt mit dem Küchenmesser. Dada durch die letzte Weimarer Bierbauchkulturepoche Deutschlands. (= Form und Interesse. Band 3). Lit-Verlag, Münster 1981.
    • mit Ellen Maurer (Hrsg.): Da-da zwischen Reden zu Hannah Höch / Dokumentation des Höch-Kongresses 1989 / in der Reihe Der andere Blick.
    • Hannah Höch. Schnitt mit dem Küchenmesser. Dada durch die letzte Weimarer Bierbauchkulturepoche Deutschlands. Fischer, Frankfurt am Main 1989, ISBN 3-596-23970-2. Orlanda Frauenverlag, Berlin 1991, ISBN 3-922166-41-5.
    • Sieben Blicke auf Hannah Höch. Edition Nautilus, Hamburg 2003, ISBN 3-89401-401-6.
  • Karoline Hille: Hanna Höch: Die Zwanziger Jahre: Kunst.Liebe.Freundschaft. edition ebersbach, Berlin/ Dortmund 2014, ISBN 978-3-86915-095-6.
  • Hannah Höch. (= Kunstblätter der Galerie Nierendorf 33). Berlin 1975.
  • Hanna Höch. Aller Anfang ist DADA! Hrsg. v. d. Berlinischen Galerie. Hatje-Cantz, Ostfildern 2007.
  • Hanna Höch: Bilderbuch. mit einem Nachwort von Gunda Luyken. The Green Box, Berlin 2008, ISBN 978-3-908175-35-3.
  • Hannah Höch, Gunda Luyken: Album. Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2004, ISBN 3-7757-1427-8 (Höchs Materialsammlung aus den Jahren 1925/26).
  • Alma-Elisa Kittner: Visuelle Autobiographien. Sammeln als Selbstentwurf bei Hannah Höch, Sophie Calle und Annette Messager. Transcript, Berlin 2009, ISBN 978-3-89942-872-8.
  • Wolfgang Maier-Preusker: In: Buch- und Mappenwerke mit Grafik des Deutschen Expressionismus. Ausstellungskatalog für die Hansestadt Wismar. Wien 2006, ISBN 3-900208-37-9.
  • Ursula Peters, Andrea Legde: Moderne Zeiten. Die Sammlung zum 20. Jahrhundert. (= Kulturgeschichtliche Spaziergänge im Germanischen Nationalmuseum; Bd. 3). Nürnberg 2000, insbesondere S. 112–120 passim
  • Cara Schweitzer: Schrankenlose Freiheit für Hannah Höch. Das Leben einer Künstlerin. 1889–1978. Osburg-Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-940731-64-7.

Weblinks[Bearbeiten]

 Commons: Hannah Höch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  Wikiquote: Hannah Höch – Zitate

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. a b Deutschlandfunk.de, 21. März 2015: Hörspiel am Samstag
  2. kuenstlerbund.de: Ordentliche Mitglieder des Deutschen Künstlerbundes seit der Gründung 1903 / Höch, Hannah (abgerufen am 26. August 2015)
  3. hlmd.de
  4. Projektförderung und Künstlerförderung der Berliner Kulturverwaltung