Thema: einige ungewöhnliche Überlegungen zu den Terror-Anschlägen vom 11. September 2001, ungewöhnlich deshalb, weil sie sich nicht mehr mit der Untersuchung der Attentate beschäftigen werden. Die scheint zumindest vorläufig abgeschlossen zu sein, die offizielle und auch die inoffizielle Untersuchung, an der sich Tausende beteiligten – Experten, selbsternannte Experten, Sensationslüsterne, Interessierte, Schockierte, Verunsicherte. Es gibt nur zwei mögliche Ergebnisse, tertium non datur: Entweder die Anschläge wurden von arabischen Terroristen geplant und ausgeführt, oder es war nicht so. Man kann sich für eine der beiden Möglichkeit entscheiden… wenn man will.
Viele sagen, dass sich mit 9/11 die Welt verändert habe, man spricht sogar von einer neuen Zeitrechnung – vielleicht stimmt das, vielleicht läuft die Zeit seitdem gefühlt schneller und auf irgendetwas Unheimliches zu. Oder das ist alles übertrieben, denn auf Gefühle kann man sich nicht verlassen. Nicht übertrieben ist es, dass sich nach den Anschlägen eine veränderte Atmosphäre über die Erde verbreitet hat. Die Atmosphäre wurde düsterer – sie war auch vorher nie sehr harmonisch oder gar lichtdurchflutet, doch vermittelte sie dem Westmenschen immerhin eine vage Leichtigkeit des Seins: Er bestieg locker die Flugzeuge, er telefonierte und kommunizierte unbefangen, er hatte keine bedrohlichen Feindbilder, er musste seine Meinung nicht überprüfen, bevor er sie im Kollegenkreis äußerte, er konnte mehr oder weniger unbeschwert in den Tag hinein leben, er kannte keinen Großen Bruder. Von dieser spontanen Lebensbejahung ist einiges verlorengegangen.
Als Folge von 9/11 fanden Kriege statt, es bildete sich wieder eine Kriegsbereitschaft aus, nachdem man im Grunde erwartet hatte, endgültig davon befreit zu sein. Der Terrorismus hielt endgültig Einzug in die Köpfe. Die Menschen wurden konfrontativ eingestellt, gleichermaßen normiert, eine Feindseligkeit wurde in das Denken implementiert. Vor den Parolen gab es kein Entrinnen, und deshalb sollte man darüber nachdenken, ob der Terrorismus ein wirklicher Feind sein kann… aber wie bei den Ursachen von 9/11 bleibt das jedem selbst überlassen. Der Feind als solcher, ob Fakt oder Schimäre, ist bedeutend, solange er mächtig anmutet und nicht aus dem Bewusstsein verschwindet. Sich mit der Feindseligkeit zu beschäftigen, ist aufschlussreicher. Kann es so etwas geben wie eine Seligkeit der Feindschaft in dem Sinne, dass sie als menschliche Ur-Befindlichkeit festliegt? Ja. Die Seele tritt nicht nur als transzendierendes Phänomen auf, sie beschreibt ebenfalls Grundgefühle. Wenn einem etwas aus der Seele spricht, dann kommt es von unten heraus, aus den unzugänglichen Tiefen der Persönlichkeit. Wer selig ist, der muss weder dumm sein, noch gläubig, noch muss er glückselig sein – er steht in innigem Einklang mit Emotionen, die ihn bestimmen, ob er es will oder nicht. So ist Seligkeit nicht notwendigerweise positiv oder moralisch konnotiert, es existiert auch eine Seligkeit der Feindschaft. Der Mensch findet eine grundlegende Befriedigung darin, sich zur Bestärkung seiner eigenen Identifikation von anderen abzusetzen und sich reflexhaft gegen sie zu wenden – hier liegt einer der Schlüssel zum Krieg als Vater aller Dinge. Ein Freund ist immer exklusiv, Freundschaften ergeben sich regelmäßig aus Zusammengehörigkeit. Die anderen Menschen sind potentielle Feinde, allein weil man sie nicht kennt, allein weil sie fremd sind.
Diese Überlegungen sollen als Einstieg dienen, um die Bedeutung der Anschläge vom 11. September 2001 angemessener einzuordnen. Dazu ein kleines Gedankenspiel, das unter drei möglicherweise zutreffenden Voraussetzungen abläuft, erstens: Die Anschläge wurden von amerikanischen Regierungskreisen erdacht und durchgeführt – zweitens: Die Beweise dafür liegen für jeden einsehbar öffentlich vor – drittens: Hunderttausende westliche Politiker, Journalisten und Entscheidungsträger wissen darüber Bescheid, trotzdem halten sie darüber strikt den Mund. Was aber hat es dann mit diesem so merkwürdig verbissenen Schweigen auf sich? Das ist der Punkt, um den es vor allem geht. Wie kann es sein, dass die breite Phalanx der Abschottung selbst nach 14 Jahren noch nicht merklich durchlöchert ist? Selbst solche Fragen sind inzwischen suspekt, obwohl die Antworten entscheidende Auskünfte geben könnten über die ethischen Maximen der Gesellschaft und einer Weltgesellschaft, die langsam herauf dämmert – die Antworten könnten dazu wichtige verborgene Motive aufdecken, die nicht vorzeigbar sind. Wenn Menschen massenhaft schweigen, wenn Unternehmen ihren Mitarbeitern jeden Kommentar zu 9/11 verbieten, wenn wissenschaftliche Institutionen fast ausnahmslos dichtmachen, wenn ganze Staaten mauern – dann ist eine besondere Situation entstanden, eine Situation, die so noch nie da war. Es muss weiter reichende Gründe geben für dieses geheimnisvolle Fraternisieren im Nachhall einer Zivilisationskatastrophe.
Die Totenstille macht schnell klar, dass Konformismus als Begründung nicht ausreicht und nur ein vordergründiges Verständnis ermöglicht. Niemand will leichtfertig seine materielle Existenz gefährden, niemand will von der Gemeinschaft ausgeschlossen werden… doch bei den vielen Eingeweihten, Wissenden und ratlosen Mitwissern wären auch viel mehr Abtrünnige zu erwarten gewesen, viel mehr Whistleblower. Nahegelegen hätte eine massive Gegenreaktion, die das Ausmaß der Wahrheitsbewegung in Nordamerika überstiegen hätte und die besonders international deutlicher ausgefallen wäre. Ein weiterer, wahrscheinlich der am häufigsten anzutreffende Grund für das Schweigen liegt in der anhaltenden Verunsicherung über die wahren Abläufe, gepaart mit einer Abneigung, sich mit der Materie überhaupt näher zu beschäftigen – das wäre die schon notorische „kognitive Dissonanz“, als bevorzugtes, wenngleich nur bedingt hilfreiches Erklärungsmuster für die unheimliche Stille nach den Anschlägen. Kognitive Dissonanz gehört zum Repertoire der Lebensbewältigung, ein psychischer Abwehrmechanismus, mit dem die Wahrnehmung von unerträglichen Sachverhalten automatisch begrenzt und verfälscht wird, um sie erträglicher zu machen – sie lässt weder Raum für Erkennen noch für Auseinandersetzung, sie hinterlässt vor allem Verwirrung über das Objekt der Angst.
Hinter dem radikalen Tabu von 9/11 müssen sich verschiedene Motive verstecken, solche die auch radikal sind und solche die unterbewusst entstanden, aus zweckdienlichen Pseudo-Realitäten heraus, an die viele bis heute glauben – vermutlich liegt hier eine Kombination von beidem vor. Bei der Annäherung an die Motivlagen rückt das Phänomen der Akzeptanz in den Blickpunkt. Wie aber kann man so grausame Anschläge wie die vom 11. September 2001 akzeptieren? Über allmähliche Relativierung, die Ereignisse wurden ihres Schreckens entkleidet über einen Verarbeitungsprozess wie nach einem persönlichen Unglück. Die Masse hat die Anschläge nie richtig akzeptiert, sie hat sich über den Puffer eines scheinbar virtuellen Ereignisses von ihnen distanziert. Es blieb nichts anderes, als irgendwie damit umzugehen, und das wurde den Menschen dadurch erleichtert, dass sie es als Medienspektakel erlebten: 9/11 war großes Kino, es war der ultimative Blockbuster des gerade eingeläuteten neuen Jahrtausends. Der Film hatte Überlänge, er dauerte fast einen Tag lang. Die Leute wussten zwar, dass der Film die brutale Wirklichkeit gezeigt hatte, doch sie blieb gefühlt eine cineastische Realität. Daran änderte sich auch in den Folgetagen nur wenig, als gleich abschließend wirkende Analysen präsentiert und eilig die Täter gezeigt wurden. Besonders junge Menschen kannten sich mit allerlei Weltuntergangszenarien aus, sie schwankten zwischen Entsetzen und Begeisterung.
Viele begriffen den Ernst der Lage erst richtig, als am 4. Oktober 2001 der NATO-Bündnisfall ausgerufen wurde, der Deutschland automatisch mit in die Pflicht des Handelns nahm. Es war praktisch der Ausruf eines nebulösen Kriegszustandes, der bis zum heutigen Tag anhält, weil der Feind schneidig zu einem globalen Langzeitfeind erklärt wurde. Allerdings erschien auch das Feindbild Terrorismus diffus, deshalb kamen sich nur wenige Deutsche tatsächlich wie in einem Kriegszustand vor – der Krieg war ihnen aber näher gekommen, er hatte sie irgendwie mit in sich einbezogen. Die Medien entfalteten in der Zeit danach ihre mächtige Sogwirkung, sie zogen die Menschen in einen Strudel von Angst, Hass und Rachegelüsten. So geriet die Initialzündung, also 9/11, immer mehr in den Hintergrund, bis sie schließlich vollkommen aus der Berichterstattung verschwand, beziehungsweise aus ihr entfernt wurde – der Film hatte die Wahrheit vorgeführt, und die Vorführung der Wahrheit war zu einem Film geworden. Doch diese Unstimmigkeit verstärkte nicht die Neugier, sie ließ vielmehr die Berührungsängste anwachsen: Man wollte damit nichts zu tun haben, man befürchtete, in eine so abgründige Phantasiewelt verwickelt zu werden wie sie sich in den einstürzenden Wolkenkratzern dargeboten hatte. Hier kam wieder die kognitive Dissonanz zum Tragen, nur nicht klassisch, nicht als reaktive Schutzmaßnahme, sondern als Teil eines mehr oder weniger gesteuerten Selektierens innerhalb der bewussten Wahrnehmung.
Etwas zu akzeptieren, bedeutet mehr, als etwas hinzunehmen, es deutet auf Vereinbarkeit hin und darauf dass etwas passend gemacht wird, wenn es nicht richtig passen will, um Vorteile zu erlangen. Es handelt sich dann nicht mehr nur um eine unbeteiligte und beobachtende Akzeptanz als Überwindung einer Ignoranz, für die man zwar leicht Verständnis aufbringt, die aber auf Dauer schwer durchzuhalten ist – nein, etwas zu akzeptieren, kann auch heißen, dass man bereitwillig neue Perspektiven in sein persönliches Denken integriert, von ungewohnten Sachverhalten bis hin zu Veränderungen im Weltbild. Davon zu unterscheiden ist die Konzession – Konzessionen sind allgegenwärtig, man muss sie ständig machen. Das Selbstverständnis vieler Menschen schließt eine Generalkonzession ein, regelmäßig an die Übermacht der Verhältnisse, an denen man nichts ändern könne – diese Menschen haben kaum Probleme damit, selbst bedenkliche politische Umbewertungen als Überzeugungen für sich anzunehmen. Bei 9/11 spielen aber die unterschiedlichen Arten von Akzeptanz eine zentrale Rolle, und deshalb erscheint es angezeigt, drei Varianten zu betrachten: Neben einer ersten, einer vom Zeitablauf begünstigten fatalistischen Akzeptanz der Massen gibt es eine zweite, eine generelle, in der alles Prekäre in eine bürgerliche Lethargie mündet, die Bestand hat, weil sie auf eingeübten Verformungsroutinen der Realität beruht, eine Gewohnheitsakzeptanz des geordneten Rückzugs ins Private – und noch eine dritte Variante der Akzeptanz hat sich verbreitet, eine verborgene und sehr spezielle, sie ist differenziert, zielgerichtet, jedoch mit großer Skepsis zu betrachten.
Die dritte Variante der Akzeptanz steht hier im Mittelpunkt, denn nur mit ihr lässt sich das Schweigen zu 9/11 erklären, zwar spekulativ, aber vielleicht einigermaßen zutreffend – man kann sie die eisige Akzeptanz nennen. Sie begründet sich in einem unausgesprochenen Einvernehmen darüber, dass die Entwicklung auf der Erde nur mit strenger Autorität, das heißt mit Gewalt in geordnete Bahnen gelenkt werden kann. Doch was ist unter geordneten Bahnen zu verstehen? Eine Gemengelage von Motiven, aus der drei hervorstechen: die Vorherrschaft der westlich geprägten Gesellschaftsordnungen, die stille Abkehr von der Idee einer sozialen Weltsolidarität und vor allem die Vorstellung von einer Notbremse – diese Notbremse bedeutet das Konzept einer brachialen Notlösung für die Weltprobleme, die politisch unlösbar sind. Es geht um Besitzstandswahrung und darum, einem drohenden globalen Kollaps zu begegnen, koste es was wolle. Der Zusammenbruch muss unbedingt abgewendet werden – doch hier scheiden sich die Geister bei der Frage: Läuft der Anfang dieses Prozess gegenwärtig bereits ab, ohne dass die Menschen davon wissen? Die Frage entschieden zu verneinen, deutet sowohl auf einen Mangel an Phantasie als auch an kritischer Beobachtung hin, denn es gibt untrügliche Anzeichen dafür, dass die meisten westlich orientierten Industrienationen sogar den Machtzuwachs der Vereinigten Staaten von Amerika heimlich unterstützen, wahrscheinlich weil sie sich in der engen Zusammenarbeit mit den USA als ein gemeinsames Korrektiv begreifen, das allein in der Lage ist, die Fehlentwicklungen auf der Erde in den Griff zu bekommen – wobei vergessen wird, dass die Industriestaaten für die schlimmsten Fehlentwicklungen selbst die Verantwortung tragen.
Um die Plausibilität solcher Vermutungen unvoreingenommen zu beurteilen, sollte man sich von Verschwörungstheorien und von okkultem Gedusel freimachen – es geht bei dieser Frage nicht um einen internationalen Polit-Krimi, sondern um Tatsachen – es geht auch nicht um Freimaurer, Illuminati oder Kabbalismus, sondern um konkrete, geheime Pläne, die vielleicht schon im Ansatz umgesetzt werden, und wenn das so ist, dann spielt es nur noch eine untergeordnete Rolle, wer die Pläne ersonnen hat. Distanz ist ebenso ratsam bei Endzeit-Visionen, bei eschatologischen Ausmalungen vom Anbruch einer neuen Welt und bei dem Phänomen „Neue Weltordnung“. Wenn ein geheimes Vorhaben in Angriff genommen wurde, dann vorrangig zur rigorosen Stabilisierung der globalen Lebensgrundlagen über eine Verkleinerung der Menschheit – ein wie grob auch immer konzipiertes Provisorium aus Existenznöten heraus wäre noch lange keine neue Weltordnung. Eine neue Weltordnung kann nicht in der Form gängiger Dystopien dauerhaft Gestalt annehmen. Zu einer neuen Weltordnung gehört mehr als eine repressiv gelenkte Zivilisation, so viel mehr, dass es die Phantasie des Gegenwartsmenschen überfordert… die wahren Herausforderungen der Zukunft sind keine technologischen, sondern ideelle. Trotzdem ist der möglicherweise schon eingeschlagene Weg zu einer Konsolidierung vorläufig ohne diktatorische und faschistoide Praktiken kaum noch vorstellbar – eine bittere Erkenntnis, an der man nicht vorbeikommt. Außerdem muss bezweifelt werden, dass die Ziele unter Beibehaltung der heute gültigen weltpolitischen Doktrin des Kapitalismus überhaupt erreichbar erscheinen – denn ein in keiner Weise neu durchdachter, ein nicht entschärfter und ein nicht nachgebesserter Kapitalismus wird automatisch ständige Gefährdungen mit sich bringen, die eine stabile Kollektivexistenz auf der Erde ausschließen. Die Realitäten werden das gemeinsame Wirtschaften auf dem Globus ohnehin immer unerbittlicher diktieren, unabhängig von Ideologien.
Auch wenn darüber nicht viel bekannt wird, kann man den Führungseliten unterstellen, dass sie sich über die kommende Entwicklung auf der Erde ausführlich Gedanken gemacht haben, sie haben schon längst erkannt, dass existenzielle Probleme vorliegen, wie die Bevölkerungsexplosion und die gefährlich wachsende Überbeanspruchung des Heimatplaneten. Die logische Schlussfolgerung sieht nun einmal so aus, dass beide Probleme möglichst schnell massiv reduziert werden müssen, um zu retten was noch zu retten ist. Hiermit würde sich die düstere Agenda eröffnen, an die man glauben kann oder nicht. Wenn in den Thinktanks der Vereinigten Staaten diese oder ähnliche Planungen tatsächlich gemacht wurden, dann muss man auch davon ausgehen, dass die Pläne inzwischen vom politischen Europa, von Japan und von Australien stillschweigend akzeptiert worden sind, das heißt von allen führenden Industrieländern, außer Russland und China. Diese Annahme wiederum könnte vermuten lassen, dass es der NATO beim Zündeln gegen Russland weniger um eine Herrschaft über die Rohstoffe geht als um globale Handlungsfreiheit, oder dass hier beides zusammenkommt.
Auch bei aller Skepsis könnte es also sein, dass 9/11 den Ausgangspunkt einer Ultima Ratio setzte, die in diesem Jahrhundert abgearbeitet werden soll, mit dem Ergebnis einer reglementierten Welt, auf der deutlicher weniger Menschen leben würden. Mehr als ein Jahrzehnt nach den Anschlägen in den Vereinigten Straten verdichtet sich damit der Verdacht, dass mit den Anschlägen eine mühsam getarnte Aktion begonnen haben könnte, die von den leitenden Gruppen der Westgesellschaften gemeinsam getragen und vorangetrieben wird. Es bedarf eigentlich keiner weiteren Beweise dafür, sie sind in Mengen vorhanden – und allein die Zahl der Hinweise reicht aus, um diese Annahme zu rechtfertigen. Ein wichtiges Indiz ist eben die auf rätselhafte Weise undurchdringliche Mauer des Schweigens, hinter der sich hunderttausendfach die eisige Akzeptanz verbirgt. Ähnlich entlarvend wirkt, dass die amerikanische Regierung neue Untersuchungen der Anschläge hartnäckig verweigert – sie lässt die vernehmlichen Forderungen danach einfach unkommentiert. Auch im Verhalten der gesamten Leitmedien kommt das chronische Eingeständnis zum Ausdruck, in ein klandestines Elitärwissen eingesponnen zu sein, man spürt es fast unmittelbar, immer wieder. Wenn die Teppichmesser-Schergen von Al-Qaida die Anschläge verübten, dann müsste man nur ihre Täterschaft nachweisen, und alles hätte seine Ordnung.
Eisige Akzeptanz – was ist damit genau gemeint? Ein innerer Offenbarungseid vor sich selbst, das Ergebnis eines schleichenden Vorganges im Denken, der eine moralische Hemmschwelle nach der anderen fallen lässt, bis vermeintliche Unausweichlichkeiten kalt konstatiert werden und Einwände nicht mehr zählen. Jeder der solche Veränderungen der Schwerpunkte in seiner Lebenssicht verortet, der gehört schon zu den Weltrettern oder Weltvergewaltigern im Kopf, der gehört schon zu denen, die ihre eisige Akzeptanz verschweigen, weil sie Angst haben, weil sie auch Angst davor haben, dass ihnen der sich selbst natürlich eingeräumte Status eines zivilisierten Menschen abhanden kommen könnte. Wenn man sich eingehender mit der Frage beschäftigt, warum die USA denn so kriegslüstern sind, warum sie weltweit hunderte Militärstationen betreiben, warum sie immer weiter hochrüsten und warum sie unablässig den Terror zum Weltfeind ausrufen – wenn man sich diese Fragen stellt, dann können die gewöhnlichen Antworten nicht mehr voll überzeugen, wie etwa der militärisch-industrielle Komplex, die Intrigen mafiöser Kapitalisten-Gruppen und eine historisch zusammengewürfelte Nation mit kriegerischer Mentalität… reicht das im 21. Jahrhundert aus als Erklärung für die aggressive Performance der USA? Liegt hier wirklich „nur“ eine bellizistische Tradition vor, die rücksichtslos fortgeführt wird? Zweifel sind angebracht, sie werden zusätzlich dadurch verstärkt, dass die Alliierten der USA fast ausnahmslos und unkritisch bei der US-Politik mitziehen. Kann man diese merkwürdige Kumpanei mit den tückischen Gesetzen des Kapitalismus, mit dominierenden Partialinteressen und mit Machtgier tatsächlich ausreichend begründen? Nein, diese Begründungen reichen nicht aus, es steckt mehr dahinter: der beabsichtigte Griff nach der Herrschaft über die ganze Erde – womit man wieder beim Thema wäre, konkret bei der Spekulation, dass der globale Zugriff als brutaler ordnungspolitischer Eingriff konzipiert ist, den man vor den Menschen geheimhält, weil mit ihm der zivilisatorische Wertekanon praktisch aufgegeben wird.
Die Politik und die Medien bestehen aus Menschen, aus diskreten Personen – was geht in deren Gehirnen vor, wenn sie schweigen, wenn sie explodierende Hochhäuser mit tausenden Opfern für ein monströses Vorhaben aktiv akzeptieren, wenn sie als unbeteiligte Zuschauer willig eine Abfolge von blutigen Kriegen hinnehmen und wenn sie für das Elend von Millionen nicht viel mehr als ein Schulterzucken übrig haben? Sie vollziehen – jeder für sich allein – die Inbesitznahme der Welt. Diese Menschen bemerken nicht, dass sie ihre moralische Integrität für die Anmaßung opfern, diesseitige Erlösungsvorstellungen auf die Wirklichkeit herunter zu brechen. Aber vielleicht ist diese innere Aufgabe der Preis für die Zukunft, vielleicht sind die Gutmenschen naive Verweigerer von Konsequenzen, die unvermeidlich sind. Vielleicht ist die eisige Akzeptanz der Ausweis einer starken Persönlichkeit, die kompromisslos bis zu Ende denkt. Wer so denkt und fühlt, was für ein Mensch ist das? Ein Übermensch im Sinne von Friedrich Nietzsche, dem geistigen Wegbereiter der deutschen Barbarei. Nietzsche führte in „Also sprach Zarathustra“ zwar auch den positiven, kreativen Übermenschen vor, doch krankhaft fasziniert war er von seinen Imaginationen des negativen, des gewalttätigen, des rücksichtslosen Übermenschen, der alles Schwache verachtet. Der Übermensch erklärt Gott für tot, er braucht ihn nicht mehr für seine eigene Großartigkeit. Stärke ohne Gott – spiegelt sich darin die eisige Akzeptanz der Weltregulierer hinter den Schreibtischen? Vielleicht sind solche Fragen abwegig, vielleicht auch nicht… aber ein Mensch ohne Ethos und ohne Gott ist ein Torso.
Gefällt mir:
Gefällt mir Wird geladen...