Computerschach: Die besten Engines der Welt (2)

Das grosse Turnier der Schachprogramme

von Walter Eigenmann

Vor drei Jahren hat der Autor in seinem Schach-Report „Die besten Engines der Welt“ ein Turnier mit 31 der häufigst verwendeten Programme besprochen. Seither hat das Computerschach eine gänzlich neue Entwicklung der Programmierung erlebt: Das KI-Programm Leela-Chess-Zero (Lc0) mit seinen ständig verbesserten Neuronalen Networks. Dieser gegenüber der traditionellen Alpha-Beta-Konzeption der herkömmlichen Engines gänzlich andere Strang der Schachprogrammierung mischt nun an der Spitze kräftig mit. Es war also an der Zeit, auf dem heimischen Ryzen-7 und seinen 16 Cores ein zweites grosses Turnier mit erneut 31 der momentan meistverwendeten Schachmotoren aufzusetzen: „Die besten Engines der Welt – Zwei“.

Bis anhin war ja, wenn’s um die absolute Spitze im Computerschach ging, nur von einem Programm die Rede: Stockfish. Über die Jahre gewachsen und von hunderten eifriger Tester und Anwender getragen, entwickelte sich diese Freeware-Engine zum einsamen Überflieger der Szene, gegen den nicht einmal die beiden kommerziellen Programme Komodo und Houdini eine Chance hatten. Doch dann überfiel im Dezember 2017 das AI-Projekt AlphaZero von DeepMind (by Google) die Schachwelt, und kein Stein blieb mehr auf dem anderen.

Bei Lc0 in die Schule gehen

Schach-Weltmeister Magnus Carlsen und AlphaZero - New in Chess 2019 - Glarean Magazin
Gelehrig in Sachen „Material vs Initiative“: Weltmeister Magnus Carlsen (Cover „New In Chess“ NIC – 2019)

Nicht nur das Computerschach geriet durch AlphaZero bzw. nun durch seinen würdigen (und v.a. kostenlosen) Nachfolger Lc0 in Aufruhr, auch die internationale Grossmeister-Szene bis hinauf zu WM Magnus Carlsen blickte gebannt auf diese Forschung, deren Produkte so ganz anders und zugleich höllisch stark Schach spielten. Und so nebenbei ein paar eröffnungstheoretische und mittelspielstrategische Glaubenssätze erfolgreich in Frage stellten.
Mittlerweile gibt sogar die oberste Etage der GM-Gilde unverhohlen zu, bei Lc0 in die Schule zu gehen. Beispielsweise Weltmeister Carlsen, über den es in der August-2019-Ausgabe der renommierten Zeitschrift „New in Chess“ heisst: „Magnus’ play is like that in the original ten AlphaZero games, with the initiative being a more important factor than the number of pawns“.

Das AI-Schach als „Game Changer“

Natasha Regan - Chess Author Game Changer - Glarean Magazin
Co-Autorin von „Game Changer“: Die Mathematikerin Natasha Regan

Feiert also die „romantische Ära“ des Opfer-Schachs von Paul Morphy bis Michael Tal ein Comeback infolge der Initialzündung Lc0? Einfach mit dem Unterschied, dass Leela’s taktischen, positionellen und strategischen Opfer immer korrekt sind?
Fest steht jedenfalls, dass das KI-Programm bzw. seine autodidaktisch generierten Netzwerke bereits einen schon jetzt spürbaren Einfluss auf das Welt-Schach der Top-50-Spieler ausübt. In ihrem Buch „Game Changer – AlphaZero’s Groundbreaking Chess Strategies and the Promise of AI“ erläutern Grossmeister Mathew Sadler und die Mathematikerin Natasha Regan ausführlich, welche Implikationen dieses neue AI-Schach für die moderne Spielweise im internationalen Turnierschach beinhaltet.

Ein neuer Star am Engine-Himmel

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Und was setzen die „Traditionalisten“ dieser geballten neuronalen Wucht entgegen? Sie bessern Stockfish & Co. immer noch mehr nach, versuchen dessen Schwächen auszumerzen, ohne seine Stärken zu mindern, was in der Alpha-Beta-Welt eine Herausforderung darstellt. Im Moment scheint Stockfish zu stagnieren. Doch das diagnostizierte man schon in früheren Entwicklungsperioden, nur um dann wieder überrascht zu beobachten, dass der Fisch erneut 50 Comp-Elo zugelegt und die Konkurrenten im Teich einen nach dem anderen weggebissen hatte.

Neuerdings wird allerdings die Alleinherrschaft von Stockfish nicht nur von LeelaChessZero, sondern unmissverständlich von einem Mitglied des eigenen Clans in Frage gestellt. Das Stockfish-Derivat Eman des Programmierers Omar Khalid aus den Vereinigten Arabischen Emiraten trumpft nämlich gerade ganz gross auf im internationalen Engine-Zirkus.
Wer dieses Programm beim Spielen beobachtet, der stellt sofort fest: Die Engine hat einen enormen Speed am Leib. Sie geht so rasant in die Tiefe, dass sogar dem Allesrechner Stockfish der Atem stockt. Auf meinem Rechner hat es jedenfalls aktuell keinen Gegner, die taktische Power dieses Emporkömmlings ist fulminant. Untersuchen wir also diesen Eman aus Arabien etwas näher…


Exkurs: EMAN von Khalid Omar

Wer ist Khalid Omar?

Khalid Omar - Chess Engine Programmer Eman - Glarean Magazin
Bastelte aus Stockfish die Turbo-Engine des Jahres: Eman-Programmierer Khalid Omar (geb. 1977)

Khalid Omar, der Programmierer der Schach-Engine Eman, die aus dem Open-Source-Programm Stockfish hervorgegangen ist, wurde 1977 in Kuweit geboren und schloss 2000 sein Studium als Elektro-Ingenieur an der Jordan University of Science & Technology ab. Seitdem arbeitet er in den Vereinigten Arabischen Emiraten als Chief Technology Officer eines internationalen IT-Unternehmens. Khalid Omar ist verheiratet und Vater von vier Töchtern.

„Mein dominierendes Hobby ist das Schachspiel, und ich bin aktiv auf mehreren Online-Plattformen wie z.B. lichess.org oder chess.com unterwegs“, verriet der 42-jährige IT-Experte dem Glarean Magazin. Nur um gleich zu schmunzeln: „Meine Online-Schachwertung liegt irgendwo bei 1800 Elo, ich programmiere Schach also weit besser als ich es spiele…“

Nicht bei Null angefangen…

Mit der Generierung seiner Überflieger-Engine Eman begann er vor zweieinhalb Jahren, wobei er (wie die meisten heutigen Schachprogrammierer…) nicht mehr bei Null anfangen musste, sondern die Open-Source-Engine Stockfish hernahm und daran herumzuschrauben begann. Omar’s Herumschrauben erwies sich allerdings als sehr viel erfolgreicher als das anderer Stockfish-„Kloner“: Seit seinen 5.0-Versionen zählt Eman zu den Top-Drei neben Lc0 und Stockfish.

Schach-Programmierung - Chess Engine - Eman-Konfiguration - Walter Eigenmann - Glarean Magazin
Das Konfigurations-Menü von Eman 5.6 offeriert dem Anwender eine Fülle von Einstellungen. Wer diese Defaults geschickt manipuliert, holt aus der Engine gut und gerne nochmals 20-30 Elo’s heraus…

Dass Eman aber nicht einfach nur ein überdurchschnittlich erfolgreicher Aufguss von SF ist, sondern mittlerweile als quasi eigenständiges Engine-Produkt be- und geachtet werden sollte, davon ist sein Schöpfer überzeugt: „Heute ist Eman nicht mehr zu vergleichen mit Stockfish“, meint Omar. „Meine vielen Änderungen beeinflussten fast jeden Aspekt des ursprünglichen Stockfish vom Zeitmanagement bis zur Thread-Synchronisation. Und das betrifft nicht nur den Alpha-Beta-Algorithmus, sondern ebenso den Bewertungsteil, der das Rückgrat jeder guten Schach-Engine ist“.

„Eman ist jetzt ein ganz anderes Programm“

Danach gefragt, was genau denn die vielen Features sind, die Eman als Mehrwert gegenüber Stockfish aufweist, beginnt Omar selbstbewusst aufzuzählen:

  • Full Analyse – Dank dieser Funktion behandelt Eman alle Züge bis zu einer bestimmten konfigurierbaren Tiefe als Hauptvariationszüge. Das erlaube es der Engine, eine umfassendere Suche in sehr grosse Tiefen durchzuführen, ohne viel Zeit zu verlieren.
  • Experience – Eman erinnert sich an die Züge, die es gemacht hat, und erinnert sich auch an die Züge des Gegners. All diese Daten werden in einer „Erfahrungsdatei“ gespeichert, um später verwendet zu werden, wenn die gleiche Stellung wieder angetroffen wird. Diese Erfahrungsdaten können optional als Buch verwendet werden, damit die Maschine ohne Nachdenken aus den Erfahrungsdaten spielen kann.
  • Coherence Evaluation – Vereinfacht formuliert versucht Eman mit dieser „Kohärenzbewertung“, zwischen Stellungen mit gleichem Score zu unterscheiden. Originalton Omar: „For instance, in Stockfish and other engines, the final score is the sum of all the individual evaluations such as Material, King Safety, Mobility, Passed Pawns, etc. With this logic, it is possible to have two equivalent scores with very different king safety values! Eman tries to compensate for this by looking at the evaluation parts individually and then calculating the Coherence value which indicates how healthy are the evaluation parts. The Coherence value is then added to the final evaluation seen by the Alpha-Beta algorithm“.
  • NUMA Awareness – Eman nützt die modernen High-End-NMUA-CPU’s bestmöglich aus, indem die Aware Systems implentiert wurden, welche dem Motor noch mehr Geschwindigkeit bei der Suche verleihen soll.
  • Search logic – Eman wurde eine verbesserte Suchlogik implentiert, wodurch das Programm aggressiver und dynamischer als Stockfish agiert.

Geheimnisvolle Qualität aus dem Orient…

Eman Chess Engine - Top-Shot f6-f5 - Glarean Magazin
Eman-Spezialität Freibauer: Mit den kraftvollen schwarzen Bauernvorstössen f6-f5-f4 und e4-e3 setzt Eman 5.5 den weissen (Komodo 13.3) unter Druck ( FEN-String: 1b2r3/1p3qk1/5pp1/1r1Pp2p/pNNnQ2P/P1R3P1/1P3PK1/3R4 b )

Programmierer Omar könnte, wie er gegenüber dem Glarean Magazin durchblicken lässt, noch mehr aus seiner Eman-Werkstatt berichten. Aber wie viele andere Schachprogrammierer, seien sie nun auf der Open-Source- oder der kommerziellen Schiene unterwegs, will er nicht alle seine Geheimnisse preisgeben. „Feind hört mit“, wie das in früheren Zeiten hiess…
Nun, solange diese Engine kostenlos – übrigens nur direkt/persönlich beim Autor abzuholen – erhältlich ist, wird die internationale Anwenderschaft solche Geschenke wie Eman dankend entgegen nehmen, ohne sich besonders lange bei irgend welchen Streitpunkten in Sachen GPU-Lizenzen aufzuhalten…

Bald die neue Nummer Eins?

Eines steht jedenfalls fest: In den letzten Wochen und Monaten häuften sich die Versionen des hochinteressanten Stockfish-Ablegers Eman – jeweils immer mit merkbarem Spielstärke-Zuwachs. Demgegenüber verzeichnet weder das Stockfish- noch das Lc0-Lager in letzter Zeit Fortschritte, über die zu reden sich lohnte…
Man darf also gespannt sein, ob sich dieser Freeware-Motor aus Arabien auch in Zukunft so rasant weiter entwickelt wie bisher. Sollte sich Eman noch länger so erfolgreich abnabeln vom grossen Übervater Stockfish, werden wir möglicherweise bald mit einer neuen Nummer Eins unsere Vereins- und Fernschach-Partien analysieren können… ♦


An der Spitze wird’s immer enger

Noch hauchdünn die Nummer Eins des Computerschachs, aber eng attackiert von LeelaChessZero und Eman: Die Freeware-Engine Stockfish
Noch hauchdünn die Nummer Eins des Computerschachs, aber eng attackiert von LeelaChessZero und Eman: Die Freeware-Schach-Engine Stockfish

Das internationale Engine-Karrusell dreht sich aktuell etwas langsamer als auch schon. Was nicht verwundert: Die Programme – zumal jene auf der Alpha-Beta-Programmierschiene – machen einen irgendwie ausgereizten Eindruck, weil sie inzwischen auf einem extrem hohen Niveau Schach spielen, das fulminante Qualitätssprünge nicht mehr zulässt.
Beim Original-Stockfish werden die Intervalle, die deutliche Elo-Fortschritte zeigen, immer länger. Die SF-Derivate holen zwar auf, bleiben aber stets leicht hinter ihrem Ziehvater. Auch auf der KI-Schiene sind in letzter Zeit die euphorisch stimmenden Schübe der Neuronal Networks ausgeblieben.

Zwei Überraschungen: Fritz und Eman

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Erfreulich ist immerhin, dass sich Chessbase-„Fritz“ (nach Jahren der Stagnation) in Form einer neuen NN-Engine namens Fat Fritz wieder eindrücklich zurückgemeldet hat in die Top-Five-Liga. Zwar ist Fat Fritz ein Lc0-Ableger, wie Eman ein Stockfish-Ableger ist, doch beide sind offenbar kräftig dabei sich schachlich zu emanzipieren. Die NN-Engine Fritz Fat liegt aktuell in der Version 1.1 vor und ist eine kostenlose Beigabe des jüngsten Chessbase-Gesamtpaketes Fritz 17.

Top-Leistungen trotz knapper Bedenkzeit

Die nachstehende Rangliste wurde generiert von 31 alten und neuesten Engines nach 930 Partien, doppelrundig ausgespielt während Tagen auf einem AMD-Ryzen7 mit einer Bedenkzeit pro Engine von 2 Min + 2 Sec-Inkrement. Die NN-Programme liefen mit 1 Thread auf einer flotten RTX-2080-GPU, im Gegenzuge erhielten die Alpha-Beta’s alle verfügbaren 16 Threads.

20 Halbzüge in 2 Sekunden

Wen die scheinbar kurze Bedenkzeit von 2/2 irritiert: Mit modernen Prozessoren auf modernen Mainboards spielen moderne Programme inzwischen ein so unglaublich spektakuläres und gleichzeitig präzises Schach, dass man sich über die Qualität der Partien keinerlei Sorgen machen muss. Die selektivsten Programme rechnen teilweise in wenigen Sekunden fast 30 Halbzüge tief!

Ein Beweis dafür sind die untenstehenden TopShots, die alle aus diesem Blitz-Turnier stammen. Darunter finden sich Knacknüsse, die für Schachprogramme aus der zweiten Liga – dazu gehören z.B. einst so gefeierte Engines wie Rybka, Shredder, Fritz oder Critter – ein Buch mit sieben Siegeln sind… ♦

Download aller Dateien

Rangliste mit 31 neuen und alten Engines

Die besten Schach-Programme der Welt - Best Engines - Tournament 2020 - Glarean Magazin
AMD-Ryzen7-2700x 3,7 GHz • 16 CPU 1024 MB Hash • Fritz 17-64bit • 2m+2s/Engine • 5-moves-Book • 5-men-Szyzygy/TB – GPU RTX 2080 (Chimera 2 = Brainfish&Lc0&Stockfish)

10 Top-10-Top-Shots

(Mausklick auf Zug oder Variante öffnet ein Analyse-Fenster)

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FEN-String: rnb1nrk1/pp3ppp/1q2p3/3pN1P1/P1pP1B2/b1P1P3/3N1P1P/1BRQK2R w K

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FEN-String: rn1q1rk1/3b2pp/1n2pp2/1p6/p1pPP3/2P2NP1/2QB1PBP/RR4K1 w

FEN-String: r7/1p1k1ppp/3n4/p2Pp3/6P1/4P3/PP2B2P/2R3K1 b

FEN-String: r2qr1k1/1b2bppp/ppn2n2/3pN3/N2p1P2/3BP3/PP1B2PP/2RQ1RK1 b


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Weitere interessante Internet-Links zum Schach-Apps und -Engines:


English Translation

The great tournament of chess programs

by Walter Eigenmann

Three years ago in his chess report „The best engines in the world“ the author discussed a tournament with 31 of the most frequently used programs. Since then computer chess has experienced a completely new development in programming: the AI program Leela-Chess-Zero (Lc0) with its constantly improved neural networks. This completely different strand of chess programming compared to the traditional alpha-beta conception of the conventional engines is now at the top. So it was time to set up a second big tournament on the home Ryzen-7 and its 16 cores with again 31 of the currently most used chess engines: „The best engines in the world – two“.

Until now, when it came to the absolute top in computer chess, there was only one program: Stockfish. Grown over the years and supported by hundreds of eager testers and users this freeware engine developed into the lonely high-flyer of the scene against which not even the two commercial programs Komodo and Houdini had a chance. But then the AI project AlphaZero from DeepMind (by Google) invaded the chess world in December 2017, and no stone was left unturned.

Going to school with Lc0

Not only computer chess got into an uproar by AlphaZero and now by its worthy (and above all free) successor Lc0, but also the international grandmaster scene up to WM Magnus Carlsen looked spellbound at this research, whose products played chess in a completely different and at the same time hellishly strong way. And thus, by the way, successfully challenged a few opening theory and middlegame strategy beliefs.
Meanwhile even the highest level of the GM guild openly admits to go to school at Lc0. For example world champion Carlsen, about whom the August 2010 issue of the renowned magazine „New in Chess“ says: „Magnus‘ play is like that in the original ten AlphaZero games, with the initiative being a more important factor than the number of pawns“.

AI Chess as „Game Changer“

So does the „romantic era“ of victim chess from Paul Morphy to Michael Tal celebrate a comeback as a result of the initial ignition Lc0? Simply with the difference that Leela’s tactical, positional and strategic sacrifices are always correct?
In any case it is certain that the AI program or its autodidactically generated networks already have a noticeable influence on the world chess of the top 50 players. In their book „Game Changer – AlphaZero’s Groundbreaking Chess Strategies and the Promise of AI“ Grand Master Mathew Sadler and the mathematician Natasha Regan explain in detail which implications this new AI-chess has for the modern way of playing in international tournament chess.

A new star in the engine sky

And what do the „traditionalists“ counter this concentrated neuronal force? They keep improving Stockfish & Co., trying to eliminate its weaknesses without diminishing its strengths, which is a challenge in the Alpha-Beta world. At the moment Stockfish seems to stagnate. However, this was diagnosed in earlier developmental periods, only to find that the fish had once again gained 50 Comp-Elo and bit off the competitors in the pond one by one.

Recently, however, the sole rule of Stockfish has not only been questioned by LeelaChessZero, but unmistakably by a member of her own clan. The Stockfish-derivative Eman of the programmer Omar Khalid from the United Arab Emirates is currently making a big splash in the international engine circus.
Anyone who watches this program play will immediately notice that the engine has enormous speed. It goes so fast and deep that even the all-purpose computer Stockfish is breathless. On my computer there is currently no opponent, the tactical power of this upstart is brilliant. So let’s examine this eman from Arabia a little closer…


Excursus: EMAN by Khalid Omar

Who is Khalid Omar?

Khalid Omar, the programmer of the chess engine Eman, which emerged from the open source program Stockfish, was born in Kuwait in 1977 and graduated in 2000 as electrical engineer from Jordan University of Science & Technology. Since then he has been working in the United Arab Emirates as Chief Technology Officer of an international IT company. Khalid Omar is married and has four daughters.

„My dominant hobby is chess, and I am active on several online platforms such as lichess.org or chess.com,“ the 42-year-old IT expert told Glarean Magazin. Just to smile right away: „My online chess rating is somewhere around 1800 Elo, so I program chess much better than I play it…“

Not starting from scratch…

He started to generate his high-flyer engine Eman two and a half years ago, whereby he (like most of today’s chess programmers…) did not have to start from scratch, but took the open source engine Stockfish and started to tinker with it. However, Omar’s tinkering turned out to be much more successful than that of other Stockfish „cloners“: Since his 5.0 versions, Eman is among the top three besides Lc0 and Stockfish.

But his creator is convinced that Eman is not just an above-averagely successful infusion of SF, but should be considered and respected as a quasi independent engine product: „Today, Eman can no longer be compared to Stockfish,“ says Omar. „My many changes influenced almost every aspect of the original Stockfish from time management to thread synchronization. And that doesn’t just apply to the alpha-beta algorithm, but also to the evaluation part, which is the backbone of any good chess engine“.

„Eman is now a completely different program“

Asked what exactly are the many features that Eman has as added value compared to Stockfish, Omar confidently starts to enumerate them:

Full Analysis – Thanks to this feature Eman treats all moves up to a certain configurable depth as main variation moves. This allows the engine to perform a more comprehensive search in very large depths without wasting much time.

Experience – Eman remembers the moves it has made and also remembers the moves of the opponent. All this data is stored in an „experience file“ to be used later when the same position is encountered again. This experience data can optionally be used as a book, so that the machine can play without thinking from the experience data.

Coherence Evaluation – Put simply, with this „coherence evaluation“ Eman tries to distinguish between positions with the same score. Original sound Omar: „For instance, in Stockfish and other engines, the final score is the sum of all the individual evaluations such as Material, King Safety, Mobility, Passed Pawns, etc. With this logic, it is possible to have two equivalent scores with very different king safety values! Eman tries to compensate for this by looking at the evaluation parts individually and then calculating the Coherence value which indicates how healthy are the evaluation parts. The Coherence value is then added to the final evaluation seen by the Alpha-Beta algorithm“.

NUMA Awareness – Eman makes the best possible use of modern high-end NUMA CPUs by implementing Aware Systems, which are designed to give the engine even more search speed.

Search logic – Eman has implemented an improved search logic, making the program more aggressive and dynamic than Stockfish.

Mysterious quality from the Orient…

Programmer Omar could tell us even more about his Eman workshop, as he lets us know from the Glarean MagazinE. But like many other chess programmers, be they on the open source or commercial track, he does not want to reveal all his secrets. „Enemy is listening“ as it was called in former times…
Well, as long as this engine is available free of charge – by the way only to be picked up directly/personally from the author – the international user community will gratefully accept such gifts as Eman without spending a lot of time on any controversial issues concerning GPU licenses

Soon the new number one?

One thing is for sure: In the last weeks and months, the versions of the highly interesting Stockfish spin-off Eman have been accumulating – always with a noticeable increase in playing strength. On the other hand, neither the Stockfish nor the Lc0 camp has made any progress lately that is worth talking about…
So you can be curious whether this freeware engine from Arabia will continue to develop as rapidly as it has done so far. If Eman should cut the cord of the great over-father Stockfish for a longer period of time, we might soon be able to analyze our club and correspondence chess games with a new number one… ♦


Engine Tournaments: It’s getting tighter at the top

The international engine carousel is currently spinning a bit slower than it already is. Which is not surprising: The programs – especially those on the alpha-beta programming rail – make a somewhat exhausted impression, because they play chess at an extremely high level that no longer allows for brilliant quality leaps.
With the original Stockfish, the intervals, which show clear Elo progress, become longer and longer. The SF derivatives are catching up, but always stay slightly behind their foster-father. On the AI track, too, the euphoric thrusts of the Neuronal Networks have recently failed to materialize.

Two surprises: Fritz and Eman

At least it is pleasing that Chessbase-„Fritz“ (after years of stagnation) has made an impressive return to the top five league in the form of a new NN engine called Fat Fritz. Although Fat Fritz is a Lc0 offshoot, like Eman is a Stockfish offshoot, both are obviously strongly in the process of emancipating themselves chess-wise. The NN-engine Fritz Fat is currently available in version 1.1 and is a free addition to the latest Chessbase-package Fritz 17.

Top performances despite short time for consideration

The ranking above was generated by 31 old and newest engines after 930 games, played double round during days on an AMD Ryzen7 with a time per engine of 2 min + 2 sec increment. The NN programs ran with 1 thread on a fast RTX-2080-GPU, in return the alpha-beta’s got all 16 available threads.

20 half moves in 2 seconds

Who is irritated by the apparently short time for consideration of 2/2: With modern processors on modern mainboards, modern programs now play such an incredibly spectacular and at the same time precise chess that you don’t have to worry about the quality of the games. The most selective programs sometimes calculate almost 30 half moves in a few seconds!

Proof of this are the 10 TopShots above, which all originate from this Blitz tournament. Among them there are cracking nuts which are a book with seven seals for chess programs from the second league – this includes e.g. once so celebrated engines like Rybka, Shredder, Fritz or Critter… ♦

Computerschach: NN- und AB-Programme noch gleichauf

Klare Überlegenheit nicht in Sicht

von Walter Eigenmann

Der Hauptzweck der modernen Schachprogrammierung für die Anwender ist die Analyse von (eigenen oder fremden) Partien. Demgegenüber sind Turnier-Statistiken oder KI-Forschung nur „Abfallprodukte“.
Aber von Zeit zu Zeit ist es aufschlussreich, die aktuellen Engines nicht nur zum Analysieren einzusetzen, sondern sie auch mal unter- bzw. gegeneinander zu testen. Haben sich die vielgerühmten neuen NN-Engines mittlerweile vor der AB-Programmierung an die Spitze setzen können? Ein neues Engine-Turnier, ausgetragen auf einem heimischen AMD-Ryzen7-2700X zeigt eine nach wie vor unscharfe Momentaufnahme. Das Fazit gleich vorweggenommen: NN- und AB-Programme sind noch gleichauf.

Modernen Engines beim Spielen zuzusehen erinnert zuweilen an die eigenen Anfänger-Zeiten, als Taktik und Strategie noch ein (Schach-)Buch mit (mindestens) sieben Siegeln waren. Schnell, präzis, komplex, tödlich – die Programme knallen in Millisekunden so ausgefeilte Züge auf das virtuelle Brett, die noch vor 15 Jahren jedem Profi-Kommentator ein Heer von Doppelten Ausrufezeichen entlockt hätten. Wenn er sie denn überhaupt in ihrer ganzen Tiefe kapierte…

30 Halbzüge in einigen Sekunden

Schach-Report NN vs AB Engines - Springer-Umgruppierungen - Schachturniere - Glarean MagazinDenn man vergegenwärtige sich, dass bereits bei einer Bedenkzeit für die ganze Partie von nur vier Minuten diese Silikon-Monster auf flotten PC’s im Durchschnitt bis zu 30 Halbzüge weit (!) pro Zug vorausrechnen können. Und dies mit so raffinierten Algorithmen der Evaluierung und Bewertung, dass sie taktisch sogar bei diesem rasanten Spiel-Tempo kaum je Fehler machen. Zumindest keine, die ein Mensch ohne analytische Zuhilfenahme von eben diesen Programmen erkennen könnte…

Wen wundert’s also, dass heutzutage das häufigste Resultat zwischen Schach-Engines das Remis ist – ungeachtet irgendwelcher ausgeklügelter Opening-Books, welche diese mittlerweile extrem hohe Remis-Rate im Engine-Turnierbetrieb etwas senken sollen, aber nicht massgeblich können. (Vergl. hierzu auch eigene Turnier-Tests zum Thema Eröffnungsbücher).

Kopf-an-Kopf-Rennen

Die nachfolgende Rangliste wurde generiert von 17 der aktuell stärksten Programme in einem doppelrundigen Turnier. Und die Tabelle zeigt ein Bild, wie es momentan bei vielen Engine-Turnieren in der Computerschach-Szene anzutreffen ist: Die KI-Engine LeelaChess-Zero mit ihren Networks und die Alpha-Beta-Programme (hier vertreten durch SugarR & Brainfish) mit ihren ausgeklügelten Schachalgorithmen liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen bei zahllosen Unentschieden:

Schach-Rangliste Schlusstabelle Engine-Turnier 4+2 AMD-Ryzen7-Glarean Magazin
Hardware: AMD Ryzen7 2700X 3,7 GHz • 1024 Mb Hash • 8Cores/16Threads • GPU RTX2080 Software: GUI Fritz 17 • 4min & 2sec Bedenkzeit pro Engine • 5-Moves-Opening-Book • 5-men-Syzygy-Tablebases

Unbezwingbare Leela (Lc0)

Das NN-Programm Lc0 25.0 mit dem Neuronalen Netz „t60-3010“ erwies sich in dieser Ausmarchung als unschlagbar: Es verlor keine einzige seiner 32 Partien und gewann immerhin deren 10 – eine beeindruckende Leistung, wenn man das extrem starke Gegnerfeld sieht. Mit 12 Siegen als das aggressivste Network erwies sich hier das „t40-1541“ mit Lc0 23.2. Überraschend weiters die noch vor dem einstigen Weltmeister Komodo rangierende neue Chessbase-NN-Engine Fat Fritz.
Insgesamt kann bei den Top-Ten dieses Rankings allerdings nicht von einem Sieger geredet werden, ein Punkt mehr oder weniger entschied über mehrere Ränge vor oder zurück, und zwischen dem erst- und dem zehntplatzierten Programm liegen gerade mal 4 Punkte. (Dass das Turnier keinerlei statistische Aussagekraft beansprucht, muss nicht extra betont werden. En masse „Partien auf Halde“ zu Statistik-Zwecken werden auf Engine-Portalen wie z.B. CCRL produziert.)

Lavieren wie Nimzowitsch

Bahnbrechende Untersuchung zur Schach-Strategie: "Mein System" von Aaron Nimzowitsch
Bahnbrechende Untersuchung zur Schach-Strategie: „Mein System“ von Aaron Nimzowitsch

Wer die knapp 300 Partien analytisch untersucht im Hinblick auf NN-spezifisches Schachverhalten, der wird in verschiedener Hinsicht fündig. Insbesondere fallen diverse positionelle Aspekte der KI-Spielführung ins Auge; einige grundsätzliche Überlegungen zu LeelaChessZero finden sich hier: Künstliche Schach-Intelligenz – Als Autodidakt zur Weltspitze.
Bezüglich des hier fraglichen Engine-Turnieres sei exemplarisch ein spezifisch „strategisches Motiv“ herausgegriffen: Die Umgruppierung. Bereits Nimzowitsch hatte ja – in seinem bahnbrechenden Strategie-Buch „Mein System“ – das Figuren-Umgruppieren als zentralen Bestandteil seines neu eingeführten Schach-Begriff des Lavierens definiert, und mit LeelaChess scheint dieses Stratagem fröhliche Urständ zu feiern. Wohlgemerkt ohne menschliches Zutun…

Virtuose Handhabung des Springers

Computerschach und Springer-Manöver - Leela Chess Zero - Report Glarean Magazin
Der Springer und das PC-Mainboard: Symbiose in Gestalt von Leela Chess Zero

Die Engine Lc0 (bzw. ihre Neuronalen Netze) ist eine grandiose Meisterin im dynamischen Umdisponieren von unvorteilhaft platzierten Figuren hin zur aktiveren Positionierung. In weit höherem Masse als ihre Alpha-Beta-Kolleginnen trachtet Leela nach permanenter Optimierung ihrer Figurenstellungen. Besonders virtuos geht das NN-Programm mit seinen Springern um.

Nachfolgend vier Beispiele dafür, wie geschickt und effizient die Springer-Überführungen auf stärkere Felder vorgenommen werden – sogar noch dann, wenn die taktischen Komplikationen auf dem Brett eigentlich keineswegs eine traditionelle „Ruhesuche“ erlauben:

FEN-String: r2q1rk1/1b2bppp/4pn2/1p1p4/p1pP1B2/PnP1PN1P/1PBNQPP1/3RR1K1 w

FEN-String: r1b1q1k1/1p1p1ppp/1bpPn1n1/p3rB2/7P/PPN3P1/1BPQN3/R3KR2 w Q

FEN-String: 3qkb1r/1r3pp1/1nn1p2p/p2pP2P/1ppP4/1PP2NR1/P2BNPP1/1R1Q2K1 w k

FEN-String: 1b1r3k/ppnqn1p1/4br1p/3p1p2/3Pp3/BPN1PPPB/P1RNQ2P/5RK1 b

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Lesen Sie im Glarean Magazin zum Thema Schachturniere auch über das Super-Schach aus China: Das GM-Turnier in Danzhou

… sowie den Report: Ju Wenjun ist die neue Schach-Weltmeisterin

ausserdem zum Thema Computerschach: Das Duell der Engine-Giganten

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English Translation (NN vs AB)

Clear superiority not in sight

by Walter Eigenmann

The main purpose of modern chess programming for the users is the analysis of (own or foreign) games. In contrast, tournament statistics or AI research are only „waste products“. But from time to time it is instructive not only to use the current engines for analysis, but also to test them among or against each other. Have the much-praised new NN engines meanwhile been able to take the lead before AB programming? A new engine tournament, held on a domestic AMD Ryzen7-2700X, still shows a blurred snapshot. The conclusion immediately anticipated: NN and AB programs are still equally strong.

Watching modern engines at play sometimes reminds one of one’s own beginner times, when tactics and strategy were still a (chess) book with (at least) seven seals. Fast, precise, complex, deadly – in milliseconds the programs slam such sophisticated moves onto the virtual board that 15 years ago any professional commentator would have been able to elicit an army of double exclamation marks. If he even understood them in all their depth…

30 half moves in a few seconds

Just think, if you consider that the whole game takes only four minutes, these silicon monsters can calculate up to 30 half moves per move on average on fast PCs. And this with such sophisticated algorithms of evaluation and scoring that they hardly ever make mistakes tactically, even at this rapid game tempo. At least none that a human being could recognize without the analytical help of these programs…

So it’s not surprising that nowadays the most common result between chess engines is a draw – regardless of any sophisticated opening books which are supposed to reduce the meanwhile extremely high draw rate in engine tournament mode a bit, but cannot do so significantly. (Cf. also own tournament tests on the subject of opening books).

Neck-and-neck race

The following ranking was generated by 17 of the currently strongest programs in a double round tournament. And the table shows a picture as it is currently to be found in many engine tournaments in the computer chess scene: The AI-Engine LeelaChess-Zero with its networks and the Alpha-Beta-Programs (here represented by SugarR & Brainfish) with their sophisticated chess algorithms are fighting a neck-and-neck race in countless draws:

Schach-Rangliste Schlusstabelle Engine-Turnier 4+2 AMD-Ryzen7-Glarean Magazin

Hardware: AMD Ryzen7 2700X 3.7 GHz – 1024 Mb Hash – 8Cores/16Threads – GPU RTX2080 Software: GUI Fritz 17 – 4min & 2sec reflection time per engine – 5-Moves-Opening-Book – 5-men-Syzygy-Tablebases

Indomitable Leela (Lc0)

The NN program Lc0 25.0 with the neural network „t60-3010“ proved to be unbeatable in this selection: It didn’t lose a single one of its 32 games and won 10 of them – an impressive performance considering the extremely strong opponent field. With 12 wins, the most aggressive network proved to be the „t40-1541“ with Lc0 23.2, and surprisingly, the new Chessbase-NN engine Fat Fritz, which is still ahead of the former World Champion Komodo.
All in all, however, there can be no talk of a winner in the top ten of this ranking, one point more or less decided several ranks forward or backward, and there are only 4 points between the first and tenth-placed program. (The fact that the tournament does not claim any statistical significance need not be emphasized. En masse „games on stockpile“ for statistical purposes are produced on engine portals such as CCRL)

Lavieren like Nimzowitsch

Whoever analytically examines the almost 300 games with regard to NN-specific chess behaviour will find something in various respects. Especially various positional aspects of AI chess play catch the eye.
Regarding the engine tournament in question here a specific „strategic motive“ is taken as an example: The regrouping. Nimzowitsch had already defined – in his groundbreaking strategy book „My System“ – the regrouping of pieces as a central component of his newly introduced chess concept of manoeuvring, and with LeelaChess this stratagem seems to celebrate its joyful beginnings. Mind you, without any human intervention…

Virtuoso handling of the knight

The engine Lc0 (or rather its neural networks) is a grandiose master in dynamically repositioning unfavorably placed figures towards more active positioning. To a far greater extent than her alpha-beta colleagues, Leela strives for permanent optimization of her figure positions. The NN program is particularly virtuoso with its knights.

Below are four examples of how skilfully and efficiently the knights are transferred to stronger squares – even when the tactical complications on the board do not allow for a traditional „Quiescence search„: —> (See the games above)

Schach-Gedicht: Die Schlacht von Tilburg (Stefan Walter)

Die Schlacht von Tilburg

Stefan Walter

 

Schach-Karikatur von Theo Zasche - Generalfeldmarschall Hindenburg bietet den Feinden Deutschlands Schach
Karikatur von Theo Zasche: „Schach! Schach!“ (Polit-Schlacht auf dem Brett…)

Die harte Schlacht wogt lang schon hin und her.
Der Brite scheint die Oberhand zu haben,
das schwarze Heer liegt still im Schützengraben –
die Defensive hält, da geht nichts mehr.

Der König schläft gemütlich im Palast.
Der Krieg, die Schlacht, das Sterben, sie sind weit.
Was kümmert den Monarchen wohl das Leid?
Es sind ja nur Soldaten, keine Hast.

Dann dringen doch die Rufe an sein Ohr:
„Oh grosser König, rette uns, wir hungern,
lass uns nicht länger in der Fremde lungern.“
Und er erwacht und schwingt sich schnell empor.

Er bricht auf!
Zu Fuss! Ohne Pferde! Ohne Garde!
Er marschiert!
Und marschiert! Und marschiert! Und marschiert!
Und kein Feind –
nicht Streitross, nicht Wachturm, nicht Bauer –
hält ihn auf.

Nach langem Marsch steht er vor seinem Ziel.
Dem dunklen König sieht er in die Augen.
„Du weisst, ein Fluchtversuch wird nichts mehr taugen,
und zur Verteidigung hast Du nicht viel.“

Es dauert etwas, bis der Feind kapiert,
und endlich aufgibt. Friede allen Ländern!
Die Welt wird diese Wanderung verändern.
Sie hat auch mich – wie viele – inspiriert.


Stefan Walter

Autor Stefan Walter - Schach-Gedicht - Lyrik und Kurzprosa - Glarean MagazinGeb. 1978, Autor von Lyrik und Kurzprosa, passionierter Schachspieler, lebt mit seiner Familie als Rechtsanwalt in Neuburg/D

FEN-String vor 31. Kh2:
4rrk1/1bpR1p2/1pq1pQp1/p3P2p/P1PR3P/5N2/2P2PP1/6K1 w – – 0 31

Mausklick in Partiezug oder Variante öffnet ein Analysefenster mit Download-Option (PGN-Datei)

Lesen Sie im Glarean Magazin ausserdem zum Thema Schach und Literatur über den Schach-Roman von Viola Sanden: Playground Chess

… sowie über den Roman von Ariel Magnus: Die Schachspieler von Buenos Aires

Andrew Soltis / David Smerdon: Schwindeln im Schach

Das Maximum aus verlorenen Stellungen holen

von Thomas Binder

Man muss im Schach nicht immer den besten Zug finden. In objektiv verlorenen Stellungen hilft oft nur jener Zug, der den Gegner vor eine schwierige Wahl stellt oder die Gestalt der Partie in unerwarteter Weise wendet. Doch wie geht erfolgreiches Schwindeln im Schach? Die beiden Autoren Andrew Soltis in „How To Swindle In Chess“ und David Smerdon in „The Complete Chess Swindler“ zeigen es uns auf unterhaltsame und lehrreiche Weise.

Der Zufall will es, dass kurz nacheinander zwei renommierte Verlage und ebenso bewährte Autoren Bücher mit nahezu identischem Ansatz herausgebracht haben. Die Grossmeister Andrew Soltis aus den USA und David Smerdon aus Australien widmen sich dem Thema „Schwindeln im Schach“. Normalerweise bietet sich jetzt ein Vergleichstest mit einer Kaufempfehlung an, doch hier ergibt sich ein „totes Rennen“. Denn vorweggenommen: Ich habe beide Bücher mit grossem Vergnügen gelesen und kann sie uneingeschränkt empfehlen. Das verwendete Partiematerial überschneidet sich nur geringfügig, beide Werke ergänzen sich also hervorragend.

Chancen für schwere Fehler bieten

Anzeige Amazon: Andrew Soltis - How To Swindle in Chess - Batsford Chess - Buchrezension
Andrew Soltis: How to Swindle in Chess

„Schwindel“ ist zwar sprachlich die sanftere Form der Lüge, doch es wird einem eventuellen Übersetzer schwerfallen, eine passende deutsche Fassung des zentralen Begriffs zu finden. Es geht in beiden Büchern darum, wie man aus objektiv verlorenen – manchmal aufgabereifen – Stellungen das Maximum an Chancen herausholt. Da der nach reiner Lehre „beste Zug“ die Partie unweigerlich verlieren wird, muss man andere Ressourcen ergründen. Es geht darum, dem Gegner die Verwertung seines Vorteils möglichst schwer zu machen, ihm viele Optionen zu lassen, unter denen er die verlockendste (aber falsche) wählen könnte. Da wir die Partie nicht mehr durch eigene gute Züge gewinnen können, müssen wir die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass der Gegner noch einen schweren Fehler begeht. Das englische Verb „to bamboozle“ beschreibt dies schon lautmalerisch sehr schön und ist eine weitere Herausforderung für den Übersetzer.

Mittelweg zwischen Lehr- und Unterhaltungsbuch

David Smerdon - The Complete Chess Swindler - New in Chess - Schach-Rezensionen Glarean Magazin
David Smerdon: The Complete Chess Swindler

Beide Autoren nähern sich dem Thema in gleicher Weise und finden einen sehr gesunden Mittelweg zwischen Lehr- und Unterhaltungsbuch. Wenn man nach der Lektüre eines Schachbuchs das Gefühl hat, gut unterhalten worden zu sein und dabei etwas praktisch Verwertbares gelernt zu haben – was kann es Schöneres geben?
Sehr zum Verständnis trägt die ausführliche Bebilderung mit Stellungsdiagrammen bei. Sie ist in beiden Büchern so gehalten, dass man den Partien mühelos ohne eigenes Schachbrett folgen kann. Die am Zug befindliche Seite wird bei Soltis noch ganz klassisch mit „White / Black to play“ beschrieben. Smerdon verzichtet im Hauptteil des Buches leider völlig auf die Kennzeichnung des Zugrechts – eigentlich heute Standard in der Schachliteratur.

Geeignet für Vereinsspieler ab 1600 Elo

Umfang und Inhalt der schachlichen Erläuterungen treffen genau den Geschmack des Rezensenten. Natürlich wird schachliches Können und vor allem wohl auch Wettkampferfahrung vorausgesetzt, um sich auf den Ansatz der Werke einzulassen. Doch ab einem mittleren Vereinsspielerniveau, das ich bei einer Elo-Bewertung um 1600 ansetzen würde, kann man allen Gedankengängen folgen und die Bücher mit Genuss und Gewinn lesen. Auch schachbegeisterte Jugendliche sind als Zielgruppe vorstellbar, sofern die Fremdsprache keine wesentliche Hürde darstellt.

Andrew Soltis - How to Swindle in Chess - Batsford Chess - Leseprobe 1 - Glarean Magazin
Einfach gehaltene Erläuterungen: Leseprobe aus Andrew Soltis „How to Swindle in Chess“

Kommen wir auf die äusserlichen Unterschiede: Smerdons Werk ist um ca. 50% stärker, zudem im Format etwas grösser. Von den gut 120 zusätzlichen Seiten, entfallen allerdings ca. 80 auf das abschliessende Kapitel mit Aufgaben und deren Lösungen. Diese gibt es zwar bei Soltis ebenfalls, aber deutlich knapper und in die Fachkapitel integriert. Abgesehen davon unterscheidet sich die Zahl der vorgestellten Partien weniger als man erwarten könnte. Beide Bücher stellen jeweils ungefähr 100 Beispiele ausführlich vor.

Farbiger Sprachstil vs nüchterne Erklärungen

Das Layout wirkt bei Smerdon insgesamt etwas edler, was aber wohl nicht dem Autor sondern dem jeweiligen Verlagsprogramm zuzurechnen ist. Meist sind auch die Texte bei Smerdon ausführlicher. Rein schachlich ist dies aber nur dort von Belang, wo er im Detail auf abweichende Varianten eingeht. Ansonsten ist eben sein Sprachstil deutlich farbiger als die nüchternen Erklärungen seines amerikanischen Kollegen.

David Smerdon - The Complete Chess Swindler - New in Chess - Leseprobe 1 - Glarean Magazin
Anekdoten und Geschichten: Leseprobe aus David Smerdon „The Complete Chess Swindler“

Auch findet sich bei Smerdon manche kleine Anekdote und Geschichte zur vorgestellten Partie. So werden einige Personen der australischen Schachszene porträtiert, die man hier bislang nicht wahrgenommen hatte. Sollten also die Englisch-Kenntnisse des Lesers ein Kaufkriterium sein, wäre hier der einfacher gehaltene Soltis-Text vorzuziehen. Allerdings sind bei diesem Buch noch einige Schreibfehler im Text und in der Notation auszumerzen.

Umfangreicher Bestand an Aufgaben

Wie bereits angedeutet, haben beide Werke einen mehr oder weniger umfangreichen Bestand an Aufgaben und jeweils einen Lösungsteil dazu. Solche Abschnitte findet man heute in fast jedem Schachbuch. Die Meinungen zur Sinnhaftigkeit dieses Formats mögen auseinander gehen. Ich hätte mir gewünscht, dass man lieber einen Teil dieser Partien in aller Ausführlichkeit in den Haupttext integriert hätte. ♦

Andrew Soltis: How To Swindle in Chess, 240 Seiten, Batsford Chess (Pavilion Books), ISBN 978-1849945639

David Smerdon: The Complete Chess Swindler, 368 Seiten, New in Chess, ISBN 978-9056919115

Lesen Sie ausserdem im Glarean Magazin zum Thema „Schwindeln im Schach“ den Computerschach-Essay von Roland Stuckardt: Too clever is dumb

… sowie zum Thema „Unerwartete Schachzüge“: Der Brilliant Correspondence Chess Move BCCM Nummer 8

Weitere Internet-Links zum Thema Schach

 


English Translation

You don’t always have to find the best move in chess. Often the only thing that helps in objectively lost positions is the move that confronts the opponent with a difficult choice or unexpectedly changes the shape of the game. The authors David Smerdon in „The complete chess swindler“ and Andrew Soltis in „How to swindle in chess“ convey this knowledge in an entertaining and informative way.

It’s a nice coincidence, that two renowned publishers and successful authors recently edited books with an almost identical approach. Grandmasters Andrew Soltis (from US) and David Smerdon (from Down Under) focus on the subject „Swindling in Chess”. Usually this would tender a comparison test, but that would end in dead heat. I read both books with great pleasure and recommend them both without any reservation. The quoted games overlap only to a small extent; so both books complement one another perfectly.

Offer chances to make serious mistakes

„To swindle“ seems to me as a gentle form of „to lie“ or „to betray“, but of course it’s not about something morally reprehensible here. Both books deal with situations on the chessboard where one side is objectively utterly lost. But now it’s time to generate some „swindle“ chances. The „best move“ according to pure teaching or computer evaluation will inevitably lose the game. So we need to set obstacles for the opponent to convert his clear advantage. We offer him as much options as possible to fall into a trap. The word „to bamboozle“ is the perfect onomatopoetic expression for this attitude.
Both authors find the happy medium between education and entertainment. Feeling well entertained and having learned something useful – what can be better?
Both books are well equipped with position diagrams. That makes it easy to understand the examples and to follow the course of the game without using a chessboard.
Soltis marks the side to play with classical comments next to the board. Unfortunately Smerdon doesn’t use any move indicator – actually a standard in today’s chess literature.

Useful for club players with Elo 1600+

Scope and content of the chess-related explanations exactly match the taste of the reviewer. Of course both books require a certain amount of chess skills and competition experience. But medium club players at an Elo-level of about 1600 will be able to follow all lines of thought and read the books with pleasure and profit. Chess-enthusiastic teenagers can profit as well, provided that the foreign language is not a major hurdle to them.

Let’s have a look at the external differences: Smerdon’s book is about 50% bigger and uses a slightly larger format. But about 80 of the 120 additional pages account for the final section with exercises and solutions. These are available at Soltis too, but much more scarce and integrated in the respective chapters. Apart from that, the number of games presented differs less than one might expect. Both books provide about 100 examples in detail.

Colourful style vs sober explanations

The layout looks a bit nobler at Smerdon’s book, but this must be attributed to the publishing program rather than to the author. The texts are a bit more detailed there too. But the difference is chess-related only in the subsidiary variants, not in the game’s main line. Of course his language style is more colourful than the sober explanations of his American colleague. In Smerdon’s text we find lots of small anecdotes and stories about the games presented. Some people from Australian chess scene are portrayed, who have so far not been noticed here in Europe. If the reader’s English knowledge is a purchase criterion, the simpler Soltis text would be preferable. However, some spelling mistakes in the text and in the notation have to be eliminated in Soltis’ book.

Both works have am more or less extended part with tasks and solutions. Such sections can be found in almost every chess book today. The opinions on this format may differ. I would have preferred that some of these examples had been integrated to the main text in greater detail.

Pictures and Links can be found in the text above

Brilliant Correspondence Chess Moves BCCM (08)

In der Top-Etage des Fernschachs (08)

von Walter Eigenmann

Selten sind grosse Fernschach-Künstler auch zugleich am realen Brett („On-the-board“) begnadete Turnierspieler. Eine der Ausnahmen war das legendäre Schach-Genie Paul Keres (1916-1975). Das achte Exemplar unserer Serie Brilliant Correspondence Chess Moves BCCM sei diesem estnischen Multitalent gewidmet.

Der Computer veränderte und verändert noch immer bekanntlich alle Bereiche des privaten und öffentlichen Lebens – und geradezu dramatisch dokumentierte sich diese Veränderung u.a. im Bereich der Unterhaltungsindustrie. In unserem Falle: des Schachspiels.
Denn seit dem in den letzten Jahren die sog. Chess Engines (= die eigentlich rechnenden „Motoren“, eingebettet in diverse verfügbaren Schach-User-Interfaces GUI) eine derart hohe Spielstärke erreicht haben, dass jeder menschliche Grossmeister (der amtierende Weltmeister Magnus Carlsen inklusive) absolut chancenlos ist, hat das Schach seinen einstigen Nimbus des zauberhaften Königlichen Spiels, des unerschöpflichen Meeres an genialen Kombinationen und seiner vielhundertjährigen Kulturgeschichte für viele seiner Adepten verloren. Es ist – wissenschaftlich gesehen – nun die absolute Domäne der Maschine, menschliche Intuition und Kreativität scheinen nur noch eine untergeordnete Rolle zu spielen.

Legendäre Schachkombinationen entzaubert

Schachcomputer - Computerschach - Schachstrategie - Fernschach - Schachanalysen - Kasparov-Tischcomputer - Glarean Magazin (Brilliant Correspondence Chess Moves)
Im Fernschach gehen Computer und menschliches Gespür eine einzigartige Symbiose ein.

Die buchstäblich unmenschliche Präzision und Tiefe des computergesteuerten Berechnens ist denn auch heutzutage nicht mehr dazu angetan, irgend einen Zauber des menschlichen Geistes zu beschwören, der auf (zwangsläufiges) Patzen in den Turniersälen (gestern und heute) oder auf jahrzehntelang hochgelobte Zugkommentare in Schachbüchern voller grober Fehler und Ungenauigkeiten basiert. Schätzungsweise 90% aller vor der letzten Jahrhundertwende geschriebenen Schachbücher dürften im Lichte des modernen Computerschachs betrachtet inzwischen Makulatur sein – Kult-Bücher einst legendärer Schach-Genies von Steinitz bis Karpow eingeschlossen. Die damals weltweit gefeierten Super-Kombinationen von Bobby Fischer & Co. entpuppen sich heute unterm Mikroskop von Stockfish & Co. als sekundenschnell gefundene Simplizitäten, wo sie nicht überhaupt gar unkorrekt sind. Dass dies der schachgeschichtlichen Leistung der damaligen Meister allerdings nichts anhaben kann, muss nicht extra betont werden. Trotzdem: Das Schachspiel mag nach wie vor (gemäss Goethe) „ein Prüfstein des Gehirns“ sein – aber nicht für Computer…

Multitalent mit genialem Gespür: Paul Keres

Eines der aktuell stärksten, sogar dem amtierenden Weltmeister Magnus Carlsen Paroli bietenden Schachprogramme ist die Freeware-Engine Stockfish.
Eines der aktuell stärksten, sogar dem amtierenden Weltmeister Magnus Carlsen Paroli bietenden Schachprogramme ist die Freeware-Engine Stockfish.

Der Palmarès des estnischen Weltklasse-Schachspielers Paul Keres ist schlicht beeindruckend. Obwohl er den Griff nach der höchsten Schachkrone, dem Weltmeister-Titel, stets um Haaresbreite verpasste – man nannte Keres auch den „ewigen Zweiten“ -, liest sich die lange Liste seiner internationalen Turniererfolge wahrlich fulminant. An nicht weniger als vier Kandidatenturnieren belegte er jeweils den zweiten Rang – seine unzähligen Siege an Open- und Goldmedaillen bei Olympia-Turnieren noch gar nicht erwähnt.

In jedem Schach-Segment Weltklasse

Insbesondere am Anfang seiner internationalen Turnier-Karriere war Paul Keres auch ein erfolgreicher Fernschachspieler. Und ein fleissiger obendrein: Nach eigener Aussage spielte er bis zu 150 Partien gleichzeitig. In dieser Phase bereicherte er die Eröffnungstheorie um zahlreiche, noch heute angewandte Varianten. Gleichzeitig war er – mit über 200 Studien – der wohl produktivste Problemschach-Komponist unter seinen damaligen Grossmeister-Kollegen. Und als ob das noch nicht genug wäre, stammen aus seiner Feder ca. 40 teils umfangreiche Schachbücher. Zugespitzt zusammengefasst: Paul Keres war nicht einfach ein Meisterspieler, er war Schach!

Intuition und Berechnung

… sind gerade im Fernschach die unverzichtbaren Basics des erfolgreichen Schachspiels. Gewiss spielt hier die Präzision des Variantenberechnens – bzw. der geübte Umgang mit den enormen taktischen Möglichkeiten der neuesten Schachsoftware! – eine viel grössere Rolle als im On-the-board-Spiel direkt am Turnierschachbrett. Gleichzeitig wäre aber der FS-Spieler aufgeschmissen, wenn er sich ausschliesslich auf die Maschine mit deren begrenzendem Horizonteffekt und nicht auch auf sein Stellungsgefühl verliesse.

Paul Keres - Schach-Grossmeister - Glarean Magazin
Geniales Schach-Multitalent: Paul Keres

Paul Keres war auf beiden Gebieten meisterhaft unterwegs, wie er auch an der Fernschach-Meisterschaft 1935 seines Heimatlandes Estland bewies. Hier kam es in seiner Partie gegen Paul Rinne (1889–1946) zur untenstehenden Stellung, wo dem berühmteren der beiden Pauls ein unwiderstehlicher Durchbruch am Königsflügel gelang. Voraussetzung des Angriffs war die Abriegelung auf der anderen Seite des Brettes – eine Stellungssituation, die erst das Augenmerk auf den wahren Schauplatz des Geschehens lenkte, um dort die konkreten Operationen einzuleiten.

Auch hier sind es also einmal mehr grundsätzliche Überlegungen, indiziert durch taktisch zugespitzte Stellungsmerkmale, deren späten Konsequenzen weder von Menschen noch von Maschinen auf die Schnelle ausgerechnet werden können – und weder direkt am Brett vom Grossmeister noch aus dem Stande heraus vom Computer. Die weitsichtige, wengleich natürlich zeitintensive Planung des Menschen, dieses tagelange detektivische Aufspüren von versteckten Ressourcen, immer abgesichert mittels interaktiver taktischer Verifizierung durch den Computer – das ist das eigentliche Faszinosum des Korrespondenz-Schachs heute, und das dürfte es noch lange bleiben. ♦

Brilliant Correspondence Chess Moves BCCM – 08

FEN-String: r3rnk1/pp3pbp/3p1np1/q1pPp3/2P1PPb1/1PN3P1/PB1QN1BP/R4RK1 w – – 0 14

Ein Mausklick auf eine Stelle in der Partie-Notation öffnet ein neues Partie-Fenster; dort lassen sich die Züge nachspielen und die Partie als PGN-Datei downloaden.
Um die Aufgabe selber schnell (mittels copy&paste) in ein Programm bzw. in ein Schach-Interface laden zu können, ist ihr der zugehörige FEN-String vorangestellt.

Hier finden sich alle bisherigen BCCM-Aufgaben

Lesen Sie im Glarean Magazin zum Thema Schach und Computer auch über KI-Forschung: Ist das Schach im Jahre 2035 gelöst?

Das Schach-Osterei 2020: Weiss hält remis

Frohe Ostern!

Weiss hält remis

Schach-Osterei 2020 - Chess Easter Egg - Walter Eigenmann - Glarean Magazin
Mit dem Schach-Osterei 2020 wünscht Ihnen das Glarean Magazin ein frohes Osterfest!

FEN-String: 3kbb2/2r3r1/1n5q/1p5n/1R5P/1R5N/2Q3B1/3NBK2 w – – 0 1

Lesen Sie im Glarean Magazin zum Thema Schach auch den Report über die Schachzeitschrift „Rochade Europa“

Hier geht’s zur Lösung des Schach-Osterei 2020 (—> weiterlesen)

Weiterlesen

Serien-Report über Schachzeitschriften (2): ROCHADE

Vielfältiger Schach-Mix für den Vereinsspieler

von Mario Ziegler

Wir leben im digitalen Zeitalter – auch das Schach und seine millionenfachen Adepten. Persönliches Handy und heimische Computersoftware geben längst den Takt an beim Königlichen Spiel. Daneben existieren aber nach wie vor eine Reihe traditionsreicher Print-Medien. Der neue  Serien-Report im Glarean Magazin über Schachzeitschriften stellt die wichtigsten nationalen und europäischen Titel vor. Heute: ROCHADE EUROPA.

Schach-Zeitschrift - Rochade Europa - Ausgabe Nr.3 März 2020 - Rezension Glarean MagazinDie „vielseitig-informative Schachzeitung“ ROCHADE EUROPA wurde – noch unter dem Namen „Europa-Rochade“ – im Jahre 1972 von Heinz Köhler begründet und im Eigenverlag zunächst im hessischen Maintal publiziert. 1997 übernahm sein Sohn Carsten den Verlag, im folgenden Jahr erfolgte der Umzug ins thüringische Sömmerda. Seit 2015 wird die Zeitschrift vom Verlag Rochade GmbH & Co. KG (Kernen) herausgegeben, Chefredakteur ist Jens Hirneise.

Einst die BILD-Zeitung des deutschen Schachs

Rochade Europa - Ausgabe 11 2003 - Glarean Magazin
Cover der November-Ausgabe 2003: Auflösung und Farbe der Bilder sind im Original leider  tatsächlich so schlecht wie auf diesem Scan…

In der Vergangenheit zeichnete sich die ROCHADE durch einen sehr bunten Mix aus Turnierberichten und Rubriken der unterschiedlichsten Thematik und Qualität sowie durch sehr überschaubare Druckqualität aus, was ihr nicht selten einen Vergleich mit der „BILD-Zeitung“ einbrachte. Manche Leser werden sich an eine entspr. längere Polemik erinnern, die Jörg Seidel unter dem Titel „Glanz und Elend der ROCHADE“ auf der Homepage „Metachess“ veröffentlichte, und die leider heute nicht mehr erhältlich ist.
Mit dem Wechsel der Herausgeberschaft 2015 vollzog sich – neben einer erheblichen Verbesserung des optischen Erscheinungsbildes – auch ein inhaltlicher Wandel: Es wurde grösserer Wert auf Rubriken zu verschiedenen Bereichen des Schachtrainings gelegt.

Am durchschnittlichen Vereinsspieler orientiert

Für die nachfolgende Besprechung lagen mir die Ausgaben 2/2020 und 3/2020 vor. Der Umfang liegt in beiden Fällen bei 114 Seiten im Format A4, der Druck ist durchgängig vierfarbig.
Einen breiten Raum nimmt die Berichterstattung über aktuelle nationale und internationale Turniere ein. Dies sind in 2/2020 etwa die Schnellschach- und Blitz-Weltmeisterschaft, der Grand-Prix in Jerusalem oder das Staufer-Open, in 3/2020 die Frauen-Weltmeisterschaft zwischen Ju Wenjun und Aleksandra Goryachkina und das Turnier in Wijk aan Zee. Über diese aktuellen Ereignisse berichten profilierte Autoren wie die IMs Jonathan Carlstedt und Frank Zeller. Letzterer ist auch für die Berichterstattung über die Bundesliga und Kommentierung der dort gespielten Partien zuständig.

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A propos Kommentierung: Diese fällt im Vergleich zur zuletzt besprochenen Zeitschrift SCHACH vergleichsweise knapp aus – man kann aber auch sagen: sie wird aufs Wesentliche komprimiert und orientiert sich eher am durchschnittlichen Vereinsspieler denn an der Spitze. Hier ein Beispiel aus dem Grand-Prix-Turnier in Jerusalem mit Anmerkungen von Frank Zeller, der ganz sicher nicht den Anspruch hatte, alle Feinheiten der spannenden Partie zwischen Gelfand und Nepomniachtchi zu ergründen:

Rochade Europa - Ausgabe Februar 2020 - Analyse - Glarean Magazin
Kein Varianten-Gestrüpp für den Grossmeister, sondern einfache Partien-Hotspots für Vereinsspieler: Die Partien-Analysen der ROCHADE

Internationales Schachgezwitscher

Neben den obligatorischen Kurznachrichten aus aller Welt, Buchbesprechungen (Jörg Palitzsch), Schachproblemen und Studien (IM Valeri Bronznik) fällt die Rubrik „Schachgezwitscher“ auf, die von Conrad Schormann betreut wird. Hier werden die unterschiedlichsten Nachrichten, die zuvor im Internet kursierten, sozusagen auf Papier transferiert. In den besprochenen Heften geht es z.B. um die in London gestrandete iranische WM-Schiedsrichterin Bayat oder die umstrittene Zusammenarbeit von Magnus Carlsen mit dem Sportwettenanbieter Unibet. Auf der einen Seite fragt man sich, wieso noch niemand zuvor auf diese Idee gekommen ist; rücken doch solche Notizen Themen in den Fokus, die ansonsten in der gedruckten Schachberichterstattung keine Rolle spielen. Auf der anderen Seite ist das „Schachgezwitscher“, das ja nicht zufällig Erinnerungen an Twitter-Kurznachrichten weckt, eben genau das, was der Name andeutet: das kurze Antippen interessanter Themen ohne tiefergehende Beleuchtung, was manchmal – wie auch bei Twitter – den Eindruck von Beliebigkeit erweckt.

Eine der traditionsreichen ROCHADE-Rubriken mit hohem Trainingsfaktor: Die "Endspieluniversität"
Eine der traditionsreichen ROCHADE-Rubriken mit hohem Trainingsfaktor: Die „Endspieluniversität“

Die Interviews, die in jedem Heft mit Persönlichkeiten aus der Schachwelt geführt werden (in Heft 2/2020 mit FM Aleksandar Vuckovic, in 3/2020 mit Ex-Weltmeister Ruslan Ponomariov), beinhalten teilweise sich wiederholende Fragen in leicht variiertem Wortlaut („Was war das Ungewöhnlichste, was Sie bisher bei einem Schachturnier erlebt haben?“ – „Wie unterscheidet sich die Vorbereitung eines Spitzenspielers von der eines Amateurs?“ – „Welchen Rat können Sie den Lesern geben, um ihr Schachspiel in den verschiedenen Partiephasen zu verbessern?“). Naturgemäss steht und fällt ein solches Interview mit der Auskunftsfreude des Gesprächspartners. Das Thema Schachgeschichte wird durch die umfangreiche Artikelserie von Herbert Bastian über die historische Entwicklung der Schachideen abgedeckt.

Ein Kernelement der ROCHADE ist seit jeher der Regionalteil mit Berichten aus den Landesverbänden, wobei nicht alle Verbände die Möglichkeit der Berichterstattung nutzen. Ich erinnere mich, dass vor Jahren die ROCHADE die Haupt-Informationsquelle für das Schachleben im Saarland war, wo ich damals lebte und spielte. Doch mittlerweile ist gerade in diesem Bereich das Internet aktueller und ausführlicher als es eine Zeitschrift je sein kann, so dass sich die Frage stellt, wie viele Schachfreunde den Regionalteil wirklich noch lesen bzw. daraus etwas erfahren, was sie nicht ohnehin schon im Internet zur Kenntnis genommen haben. Die gleiche Frage muss für den umfangreichen Turnierkalender mit Veranstaltungen aus dem In- und Ausland gestellt werden, denn vermutlich wird der interessierte Turnierspieler auf der Suche nach dem nächsten passenden Turnier in erster Linie die einschlägigen Seiten im Internet konsultieren.

Viel Trainingsmaterial zum Selbststudium

Aus meiner Sicht stellen die verschiedenen Rubriken mit Trainingsmaterialien den interessantesten Teile der ROCHADE dar. Hier bietet die Zeitschrift viel Stoff zum Selbststudium, aber auch für Trainer. Im Einzelnen handelt es sich um „Dynamisches Schach“ (GM Zigurds Lanka), „Powertraining“ (IM Roman Vidoniak), „Partie des Monats“ (GM Dennis Wagner), „Endspieluniversität“ (WGM Bettina Trabert/GM Spyridon Skembris) und „Schachschule“ (IM Valeri Bronznik).
Weniger didaktisches Material als Beispiele für die Unerschöpflichkeit des Schachs stellt die Rubrik „Schach ohne Grenzen“ (Bronznik) vor, in der z.B. das folgende Endspiel (sowie die Partie Saric-Suleymanli, Budva 2019, die in selbiges mündete) analysiert wurde (3/2020 S. 74f.):

Zusammengefasst: Die ROCHADE EUROPA richtet sich eher an den durchschnittlichen Vereinsspieler denn an die Spitze. Die Analysen haben nicht den Anspruch, die letzten Feinheiten einer Partie auszuloten, gehen aber in ausreichender Weise auf die kritischen Momente ein. Neben der obligatorischen aktuellen Berichterstattung bietet die ROCHADE viel Trainingsmaterial zu den verschiedensten Bereichen des Schachs, was sie für Trainer, aber auch den wissbegierigen Lernenden zu einem interessanten Medium macht. ♦

Zeitschrift Rochade Europa (Die vielseitig-informative Schachzeitung), erscheint monatlich, Verlag Rochade GmbH Kernen, ISSN 0943-4356

Lesen Sie im Glarean Magazin zum Thema Schachzeitschriften auch das Interview mit dem KARL-Herausgeber Harry Schaak

Schach-Kandidatenturnier 2020 in Jekaterinburg

Ausmarchung auf höchstem Niveau

von Walter Eigenmann

Acht der weltbesten Spieler, darunter fünf aus den FIDE-Top-Ten, machen zurzeit im Schach-Kandidatenturnier 2020 aus, wer in diesem Jahr gegen den amtierenden Weltmeister Magnus Carlsen um die höchste Krone spielen darf.

Schach-Grossmeister - Chess Grandmaster Ian Nepomniachtchi - Glarean Magazin
In Top-Form: Schach-Grossmeister Ian Nepomniachtchi

So wirklich einen favoritisierten Überflieger ist in dem extrem starken Kandidaten-Oktett nicht auszumachen, und auch schachlich dürfte diese doppelrundige Ausmarchung im russischen Jekaterinburg zahlreiche Remisen zeitigen.
Hoch im Kurs stehen die Wetten für den Chinesen Ding Liren (2805 Elo) und den Amerikaner Fabiano Caruana (2842 Elo), doch nach 4 Runden führt der starke Russe Ian Nepomniachtchi.

Feine, scharfe Klingen

Letzterer rang in einer harten Partie den Niederländer Anish Giri nieder. Mit welch feinen, aber scharfen Klingen auf diesem hohen Niveau Schach gespielt wird, zeigt z.B. die folgende Stellung:

(Mausklick in einen Zug oder eine Variante öffnet ein Analyse-Fenster)

Wer das hochkarätige FIDE-Turnier live verfolgen will, kann hier beim Broadcast Archive der offiziellen Webseite reinschauen. ♦

Lesen Sie im Glarean Magazin zum Thema Schach-Weltmeisterschaften auch über Carsten Hensel: Wladimir Kramnik (Biographie)

Serien-Report über Schachzeitschriften (1): SCHACH

Fokussiert auf das Spitzenschach

von Mario Ziegler

Wir leben im digitalen Zeitalter – auch das Schach und seine millionenfachen Adepten. Persönliches Handy und heimische Computersoftware geben längst den Takt an beim Königlichen Spiel. Daneben existieren aber nach wie vor eine Reihe traditionsreicher Print-Medien. Der neue  Serien-Report im Glarean Magazin über Schachzeitschriften stellt die wichtigsten nationalen und europäischen Titel vor. Heute: SCHACH – Deutsche Schachzeitung.

Das Internet bestimmt unser Leben in einem Ausmass, wie man es noch vor wenigen Jahren kaum für möglich gehalten hätte. Informationen fliessen uns im Sekundentakt zu; was in diesem Moment am anderen Ende der Welt geschieht, können wir nach wenigen Minuten auf dem heimischen Computer, Tablet oder Handy lesen. Die Kehrseite der Medaille ist der zunehmende Rückgang gedruckter Literatur, für die es immer schwieriger wird, sich gegen die elektronische Konkurrenz zu behaupten. Denn Bücher, Zeitschriften und Zeitungen sind in der Regel teurer als die vielfach kostenlosen digitalen News.

Wo liegt also grundsätzlich der Mehrwert eines Printmediums? In dieser Serie soll es nicht um das Haptische gehen, nicht um das „Leseerlebnis“, sondern um inhaltliche Aspekte. Im Rahmen eines grossen Reports sollen einige nationale und internationale Schachzeitschriften in den Blick genommen und dabei die Frage beantworten werden, wo diese Print-Medien mehr oder Anderes bieten als die diversen Homepages mit Schachnachrichten.

Anspruchsvolles Schachperiodikum

SCHACH - Deutsche Schachzeitung - Cover Januar 2020 - Rezensionen Glarean MagazinDie Monats-Zeitschrift „SCHACH – Deutsche Schachzeitung“ weist eine starke Fokussierung auf das Spitzenschach auf, was sich in der Auswahl der Autoren sowie in den umfangreichen Analysen widerspiegelt. Durch die immer wieder in die Berichte eingeflochtenen O-Töne der Beteiligten und die Rubriken „Schachfragen“ und „Probleme und Studien“ hebt sich die Zeitschrift von anderen deutschen Publikationen ab.
„Der Exzelsior Verlag wurde 1999 in Nachfolge des Berliner Sportverlages gegründet. Unser Flaggschiff ist die monatlich herausgegebene Zeitschrift SCHACH, die seit 1947 erscheint und sich nach 1990 als anspruchsvollstes deutschsprachiges Schachperiodikum etabliert hat. Ihr Hauptaugenmerk liegt auf der exklusiven Vor-Ort-Berichterstattung über nationale und internationale Spitzenereignisse. Zu unseren Autoren zählt die komplette Weltelite von Magnus Carlsen über Viswanathan Anand und Levon Aronjan bis hin zu ‚Kommentatoren-Grossmeistern‘ wie Peter Swidler und Nigel Short. Breiten Raum nehmen daneben ständige Rubriken, u. a. mit Lehrcharakter, ein“ – so liest sich das durchaus selbstbewusste Portrait auf der Homepage des Berliner Exzelsior Verlags.

Ursprünge in der DDR

SCHACH - Deutsche Schachzeitung - Print-Head Ausgabe 1952 - Rezensionen Glarean Magazin
Der Print-Head der DDR-Ausgabe vom August 1952 („Organ der Sektion Schach der Deutschen Demokratischen Republik“)

Die Geschichte der Zeitschrift spiegelt die Veränderungen auf dem deutschen Schachzeitschriftenmarkt wider. 1947 wurde sie unter dem Titel „Schach-Express“ in der ehemaligen DDR gegründet. 1996 übernahm sie die Zeitschrift „Schach-Report“, in die ihrerseits bereits 1989 das älteste deutsche Schachorgan, die „Deutsche Schachzeitung“, aufgegangen war. Durch den heute verwendeten Untertitel von „Schach“, nämlich „Deutsche Schachzeitung“, stellt sich das Magazin in deren Tradition. Chefredakteur ist seit 1991 GM Raj Tischbierek.
Meiner Besprechung liegen die Ausgaben 12/1019 und 1/2020 zugrunde. Der Umfang jeder Ausgabe variiert leicht, liegt aber etwa bei 80 Seiten im Format A5. Der Druck ist dreispaltig gesetzt, die zahlreichen Fotos schwarzweiss.

Berichte über herausragende Turniere

SCHACH - Deutsche Schachzeitung - Leseprobe - Rezensionen Glarean Magazin
Ausführliche Berichterstattung über prominente internationale Schach-Turniere: Leseprobe aus SCHACH – Deutsche Schachzeitschrift

Nach Inhaltsverzeichnis, Impressum und Vorwort, in dem IM Dirk Poldauf aktuelle Themen der Schachwelt aufgreift, folgen umfangreiche Berichte über herausragende Turniere. In Heft 12/2019 war dies der FIDE-Chess.com-„Grand Swiss“ auf der Isle of Man, wobei der hauptsächliche Fokus auf der Qualifikationsmöglichkeit für das Kandidatenturnier lag (S. 4-28). Oft werden bei solchen umfangreichen Turnierberichten neben dem Sieger besondere Personen in den Fokus gerückt, so auch hier: „Die Deutschen“ (Keymer, Blübaum und Huschenbeth), „Die Inder“ (Gukesh, Sadhwani und Sarin), „Die Frauen“ (Dronavalli und Sadwakassowa). Auffallend ist, dass „Schach“ die dritte GM-Norm für Vincent Keymer erwähnt und würdigt, sich aber der überschwänglichen Lobeshymnen enthält, die im Internet gesungen wurden.

Als zweiter grosser Bericht folgt in 12/2019 der Grand-Prix in Hamburg, ebenfalls eine Qualifikationsmöglichkeit für das Kandidatenturnier (S. 30-37), und die Mannschafts-Europameisterschaft in Batumi (S. 38-52). In Heft 1/2020 wird ausführlich auf das Finale der Grand Chess Tour in London eingegangen (S. 4-12), danach auf das Tiebreak-Match zwischen Grischuk und Duda, mit welchem sich der Russe einen Platz im Kandidatenturnier sicherte (S. 14-22).

Spezialität: Die deutsche Schach-Bundesliga

Neben diesen grossen Artikeln sind kürzere Turnierberichte enthalten, gewöhnlich aus der Feder eines Beteiligten, etwa in 12/2019 über die Schweizer Mannschaftsmeisterschaft, die Offene Internationale Bayerische Meisterschaft oder die Weltmeisterschaft im Chess960, in 1/2020 über den Europapokal, das Grand Chess Tour-Turnier in Kolkata oder das Open in Heusenstamm.

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Die Schachbundesliga nimmt während der Saison einen breiten Raum in „Schach“ ein. In 12/2019 gibt es einen Vorbericht mit den Mannschaftsaufstellungen (S. 53-55), in 1/2020 einen Überblick über die ersten vier Runden (S. 47-59). Kein anderes Magazin berichtet so umfassend über die deutsche Eliteliga wie „Schach“.

Etwas aus dem Rahmen fallen Artikel, die sich mit historischen Themen befassen. In 1/2020 ist dies ein Artikel (genauer gesagt: der zweite Teil eines Artikels) von Dr. Robert Hübner über das Interzonenturnier 1979 in Rio de Janeiro, wie bei Hübner zu erwarten bereichert durch umfassende Analysen. Auch wenn ich selbst starke Sympathien für Schachgeschichte hege und diesen Artikel mit grossem Interesse gelesen habe, erscheinen mir diese Texte in einem Magazin, das ansonsten sehr stark auf aktuelles Weltklasseschach abhebt, wie ein Fremdkörper.

Rubriken mit persönlicher Note

SCHACH - Deutsche Schachzeitung - Raj Tischbierek - Rezensionen Glarean Magazin
Seit 1991 redaktionell verantwortlich für die SCHACH-Inhalte: Grossmeister Raj Tischbierek

Als regelmässige Rubriken enthält SCHACH neben „News“ (nationale und internationale Kurznachrichten) Rezensionen aus der Feder von IM Frank Zeller, die von GM Michael Prusikin betreuten Taktikrubriken „Hohe Schule der Kombination“ (jeweils eine Angriffspartie, eine Eröffnungsfalle und eine Studie) und „Kombinationen“ (18 Taktikaufgaben zum Selberlösen) und die „Schach-Fragen“. Letzteres ist ein Fragebogen an Persönlichkeiten aus der Schachwelt (im Fall der besprochenen Hefte der deutsche IM Dietmar Kolbus, der mittlerweile auf der Isle of Man lebt, und die Exweltmeisterin Nona Gaprindaschwili) mit 19 sich wiederholenden und einer speziell auf den Befragten zugeschnittenen Frage.
Natürlich fallen die Antworten unterschiedlich ausführlich aus, und manchmal sind sie auch ausgesprochen nichtssagend, z.B. im Fall von Nona Gaprindaschwili: „Welche Spieler würden Sie einladen, wenn ein Sponsor Sie mit der Ausrichtung eines Turniers beauftragen würde?“ – „Aaaach, da gibt es heute so viele Möglichkeiten! Wie sich alles entwickelt hat… Allein, dass heute die Chinesen überall dabei sind, und wie stark sie geworden sind! Das war zu ‚meinen Zeiten‘ überhaupt noch nicht absehbar.“ – „Mit wem würden Sie gerne einen Tag lang tauschen und warum?“ – „Warum tauschen? Ich bin mit mir zufrieden.“ – „Wann haben Sie zum letzten Mal etwas zum ersten Mal getan und was?“ – „Das ist keine Frage für mich.“
Nun ja, das ist wenig erhellend, dennoch finde ich diese Rubrik persönlich eine der interessantesten des Heftes, erlaubt sie doch manchen persönlichen Einblick.

Betreuung des Problem- und Studien-Schachs

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Zuletzt möchte ich „Probleme und Studien“ hervorheben, die von Franz Pachl betreut wird. Diese vierseitige Rubrik bietet Berichte über Problem- und Studienturniere, Turnierausschreibungen und natürlich viele Probleme, darunter etliche Urdrucke. Natürlich ist dies ein Thema für Spezialisten, aber es gibt in Deutschland – mit Ausnahme solcher Nischenpublikationen wie „Feenschach“ – keine andere Zeitschrift, die sich so ausführlich mit dem Bereich des Kunstschachs befasst.

Fazit: Generell weist SCHACH eine starke Fokussierung auf das Spitzenschach auf. Breitenschach sowie regionale Schachereignisse werden nur selten thematisiert. Diese Ausrichtung spiegelt sich in der Auswahl der Autoren sowie in den Analysen wider, die sich durchgängig auf hohem Niveau bewegen. Damit werden als Zielgruppe tendenziell stärkere Spieler angesprochen. Als besonders interessant empfinde ich die immer wieder eingeflochtenen O-Töne und Interviews, in denen auf kritische Moment einer Partie oder eines Turniers, aber auch auf übergreifende Themen eingegangen wird. Im Vergleich zu anderen Publikationen berichtet „Schach“ sehr ausführlich über die deutsche Bundesliga und weist mit den „Schachfragen“ und „Probleme und Studien“ zwei Rubriken auf, die keine andere deutsche Schachzeitschrift in dieser Form bietet. ♦

Zeitschrift SCHACH – Deutsche Schachzeitung, monatlich, Exzelsior Verlag, ISSN 0048-9328

Lesen Sie im Glarean Magazin zum Thema Schach in der DDR auch über Manuel Friedel: Schach und Politik in der DDR

Andrew Soltis: Bobby Fischer Rediscovered (Schach)

Ein Schach-Genie im Spiegel seiner Partien

von Ralf Binnewirtz

Dem amerikanischen Grossmeister und Schachautor Andrew Soltis ist mit „Bobby Fischer Rediscovered“, einer nach 17 Jahren merklich verbesserten Zweitauflage, ein beachtlicher Wurf gelungen.
Mit nunmehr 107 herausragenden und ausgewogen kommentierten Fischer-Partien sowie zahlreichen informativen Textbeigaben, die Leben und Werk des legendären Protagonisten erhellen, ist diese Partieauswahl ein unverzichtbarer Bestandteil jeder ernsthaften Fischer-Kollektion.

Bobby Fischer Rediscovered - Andrew Soltis - Batsford Chess - Cover - Glarean MagazinAuch nach dem Tode von Bobby Fischer im Jahre 2008 ist der stetige Strom der Publikationen aller Art über die amerikanische Schachlegende nicht verebbt. Das aktuellste Produkt dieser anhaltenden Faszination ist die runderneuerte Zweitauflage der Partieselektion, die der US-Grossmeister und renommierte Schach-Autor Andrew Soltis erstmals 2003 vorgelegt hat. Die im Buchtitel formulierte, auf den ersten Blick etwas kurios anmutende „Wiederentdeckung Fischers“ erklärte der Autor bereits 2003 damit, dass dessen Partien nach drei Jahrzehnten (ab Reykjavik 1972 gerechnet) eine neue Betrachtung und Bewertung mit frischem Blick verdient hätten. Schauen wir uns an, was wir von der im Untertitel so vorgestellten „überarbeiteten, ergänzten und neu analysierten Auflage“ 2020 erwarten dürfen.

Einblicke in Fischers Persönlichkeit

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In der Einleitung („Author’s Note“) blickt Soltis u.a. zurück auf die persönlichen – mal mehr, mal weniger zufälligen – Begegnungen mit dem von ihm bewunderten Schachgenie in der US-Schachszene. Hieraus hat sich allerdings nie eine dauerhafte Bekanntschaft oder gar Freundschaft entwickelt (eine solche wurde bekanntlich nur wenigen Auserwählten zuteil). Eine einmalige Schnellpartie gegen Fischer (1971) verkorkste Soltis in Gewinnstellung zum Verlust, allzu sehr gelähmt von der dominanten Präsenz seines Gegenübers.
Diese kurzen Treffen gewähren bereits interessante Einblicke in Fischers Persönlichkeit. Des Weiteren geben die Einführungen zu den Partien einen informativen Überblick auf den schachlichen Werdegang Fischers, auf dessen Vorlieben, Vorzüge und Schwächen, auf seine fundamentalen schachlichen Grundsätze, die er in kurze Faustregeln zu fassen pflegte, und seine eröffnungstheoretische Vorbereitung. Es sind diese persönlich gefärbten Ausführungen des Autors, bisweilen angereichert mit historischen Bezügen und anekdotenhaften Begebenheiten, die eine besondere Stärke des Buchs ausmachen und erheblich zum Lesevergnügen beitragen. Und dazu, dass der Leser auch den Menschen Bobby Fischer ein wenig kennenlernt.

No smoke, no drinks, no girls

Hierzu ein kurzes Beispiel: Vor dem Interzonenturnier Portoroz 1958 schrieb Fischer-Mutter Regina einen „enthüllenden“ Brief an den Jugoslawischen Schachverband, in dem sie kundtat: „… He [Bobby] would not give simultaneous exhibitions or interviews – and didn’t like journalists ‚who ask non-chess questions‘ about his private life. She volunteered to the Yugoslavs that Fischer didn’t smoke, drink or date girls and ‚doesn’t know how to dance.‘ But, she added, ‚He likes to swim, play tennis, ski, skate, etc.'“ (S. 25)
Selbstredend kann und soll das Buch nicht mit einer echten Biografie konkurrieren, wie sie etwa Frank Brady verfasst hat.

Bobby Fischer Rediscovered - Andrew Soltis - Batsford Chess - Lesebeispiel - Glarean Magazin
Die „Jahrhundertpartie“ gegen Donald Byrne (8. Matchpartie in New York 1956) mit Fischers legendärem Damenopfer, kommentiert von Andrew Soltis

Wenden wir uns dem Hauptteil des Buches zu, den aufgenommenen Partien. Die 100 Games der Erstauflage, in chronologischer Folge angeordnet, finden sich auch in der Neuauflage wieder: Sie umspannen die gesamte Schachkarriere Fischers von der „Jahrhundertpartie“ 1956 gegen D. Byrne bis zur 11. Match-Partie gegen Spasski in Sveti Stefan 1992. Nur etwa ein Viertel dieser Partien ist auch in Fischers eigenem Werk „Meine 60 denkwürdigen Partien“ enthalten. Neu hinzugekommen ist ein Epilog mit 7 weiteren Partien, die bislang „übersehen“ wurden bzw. nicht die ihnen gebührende Aufmerksamkeit erfahren haben.


Exkurs: Die Partie Bobby Fischer vs Andrew Soltis

… aus dem Jahre 1971 ist vielleicht kein Ruhmesblatt für Grossmeister Soltis. Aber hey, der Gegner hiess Bobby Fischer…

(Mittels Mausklick auf einen Zug oder eine Variante öffnet sich ein Analyse-Fenster, inklusive Download-Option als PGN-Datei)


Gute Balance zwischen Text und Varianten

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Sämtliche Partien wurden von Soltis gründlich kommentiert, ohne dass sich seine Analysen in weitläufige, unübersichtliche Verzweigungen von Varianten ergehen. Dies und eine ausgewogene Balance zwischen Textkommentierung und Varianten wird die grosse Mehrheit der Leserschaft zu schätzen wissen. Die Analysen wurden für die Neuauflage beträchtlich überarbeitet, sie beruhen teilweise auf eigenen Bemühungen, teils auf fremden Vorgängeranalysen, was sicherlich nicht kritikwürdig ist. Dies gilt auch für Soltis‘ Entscheidung, keine Verlustpartien Fischers aufzunehmen, sowie nur wenige – dafür hochinteressante – Remispartien.

Bobby Fischer und Mutter Regina - Melonen-Essen in Manhattan - Schach im Glarean Magazin
Teenager Bobby und Mutter Regina beim Melonen-Essen in Brooklyn / New York

Die Markenzeichen von Bobby Fischers Stil, das luzide Positionsspiel, die Fähigkeit, Vorteile zu generieren und diese gnadenlos zu verwerten, die taktische Schlagfertigkeit, all dies verknüpft mit einem unbändigen Siegeswillen, scheinen in all seinen grossartigen Partien auf. Dabei zeigt sich, dass Fischer insgesamt nur sehr wenige Opferpartien gespielt hat, auch wenn diese zu seinen bekanntesten gehören mögen.
Mit dieser ausgezeichneten Partieauswahl dürften nicht nur Fischer-Fans voll auf ihre Kosten kommen. Ich kann dieses Buch nur nachhaltig empfehlen – es dürfte die zweitbeste Partiesammlung zu Bobby Fischer sein, die beste stammt halt immer noch vom grossen Meister selbst! ♦

Andrew Soltis: Bobby Fischer Rediscovered, 312 Seiten, Batsford, ISBN 978-1-84994-606-3 (engl.)

Lesen Sie im Glarean Magazin zum Thema Schach-Genies auch die Anekdoten aus der Welt des Schachs

… sowie zum Thema „Schach in der Zeit des Kalten Krieges“ von Boris Gulko & Viktor Kortschnoi: Der KGB setzt matt

Weitere interessante Internet-Links zu Bobby Fischer:

Graham Burgess: Chess Opening Workbook for Kids

400 Eröffnungsstellungen für Schach-Kids

von Thomas Binder

Mit „Chess Opening Workbook for Kids“ komplettiert der angesehene englische Schach-Trainer und -Autor Graham Burgess seine Eröffnungs-Trilogie für Kinder. Zuvor hatte er in gleicher Aufmachung die Bücher „Schacheröffnungen für Kids“ und „Schach für Kids – Eröffnungsfallen“ vorgelegt. Es ist zu hoffen, dass auch vom neuesten Werk sehr bald eine deutschsprachige Ausgabe erscheint.

Chess Opening Book for Kids - Graham Burgess - Schachbuch-Cover - Gambit Verlag - Glarean Magazin
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Diesmal hat Burgess den Stoff als „Arbeitsbuch“ aufgearbeitet. Das bedeutet, dass in elf Kapiteln über 400 Eröffnungsstellungen präsentiert und jeweils mit einer konkreten Fragestellung verknüpft werden. Wir blicken in der Regel auf eine Stellung, die nach etwa sieben bis zehn Zügen entstanden ist, manchmal auch etwas später.
Welche Seite am Zug ist, wird durch die Buchstaben „W“ bzw. „B“ neben dem Diagramm angezeigt. Für diese Kennzeichnung fehlt in der Schachliteratur offenbar noch ein Quasi-Standard. Andere Autoren benutzen (neben der klassischen Textform) Pfeile oder farbige Kästchen. Chessbase (der Marktführer der Schachprogramme) setzt auf ein rundes schwarzes oder weisses Symbol rechts unten neben dem Brett.
Einige wenige Illustrationen von Shane Mercer lockern das Buch auf. Davon würde ich mir deutlich mehr wünschen.

Von Taktik bis Strategie

Chess Opening Workbook for Kids - Graham Burgess - Leseprobe Glarean Magazin
Leseprobe aus „Chess Opening Workbook for Kids“ zum Thema „Entwicklung und Zentrum“

Das Material ist nach Themen geordnet. Zunächst gibt es taktische Kapitel, wie Matt, Doppelangriff, Figurenfang oder Königsjagd. Unter dem Oberbegriff „Eröffnungsstrategie“ folgen dann Entwicklung, Zentrumsbeherrschung und Rochade. Das letzte dieser Kapitel ist mit „Does Bxh7+ work?“ überschrieben. Es hätte meines Erachtens allerdings in den Taktik-Abschnitt gehört. Der Leser soll hier unvoreingenommen entscheiden, ob sich das klassische Läuferopfer auf h7 oder h2 in der konkreten Stellung lohnt.
Abschliessend gibt es dann noch einige Testaufgaben mit Punktbewertung – ein offenbar unausrottbares Element vieler Schachlehrbücher, dessen Sinn sich mir noch nicht so recht erschlossen hat.

Überlegt ausgewählte Aufgaben

Jedes Kapitel beginnt mit einer kurzen Einführung ins Thema. Auch hier trifft Burgess nach Inhalt und Umfang genau ins Schwarze.
Die Aufgaben – je 6 Diagramme auf einer Seite – sind durchweg sehr überlegt ausgewählt. Es werden unterschiedliche Schwierigkeitsgrade bedient, ohne dass unbedingt eine Sortierung nach aufsteigender Schwierigkeit erkennbar ist. Im Rahmen des Kapitelthemas sind die Aufgaben wiederum recht vielfältig. Hervorzuheben ist auch, dass sich der Leser in manchen Fällen auf die Seite des Verteidigers begeben muss, der eine thematische Gefahr abwehrt. Insgesamt bleibt man immer auf einem Niveau, das es dem jungen Schachtalent ermöglicht, die Aufgaben ohne Schachbrett „vom Blatt“ zu bearbeiten. Genau so muss es ja für eine Vorbereitung unter turniernahen Bedingungen sein.
Im Anschluss an jedes einzelne Kapitel folgen dann die Lösungen. Sie werden schmucklos und ohne weitere Diagramme präsentiert. Das fordert die ambitionierten jungen Leser doch etwas mehr heraus, wenn sie auch hier noch allen Varianten folgen wollen. Auch wirken diese Seiten im Kontrast zu den Aufgabenblättern etwas zu eng bedruckt.

Junge Leser und Trainer als Zielgruppen

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Das Workbook wendet sich primär an die im Titel angesprochenen „Kids“, wobei ich die Altersuntergrenze bei 10 Jahren ansetzen würde. Da es aber keine wirklich auf Kinder zugeschnittenen Elemente enthält, können selbst ältere Jugendliche unbefangen damit arbeiten. Ja – man kann es mit wachsender Spielstärke und Erfahrung sicher auch mehrfach zur Hand nehmen. Neben den jungen Lesern sind deren Trainer eine genauso wichtige Zielgruppe. Sie können den hier vorgelegten Aufgabenschatz in ihren Unterricht einbauen oder für individuelle Aufgabenstellungen nutzen. Gerade Trainer mit wenig Literatur im Hintergrund (z.B. in Schulschachgruppen) finden für kleines Geld einen riesigen Aufgabenvorrat zum Eröffnungsspiel.

Geeignet auch fürs Selbststudium

Aus der Sicht des Trainers ist es allerdings etwas schade, dass die einleitenden Züge vor der Diagrammstellung nicht angegeben werden. Ja – das hätte etwas Platz gekostet, würde aber zusätzliche Einsatzmöglichkeiten im Training bzw. bei der Wettkampfvorbereitung eröffnen. Dass die Partiestellungen ohne Quellen angegeben sind, wirkt auf den ersten Blick ungewohnt, aber es geht eben um Eröffnungsstellungen, die so in der Turnierpraxis ungezählte Male auf dem Brett waren.
Fazit: „Chess Opening Workbook for Kids „ist eine sinnvolle Ergänzung zu den bisher vorliegenden Eröffnungsbüchern für Kinder des gleichen Autors. Sowohl für das Selbststudium als auch den Einsatz im Training ist der Band, der über 400 Aufgaben mit angemessen erklärten Lösungen enthält, hervorragend geeignet. ♦

Graham Burgess: Chess Opening Workbook for Kids – Schachlehrbuch für Kinder, 128 Seiten, Gambit Publications, ISBN 978-1911465379, 2019

Leseprobe (PDF)

Lesen Sie im Glarean Magazin zum Thema Jugend-Schachbücher auch über das Lehrbuch des Circon Verlag: Schachtricks für Kinder

… sowie zum Thema „Schachspielen online“ über Stefan Breuer: Online-Schach für Amateur- und Hobbyspieler


English Translation

400 Opening Positions for Chess Kids

With „Chess Opening Workbook for Kids“ the renowned English chess trainer and author Graham Burgess completes his opening trilogy for children. Previously he had presented the books „Chess Opening Workbook for Kids“ and „Chess for Kids – Opening Traps“ in the same layout. It is to be hoped that a German-language edition of his latest work will also be published very soon.

This time Burgess has worked up the material as a „workbook“. This means that over 400 opening positions are presented in eleven chapters, each linked to a specific question. As a rule we look at a position that was created after about seven to ten moves, sometimes a little later.
Which side is the move is indicated by the letters „W“ or „B“ next to the diagram. Apparently there is still no quasi-standard for this marking in chess literature. Other authors use (besides the classical text form) arrows or coloured boxes. Chessbase (the market leader of chess programs) uses a round black or white symbol at the bottom right of the board.
A few illustrations by Shane Mercer loosen up the book. I would like to see much more of that.

From tactics to strategy

The material is arranged by topic. First there are tactical chapters, such as Matt, double attack, figure catching or king hunting. Under the generic term „opening strategy“, development, centre control and castling follow. The last of these chapters is titled „Does Bxh7+ work? In my opinion, however, it would have belonged in the tactics section. The reader should decide here without prejudice whether the classic runner sacrifice on h7 or h2 is worthwhile in the concrete position.
Finally there are some test exercises with point scoring – an apparently ineradicable element of many chess textbooks, the sense of which I have not yet quite understood.

Thoughtfully selected exercises

Each chapter begins with a short introduction to the topic. Here too, Burgess hits the mark in terms of content and scope.
The tasks – 6 diagrams on each page – have been carefully chosen throughout. Different levels of difficulty are used, without necessarily being sorted according to ascending difficulty. Within the chapter topic the tasks are again quite varied. It should also be emphasized that in some cases the reader has to take the side of the defender who defends a thematic danger. All in all one always stays on a level that allows the young chess talent to work on the tasks „off the page“ without a chessboard. This is exactly how it has to be for a preparation under tournament conditions.
Each chapter is followed by the solutions. They are presented unadorned and without further diagrams. This challenges the ambitious young readers a little bit more, if they want to follow all variants. Also, these pages appear a little too tightly printed in contrast to the task sheets.

Young readers and trainers as target groups

The workbook is primarily aimed at the „kids“ mentioned in the title, whereby I would set the age limit at 10 years. However, since it does not contain any elements that are really tailored to children, even older teenagers can work with it without any bias. Yes – with increasing playing strength and experience you can certainly use it several times. Besides young readers, their trainers are an equally important target group. They can incorporate the wealth of tasks presented here into their lessons or use it for individual tasks. Especially coaches with little literature in the background (e.g. in school chess groups) will find a huge pool of tasks for the opening game for little money.

Also suitable for self-study

From the trainer’s point of view, however, it is a bit of a pity that the introductory moves are not indicated before the diagram is drawn. Yes – this would have taken up some space, but would have opened up additional possibilities for training or competition preparation. The fact that the party positions are given without sources may seem unusual at first sight, but it is about opening positions, which have been on the board countless times in practice.

Conclusion: „Chess Opening Workbook for Kids „is a useful addition to the existing opening books for children by the same author. The volume, which contains over 400 tasks with appropriately explained solutions, is excellently suited for both self-study and training. ♦
(Thomas Binder, http://www.glarean-magazin.ch)

Frauen-Schach-Weltmeisterschaft 2020

Ju Wenjun verteidigt ihren WM-Titel

von Walter Eigenmann

Gestern ging in der „Blue Hall“ der FEFU-University von Vladivostok die Frauen-Schach-Weltmeisterschaft 2020 der FIDE zuende. Die amtierende Weltmeisterin Ju Wenjun verteidigte den Titel gegen ihre Herausforderin Aleksandra Goryachkina knapp mit einem Playoff-Resultat von 2½-1½, nachdem die vorausgegangenen regulären Partien ein Unentschieden von 6-6 gezeitigt hatten.

Die zwei Weltklasse-Spielerinnen fochten ihr WM-Match, dessen erste Hälfte im chinesischen Shanghai und anschliessend im russischen Vladivostok ausgetragen wurde, auf einem insgesamt sehr hohen Niveau aus. Jede der insgesamt 16 Partien war hart umkämpft, das längste Game dauerte gar über 100 Züge. Dazu motiviert mag auch das verhältnismässig hochdotierte Preisgeld haben: 300’000 Euro bekam die Gewinnerin, immerhin noch 200’000 die Unterlegene.
Dabei erwiesen sich die beiden Grossmeisterinnen als absolut ebenbürtig. Sechs der zwölf Partien endeten remis, die anderen sechs teilte man sich in je drei Siege.

Die amtierende Schach-Weltmeisterin Ju Wenjun (links) schickt sich zum ersten Zug an, gespannt erwartet von ihrer Herausforderin Aleksandra Goryachkina. Im Hintergrund die iranische WM-Schiedsrichterin Shohreh Bayat.
Die amtierende Schach-Weltmeisterin Ju Wenjun (links) schickt sich zum ersten Zug an, gespannt erwartet von ihrer Herausforderin Aleksandra Goryachkina. Im Hintergrund die iranische WM-Schiedsrichterin Shohreh Bayat, deren „Kopftuch-Skandal“ an der WM nicht nur in ihrem Heimatland, sondern auch in der Schachwelt für hitzige Diskussionen sorgte…

Knapper Sieg im Tiebreak

Im gestrigen Playoff hatte das Duo den Titelgewinn in vier Schnell-Partien mit je 25 Minuten Bedenkzeit auszumachen.
Goryachkina war dem Sieg im ersten Spiel sehr nahe, und auch im zweiten Spiel dominierte sie, aber die Herausforderin konnte ihren Vorteil in beiden Fällen nicht umsetzen.
Beim dritten Angriff tischte Ju Wenjun die gleiche Eröffnung wie im ersten Spiel auch, allerdings mit einer Verbesserung, die ihr eine aggressivere Vorgehensweise erlaubte und schliesslich den vollen Punkt einbrachte.

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Im letzten Spiel hatte die Russin also mit den weissen Figuren zu gewinnen. Dementsprechend setzte sie alles auf eine Karte, wagte ein Bauernopfer, um die Initiative ergreifen zu können. Aber ihre ältere und erfahrenere Gegnerin gab das Material zurück und vermochte die Balance bis zum Remis zu sichern, was ihr genügte, die Krone zu behalten. ♦ [Walter Eigenmann]

Nachfolgend einige Top-Shots aus den 16 Games. (Mausklick auf einen Zug oder eine Variante öffnet ein Analyse-Fenster, wo sich auch das betr. PGN-File downloaden lässt).
Hier kann man alle Partien im PGN-Format runterladen.

Lesen Sie im Glarean Magazin zum Thema Chinesisches Spitzenschach auch über das Super-GM-Turnier in Danzhou 2017

… sowie über den Titel-Gewinn von Ju Wenjun vor zwei Jahren: Chinesische Dominanz gefestigt

Ausstellungs-Katalog „Schach und Religion“ (Ebersberg)

Geistesgeschichtlicher Blick auf das Schachspiel

von Thomas Binder

An wenigen Tagen im August 2019 fand im Rathaus des oberbayrischen Ebersberg eine Ausstellung unter dem Titel „Schach und Religion“ statt. Trotz Erwähnung auf gemeinhin einflussreichen Homepages hat sie in der klassischen Schach-Öffentlichkeit nur wenig Widerhall gefunden. Nun hat die ausrichtende Schach- und Kulturstiftung ein Begleitbuch zu dieser Schau herausgebracht, das weit über einen Ausstellungskatalog hinaus geht.
Katalogcharakter im herkömmlichen Sinne haben nur die letzten knapp 40 Seiten, auf denen die ausgestellten Exponate (vorwiegend Gemälde und Figurensätze) abgebildet werden. Für diejenigen Werke, die im Textteil des Buches nicht näher besprochen werden, sind die Informationen in diesem Abschnitt leider etwas knapp.

Schach und Religion - Kulturstiftung GHS - Ausstellungs-Katalog - Cover - Glarean MagazinKommen wir also zum gut 100 Seiten langen Textteil. Hier werden wir nicht etwa auf theologische Abhandlungen stossen, sondern erfahren unter dem Obertitel „Schach und Religion“ viel Interessantes aus der Geschichte unseres Spiels. Der religiöse Aspekt dient dabei mal mehr, mal weniger als Leitfaden, wird aber oft genug verlassen, und der Blick reicht deutlich weiter.
Wer sich fragt, was denn wohl Schach und Religion miteinander zu tun haben, dem sei aus der Einleitung zu einem Beitrag des früheren DSB-Präsidenten Herbert Bastian zitiert: Er bezeichnet Schach und Religion als „… zwei Kulturfaktoren mit weltumspannender Bedeutung […] Beide geben ihren Anhängern Halt und etwas Familiäres.“

Leseprobe

Schach und Religion - Kulturstiftung GHS - Ausstellungs-Katalog - Leseprobe - Glarean Magazin
„Schach und Religion“ der Kulturstiftung GHS: Leseprobe aus dem gleichnamigen Ausstellungs-Katalog (Ebersberg 2019)

Autoren mit wissenschaftlichem Anspruch

Den Leser erwarten insgesamt acht Artikel von unterschiedlichem Umfang, denen freilich gemein ist, dass sie von sachkundigen Autoren mit durchaus wissenschaftlichem Anspruch geschrieben wurden. Das mag es dem Leser, der in die Materie gerade erst eintauchen will, hier und da etwas schwer machen. Angesichts der thematischen Vielfalt wird aber wohl jeder historisch interessierte Schachfreund Erkenntnisse und Denkanstösse mitnehmen.

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Der Salzburger Kulturhistoriker Rainer Buland hat mit „Schach – Spiel – Religion“ den Leitartikel (oder neudeutsch: die Keynote) geschrieben. Er gliedert seine Arbeit in fünf Ebenen. Zunächst widmet er sich der Figur des Läufers, der ja in manchen Sprachen eigentlich ein Bischof ist. Dann verweist er darauf, dass viele Theologen dem Schachspiel zugetan waren, es dabei aber im grösseren Zusammenhang als Allegorie verstanden und in ihre Lehre einbanden. Dann geht Buland darauf ein, dass das Spiel durchaus zeitweise als Laster angesehen und gegen solche Vorwürfe verteidigt werden musste. Einen grossen Umfang nehmen die sehr interessanten Untersuchungen zu der Radierung „Die Schachspieler“ von Moritz Retzsch (1779 – 1857) ein. Schliesslich stellt sich der Autor noch der Frage, ob man das Schachspiel selbst als Religion verstehen kann.

Profunde Artikel für Laien und Experten

Herbert Bastian - Schach-Funktionär Buchautor - Glarean Magazin
Verbandsfunktionär, Internationaler Meister, Schachhistoriker: Herbert Bastian

Im zweiten umfangreichen Beitrag beleuchtet Herbert Bastian das Verhältnis von Schach und Religion an Beispielen von den ersten Erwähnungen an bis zur Gegenwart. Bastian ist als profunder Kenner der Kulturgeschichte des Schachspiels nicht zuletzt durch eine umfangreiche Artikelserie in der Zeitschrift „Rochade Europa“ ausgewiesen. Daher an eine breite Leserschaft gewohnt, ist sein Text für den interessierten Laien sogar etwas einfacher nachzuvollziehen, als die doch sehr wissenschaftlichen Ausführungen bei Rainer Buland – gut, dass wir in diesem Katalog beide Herangehensweisen finden.
Den dritten, sehr umfangreichen Artikel verfasste der Altphilologe Wilfried Stroh. Er bietet eine Neuübersetzung (aus dem Lateinischen) sowie eine ausführliche Interpretation der „Schachode“ des Jesuiten und Dichters Jacob Balde (1604 – 1668). Wenn im Vorwort von einem „berühmten Gedicht“ gesprochen wird, verdeutlicht dies die angesprochene Zielgruppe. Als sehr wohl schachhistorisch belesener Interessent, waren mir diese Ode und ihr Autor – Asche auf mein Haupt – bislang völlig unbekannt und selbst der Wikipedia-Eintrag über Balde erwähnt die Schachode mit keinem Wort. Spätestens jetzt ahnt man also, dass die Neuübersetzung und Interpretation dem kritischen Blick der Fachwissenschaft Stand halten wird, ja wohl richtungsweisenden Charakter einer Neubewertung hat. Dementsprechend anspruchsvoll ist für literaturwissenschaftliche Laien allerdings auch die Lektüre des 20 Seiten umfassenden Artikels.

Schachmatt - Geistliche Würdenträger beim Schachspielen - Holzstich von Thure Cederström 1880 - Glarean Magazin
„Schachmatt“ nach einem Holzstich von Thure Cederström 1880: Geistliche Würdenträger beim Schachspielen

Luther und Augustinus beim Schachspielen

Eingebettet in diese drei „grossen Brocken“ finden wir fünf kürzere und in all ihrer Unterschiedlichkeit anregende Texte.
Lokalkolorit zum Ort der Ausstellung steuert Georg Schweiger (Vorstand der ausrichtenden Stiftung) mit dem Artikel über die Schachfiguren der Falkensteiner Grafen bei. Bis ins 12. Jahrhundert lässt sich nachweisen, welche Bedeutung das Spiel in dieser Herrscherfamilie und darüber hinaus für Adel und – als Bezug zum Titel der Ausstellung – für den Klerus hatte. In seinem zweiten Beitrag erläutert Schweiger, warum die Heilige Teresa von Avila (1515 – 1582) die Patronin der Schachspieler ist. Auch hier ist Ihr Rezensent peinlich berührt von einer bisherigen Wissenslücke, hatte ich doch bisher nur Caissa gekannt.

Glarean Magazin - Muster-Inserat - Banner 250x176Mit zwei kurzen Beiträgen ist der Historiker sowie engagierte Schachspieler und -organisator Konrad Reiss vertreten. Reiss dürfte einer grösseren Öffentlichkeit vor allem als Leiter des Schachmuseums in Löberitz bekannt sein. Die beiden Artikel verbinden Schach und Religion in kongenialer Weise mit Reiss‘ mitteldeutscher Heimat. Er stellt uns die Schachallegorie im Dom zu Naumburg vor: Zwei schachspielende Affen an einem Pfeilersims laden zu jeder Art von Interpretation ein. Seinen zweiten Beitrag widmet Reiss der Legende über eine Schachpartie Martin Luthers gegen eine Gruppe von als Bergleute verkleideten Studenten.
Noch weiter zurück führt uns die Kuratorin der Ausstellung Natascha Niemeyer-Wasserer mit ihrem kurzen Exkurs über ein Gemälde von Nicolo di Pietro vom Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts, das den Heiligen Augustinus beim Schachspiel zeigt.

Vielfältiger Blick auf die Schachgeschichte

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Ich hoffe, diese kurze Inhaltsübersicht konnte die Neugier der Leser wecken, sich näher mit den Beiträgen dieses Begleitbuchs zur Ausstellung „Schach und Religion“ zu beschäftigen. Den nicht ganz geringen Preis rechtfertigen neben dem Inhalt der Arbeiten auch die zahlreichen Abbildungen und die insgesamt hochwertig anmutende Gestaltung.
Fazit: Weit über einen Ausstellungskatalog hinaus gehend, bietet das Buch vielfältige Blicke auf die europäische Schach-Frühgeschichte. Die Bezüge zur Religion sind dabei Richtschnur, schränken aber die Vielfalt der Betrachtungen nicht ein. Auch wer sich schon intensiver mit der Historie des königlichen Spiels beschäftigt hat, wird viele neue Erkenntnisse gewinnen, muss sich freilich an einigen Stellen auf das sprachliche Niveau einer wissenschaftlichen Arbeit einstellen. ♦

Schach und Religion – Katalog zur Ausstellung in Ebersberg, Schach- und Kulturstiftung G.H.S., 144 Seiten, ISBN 978-3-00-063173-3

Lesen Sie im Glarean Magazin zum Thema Schachgeschichte auch über
Gerhard Josten: Auf der SeidenStrasse zur Quelle des Schachs

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Axel Gutjahr: Schach spielen mit Niveau

Zu ausschweifend, zu fehlerhaft

von Thomas Binder

Wie viele Einsteiger-Lehrbücher in den letzten zehn Jahren über meinen Schreibtisch wanderten, habe ich nicht nachgezählt. Und doch wird man immer wieder mit neuem Herangehen an dieses Thema konfrontiert.
Der aktuellste Versuch heisst „Schach spielen mit Niveau“, im Untertitel „Bewährte Regeln und Strategien für Anfänger und Fortgeschrittene“. Als Autor fungiert Axel Gutjahr aus dem thüringischen Stadtroda.

Axel Gutjahr - Schach spielen mit Niveau - Cover Anaconda Verlag - Glarean MagazinAls Schachspieler, -trainer oder -autor ist Gutjahr meines Wissens bisher nicht hervorgetreten. Auch wird er im Buch nicht näher vorgestellt. Allerdings sind im gleichen Verlag aus seiner Feder und mit entsprechend identischem „niveauvollen“ Titel auch Lehrbücher zum Skat und zum Doppelkopf erschienen. Gutjahr arbeitet also offenbar als Ratgeber-Autor in einem etwas breiteren Feld, und den Eindruck eines Ratgebers wird man auch bei der Lektüre immer wieder haben. Im gleichen Stil könnte der Autor wohl auch Kochrezepte oder Anleitungen für Heimwerker verfassen…

Wortreich und umständlich

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Was bedeutet das? Es bedeutet vor allem, dass wir sprachlich und teilweise auch satztechnisch ein Buch vor uns haben, dass sich von sonstiger Schachlektüre stark unterscheidet. Gutjahr schreibt wortreich und ausschweifend – als schachlich gewandter Leser könnte man auch „umständlich“ sagen. Gewöhnungsbedürftig ist auch die Notation, bei der er die Halbzüge eines Zugpaares mit einem Bindestrich trennt: 1.e4 – e5 2. Sf3 – Sc6. Das sind natürlich Äusserlichkeiten, doch das Vertrauen in den Anspruch des Untertitels wird dabei nicht unbedingt gefestigt.
Schauen wir kurz durch die einzelnen Kapitel des Buches: Es beginnt natürlich mit den Spielregeln, angefangen beim Brettaufbau und schon mit Einschluss der technischen Matts. Nach etwa 30 Seiten Text haben wir die Grundregeln also erlernt. Wie schon angedeutet, wird alles sehr ausführlich und verschwurbelt in langen Texten verpackt.
Leider gibt es mindestens einen gravierenden Fehler bei der Erklärung des Remis durch Stellungswiederholung. Dieses kommt nur als „Dauerschach“ vor und verlangt zudem eine Wiederholung der gleichen Züge. Spätestens an dieser Stelle war mein Vertrauen in das Buch unwiederbringlich erschüttert.

Grundlegende Schach-Techniken

Auf den nächsten knapp zehn Seiten geht es um grundlegende Techniken wie Fesselung und Gabeln, natürlich auch wieder sehr ausschweifend erklärt. Lebhafter wird es auf den nächsten sechs Seiten mit der Präsentation einiger bekannter und immer wieder beeindruckender Mattkombinationen, etwa das Libellenmatt, Bodens Matt oder jenes der Anastasia. Diese in Schachkreisen bekannten Bezeichnungen kommen in der ausführlichen Beschreibung der Kombinationen allerdings nicht vor.

Leseprobe aus Axel Gutjahr: Schach spielen mit Niveau (Anaconda Verlag 2019) Glarean Magazin
Leseprobe aus Axel Gutjahr: Schach spielen mit Niveau (Anaconda Verlag 2019)

In der Folge geht es um die drei Teile der Schachpartie: Eröffnung, Mittelspiel und Endspiel. Mit Abstand den grössten Rahmen nimmt dabei die Eröffnung ein. Etwa 40 Seiten widmet Gutjahr diesem Abschnitt. Das Wichtigste steht dabei auf jener einen(!) Seite, auf der die Grundprinzipien des Partieanfangs erklärt werden: Figurenentwicklung, Besetzung des Zentrums und Königssicherheit.
Den gleichen Raum verwendet Gutjahr darauf, zu erklären, warum nach 1.e4 e5 2.Sf3 der Zug 2.- Ld6 nicht eben zu empfehlen ist (der zudem per Druckfehler als 2.- Lf6 vorgestellt wird). Es folgen grundlegende Varianten und kurze Erläuterungen zu einigen willkürlich ausgewählten Systemen. Hier hat man stellenweise den Eindruck eines gediegenen Schachbuches – um gleich danach zwei(!) Seiten lang vor den beiden Narrenmatts 1.f3 e5 2.g4?? Dh4# und 1.e3 e5 2.Dh5 Ke7?? 3.Dxe5# gewarnt zu werden.

Oberflächliche Endspiel-Behandlung

FAZIT: „Schach spielen mit Niveau“ von Axel Gutjahr ist ein Einsteiger-Lehrbuch im Ratgeber-Stil, das zwiespältige Eindrücke hinterlässt. Wer als Erwachsener auf dem Weg über ein Buch im Selbststudium das königliche Spiel erlernen will, mag es mit diesem sehr preiswerten Buch versuchen.

Es folgen ca. zehn Seiten über das Mittelspiel. Anhand ausgewählter Partieverläufe stellt der Autor das Zusammenspiel der Figuren in den Blickpunkt. Dieser Ansatz, bei dem die ausführlichen Erläuterungen zur Stärke reifen können, hätte deutlich mehr Umfang verdient.
Das Endspiel-Kapitel ist nicht ganz 20 Seiten lang, beschränkt sich dabei auf einfache Endspiele und bleibt allgemein sehr an der Oberfläche.
Im letzten grösseren Kapitel stellt Axel Gutjahr schliesslich einige Partien von Weltmeistern vor. Die Auswahl fiel (in dieser Reihenfolge) auf Lasker, Capablanca, Fischer, Menchik, Aljechin, Zsuzsa Polgar, Spasski und Kasparow.

Ansprechende Buchgestaltung

Das insgesamt ansprechend gestaltete und durchweg vierfarbig gedruckte Buch hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Wenn sich der Autor an dem Anspruch „… für Anfänger und Fortgeschrittene“ messen lässt, wird er wohl den ersteren längst nicht alle Fragen beantworten, während die anderen nicht mehr viel Erkenntnisgewinn aus dem Werk ziehen können.

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Als Leser kommen erwachsene Schach-Einsteiger in Frage – für ein Kinderbuch fehlen jegliche unterhaltenden oder spielerischen Elemente –, die das königliche Spiel im Selbststudium mittels eines Buches erlernen wollen. Ob diese Klientel gross genug ist, kann man angesichts der zahlreichen anderen Möglichkeiten bezweifeln.
Zudem hätte man sich aus deren Sicht noch einen Ausblick gewünscht, der dem Leser den Weg in einen Schachklub oder zu einem passenden Turnier ebnet. Die Fragen „Wie finde ich den passenden Schachverein und was erwartet mich dort?“ und „Was muss ich wissen, wenn ich mich an mein erstes Turnier wage?“ werden leider nicht beantwortet.
Zusammengefasst: „Schach spielen mit Niveau“ von Axel Gutjahr ist ein Einsteiger-Lehrbuch im Ratgeber-Stil, das zwiespältige Eindrücke hinterlässt. Wer als Erwachsener auf dem Weg über ein Buch im Selbststudium das königliche Spiel erlernen will, mag es mit diesem sehr preiswerten Buch versuchen. ♦

Axel Gutjahr: Schach spielen mit Niveau – Bewährte Regeln und Strategien für Anfänger und Fortgeschrittene, Anaconda Verlag, 144 Seiten, ISBN 978-3730607633

Lesen Sie im Glarean Magazin zum Thema Schachpädagogik auch das
Interview mit dem Schach-Autor Reinhold Ripperger

… sowie zum Thema Schach-Tricks über
Gerhard Kubik: Die Psychotricks der Schachprofis

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Cyrus Lakdawala: Winning Ugly in Chess (Schach)

Herausragende Schach-Kommentierung

von Thomas Binder

Wenn sich vortreffliche Fähigkeiten sowohl als Schachtrainer wie als Autor positiv ergänzen, ist das für den Leser der so entstandenen Bücher ein Glücksfall. Ein solcher Glücksfall ist der amerikanische Schach-IM Cyrus Lakdawala für uns Schachbuch-Konsumenten. Als neuestes Werk aus seiner Feder liegt nun „Winning ugly in chess“ vor.
Der Untertitel „Playing badly is no excuse for losing“ und auch der Satz aus dem Klappentext „The next time the wrong player wins, you will be that player!” wecken dabei allerdings eine Erwartung, die man nicht zu wörtlich nehmen sollte.

Ressourcen in nachteiligen Stellungen

Cyrus Lakdawala - Winning ugly in Chess - New In Chess - Cover - Glarean MagazinEs geht hier natürlich nicht um schmutzige Tricks. Wir lernen vielmehr, dass auch in nachteiligen Stellungen oft noch Ressourcen schlummern, mit denen man dem Spiel eine unerwartete Wende geben kann. Auch für die Gegenseite gibt es hilfreiche Tipps, wie man den verdienten Sieg absichert und sich gegen unliebsame Überraschungen wappnet.
Lakdawala präsentiert uns 67 Partien von Klassikern bis zum Jahr 2018 einschliesslich eines Ausblicks in die Alpha-Zero-Ära. Das Spektrum der Spielstärke reicht von den Weltmeistern bis zu Lakdawalas Schülern im Bereich um Elo 2000. Dabei haben die Partien gemein, dass der Vorteil oft mehrfach hin und her wechselt.Der Kampf wird immer aus Sicht beider Parteien beleuchtet – eben keine ausgesuchten Musterpartien, sondern Schach aus dem richtigen Leben.

Rekordpartie Nikolic-Arsovic 1989

Hervorheben möchte ich die Rekordpartie Nikolic-Arsovic von 1989, mit 269 Zügen die längste Turnierpartie der Geschichte. Sie wird ja oft nur als Kuriosität vermerkt, hier aber seriös analysiert. Allerdings tut der Autor den Spielern Unrecht, wenn er ihnen mehrfach vorwirft, die 50-Züge-Regel nicht in Anspruch genommen zu haben. Diese war gerade zu jener Zeit und für diesen Endspieltyp ausser Kraft gesetzt.
(Wir bringen nachfolgend die gesamte Partie, versehen mit der automatischen Kommentierung durch Stockfish, eines der führenden aktuellen Schachprogramme; für jene die sich das Buch zulegen, wäre es reizvoll, Lakdawala’s Kommentare mit jenen des Computers zu vergleichen):

67 Partien auf 330 Seiten

67 Partien auf ca. 330 Seiten – wir bekommen also jeweils ausführliche Kommentare geboten. Dabei legt Lakdawala den Schwerpunkt auf Erklärungen in Textform. Varianten untermauern lediglich das Gesagte, sind dabei immer überschaubar und nachvollziehbar. Das zweispaltige Layout wirkt harmonisch und erleichtert die Lektüre.

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Neben dem reinen Kommentar sind in jeder Partie drei weitere Stilmittel zu finden, die den erfahrenen Trainer erkennen lassen:

  • Moments of Contemplation: Hier wird die Stellung an kritischen Wendepunkten betrachtet, werden die Pläne beider Seiten vorgestellt. Auch der Leser sollte sich diesen Moment der Besinnung nehmen.
  • Exercises: Hier werden wir direkt aufgefordert, uns für eine Fortsetzung (nicht unbedingt nur den nächsten Zug, sondern oft einen weiterführenden Plan) zu entscheiden. Kleiner Kritikpunkt an dieser Stelle: Da die Partiefortsetzung unmittelbar in der Notation folgt und per Zeichensetzung bewertet wird, kann man kaum vermeiden, sie bereits im Blick zu haben.
  • Principles: An passenden Stellen ruft der Trainer die bekannten Prinzipien in Erinnerung, wie z.B. „Öffne das Spiel, wenn du Entwicklungsvorsprung hast.“

Breites Leistungsspektrum

In Summe bekommen wir herausragend kommentierte und für Schachspieler in einem breiten Leistungsspektrum lehrreiche Partien. Vom fortgeschrittenen Vereinsspieler (Niveau um 2000) bis zum ambitionierten 1500er wird niemand das Buch enttäuscht aus der Hand legen. Die folgende Leseprobe verdeutlicht diese Einschätzung:

Cyrus Lakdawala - Winning ugly in Chess - New In Chess - Leseprobe - Glarean Magazin
Leseprobe aus Cyrus Lakdawala: Winning ugly in Chess

Einzigartiger Plauderton

FAZIT: Für die neue Schach-Monographie von Cyrus Lakdawala: Winning ugly in chess darf man eine uneingeschränkte Kaufempfehlung aussprechen. Die Qualitäten von Lakdawala sowohl als Trainer als auch als Autor ergänzen sich hervorragend. Und Lakdawalas Kommentare gehen weit über das rein Schachliche hinaus. Immer wieder nimmt er Anleihen im Alltag, in der Literatur oder beim Film. Dieser Plauderton sucht in der Schachliteratur seinesgleichen und verleiht diesen 67 ausführlich und lehrreich kommentierten Partien einen zusätzlichen Reiz. Prächtige Schach-Unterhaltung!

Vom Trainer zum Autor Lakdawala: Er redet mit uns in einem Plauderton, der in der Schachliteratur seinesgleichen sucht. Nicht alles, was er schreibt ist „political correct“ – so kommt auch ein gut Stück Persönlichkeit herüber. Man wähnt in Lakdawala bald einen guten Freund, den man schon lange kennt. Dass der Autor allerdings bei einer eigenen(!) Partie die dem Namen nach offensichtlich weibliche Gegnerin konsequent als „he“ adressiert, ist gewiss nur ein Versehen. Das Phänomen, den Gegner immer mit „er“ zu beschreiben, auch wenn es sich um eine Frau handelte, hat der Rezensent auch selbst schon bei vielen Schachfreunden – selbst bei Kindern – bemerkt.
Lakdawalas Kommentare gehen weit über das rein Schachliche hinaus. Immer wieder nimmt er Anleihen im Alltag, in der Literatur oder beim Film. Dass da der mitteleuropäische Leser an einigen Stellen die Bezüge nicht ganz auflösen kann, ist dem Autor natürlich nicht vorzuwerfen.

Unterhaltsam und lehrreich

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Das Buch liegt gegenwärtig nur im englischen Original vor. Wer mit fremdsprachigen Schachbüchern oder Internet-Quellen vertraut ist, wird kein Problem damit haben. Allerdings braucht es für das restlose Verstehen des ganzen Textes – einschliesslich aller gedanklichen Abschweifungen – doch etwas mehr Sprachkompetenz, als bei englischsprachigen Schachbüchern sonst. Dem rein schachlichen Erkenntnisgewinn tut es jedoch keinen Abbruch, wenn man hier oder da sprachlich abgehängt wird.
Nach dem Lesen des Buches fühlt sich der Rezensent prächtig unterhalten und glaubt sogar, dass er etwas gelernt hat. Wenn ich also das nächste Mal eine Schachpartie gewinne, dann vielleicht gerade deshalb, weil nicht „the wrong player wins“.
Lakdawala kündigte jüngst in einem Interview der Zeitschrift SCHACH weitere Buchprojekte an. Spannung und Vorfreude der Leserschaft sind ihm gewiss. ♦

Cyrus Lakdawala: Winning Ugly in Chess, 336 Seiten, Verlag New In Chess, ISBN 978-90-5691-828-6

Lesen Sie im Glarean Magazin zum Thema Schach-Training auch über
Franco Zaninotti: Aus Fehlern lernen

… sowie zum Thema Schach-Kommentare über
Siegbert Tarrasch: Das Schachspiel


English Translation

Outstanding Chess Comments

by Thomas Binder

If excellent skills complement each other positively both as a chess trainer and as an author, this is a stroke of luck for the reader of the books thus created. Such a stroke of luck is the American chess IM Cyrus Lakdawala for us chess book consumers. The latest work from his pen is „Winning ugly in chess“.
The subtitle „Playing badly is no excuse for losing“ and the sentence from the blurb „The next time the wrong player wins, you will be that player!

Resources in disadvantageous positions

Of course, this isn’t about dirty tricks. Rather, we learn that even in disadvantageous positions, there are often resources that can be used to give the game an unexpected turn. There are also helpful tips for the other side on how to secure your deserved victory and arm yourself against unpleasant surprises.
Lakdawala presents 67 games of classics through 2018, including a glimpse into the Alpha Zero era. The range of the playing strength reaches from the world champions to Lakdawala’s students in the area around Elo 2000. The games have in common that the advantage often changes back and forth several times. The fight is always illuminated from the point of view of both parties – no selected sample games, but chess from real life.

Record game Nikolic-Arsovic 1989

I would like to highlight the record game Nikolic-Arsovic from 1989, with 269 moves the longest tournament game in history. It is often only noted as a curiosity, but here it is analysed seriously. However, the author does the players wrong by repeatedly accusing them of not having made use of the 50-move rule. This rule was suspended at that time and for this type of endgame.
(We bring below the whole game, provided with the automatic comment by Stockfish, one of the leading current chess programs; for those who buy the book, it would be appealing to compare Lakdawala’s comments with those of the computer):

(See PGN game above)

67 games on 330 pages

67 games on approx. 330 pages – so we always get detailed comments. Lakdawala focuses on explanations in text form. Variants only support what has been said and are always clear and comprehensible. The two-column layout is harmonious and makes reading easier.

Beside the pure commentary there are three further stylistic devices in each game, which let the experienced trainer recognize:

Moments of Contemplation: Here the position at critical turning points is examined and the plans of both sides are presented. The reader should also take this moment of reflection.
Exercises: Here we are directly asked to decide for a continuation (not necessarily only the next move, but often a further plan). A small point of criticism at this point: Since the continuation of the game follows immediately in the notation and is evaluated by punctuation, one can hardly avoid having it already in view.
Principles: In appropriate places, the trainer recalls the familiar principles, such as „Open the game if you have a head start in development“.

Wide range of services

All in all, we get outstandingly commented and instructive games for chess players in a wide performance spectrum. From the advanced club player (level around 2000) to the ambitious 1500 player nobody will put the book disappointed out of hand. The following sample illustrates this assessment:

Unique chat tone

From trainer to author Lakdawala: He talks to us in a chatty tone that has no equal in chess literature. Not everything he writes is „politically correct“ – this is how a good piece of personality comes across. In Lakdawala you soon think of a good friend you’ve known for a long time. But the fact that the author consistently addresses his obviously female opponent as „he“ in his own (!) game is certainly only an oversight. The phenomenon of always describing the opponent with „he“, even if it was a woman, has already been noticed by the reviewer himself with many chess friends – even with children.
Lakdawala’s comments go far beyond the pure chess. Again and again he borrows from everyday life, literature or film. The fact that the Central European reader cannot completely dissolve the references in some places is of course not to be reproached to the author.

Entertaining and instructive

The book is currently only available in the English original. Who is familiar with foreign chess books or Internet sources will have no problem with it. However, for the complete understanding of the whole text – including all mental digressions – a little more language competence is needed than with English chess books otherwise. The purely chess knowledge gain, however, is not affected by being lost here and there linguistically.
After reading the book the reviewer feels splendidly entertained and even believes that he has learned something. So the next time I win a game of chess, maybe it’s precisely because „the wrong player wins“.
Lakdawala recently announced further book projects in an interview with the magazine SCHACH. He is sure of the excitement and anticipation of the readership. ♦

Cyrus Lakdawala: Winning Ugly in Chess, 336 pages, Verlag New In Chess, ISBN 978-90-5691-828-6