Das Zitat der Woche
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«Die Bibel? Ein echter Reißer!»
Umberto Eco
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Ich muss sagen, als ich den Anfang dieses Manuskripts und die ersten hundert Seiten las (Eco erstellt hier einen Lektorenbericht über die Bibel…/Anm. der Red.), war ich begeistert. Alles Action, prallvoll mit allem, was die Leser heute von einem richtigen Schmöker erwarten: Sex (jede Menge), Ehebrüche, Sodomie, Mord und Totschlag, Inzest, Kriege, Massaker usw. Die Episode in Sodom und Comorra mit den Schwulen, die die zwei Engel vernaschen wollen, könnte von Rabelais sein; die Geschichte von Noah sind reinster Karl May, die Flucht nach Ägypten schreit geradezu nach Verfilmung… Kurz, ein echter Reißer, gut konstruiert, mit effektsicheren Theatercoups, voller Fantasy, dazu genau die richtige Prise Messianismus, ohne die Sache ins Tragische kippen zu lassen.
Beim Weiterlesen habe ich dann gemerkt, dass es sich um eine Anthologie diverser Autoren handelt, eine Zusammenstellung sehr heterogener Texte mit vielen, zu vielen poetischen Stellen, von denen manche auch ganz schön fade und larmoyant sind, echte Jeremiaden ohne Sinn und Verstand.
Was dabei herauskommt, ist ein monströses Sammelsurium, ein Buch, das alle bedienen will und daher am Ende keinem gefällt.
Außerdem wäre es eine Heidenarbeit, die Rechte von all den Autoren einzuholen, es sei denn, der Herausgeber stünde dafür gerade. Aber dieser Herausgeber wird leider nirgends genannt, nicht mal im Register, als ob es irgendwie Hemmungen gäbe, seinen Namen zu nennen.
Ich würde vorschlagen zu verhandeln, um zu sehen, ob man nicht die ersten fünf Bücher allein herausbringen kann. Das wäre ein sicherer Erfolg. Mit einem Titel wie Die verlorene Schar vom Roten Meer oder so.Aus Umberto Eco, Platon im Striptease-Lokal, Parodien und Travestien, darin: <…müssen wir mit Bedauern ablehnen (Lektoratsgutachten)>, Hanser Verlag 1990
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