Guido Rohm - Aus der Pathologie

26 Juni 2010, Das Treffen der drei Schwestern, 7.14 Uhr

Advertisements

Morgenzigarette. Kaffee.
Seraphe, das Kind und Seraphes Schwester, die ich in der Pathologie fortan Gauß nennen werde, weil sie ein wahres Mathematikgenie ist, schlafen noch. Eben tippelte Gauß kurz an mir vorüber, hin zur Toilette.
„Ich dachte, du würdest heute etwas länger schlafen“, sagte Gauß.
„Das habe ich doch auch.“
Sie kichert leicht, verschwindet auf der Toilette, während ich dies hier schreibe. Die Spülung. Schon ist sie zurück und verschwindet im „Gästezimmer“. Sie kehrt aus dem Urlaub zurück, war auf Morgenlandfahrt mit dem Schwarzen Ritter, einem geheimnisvollen Schwertträger, den ich hier nicht mehr erwähnen werde. Seine Reisen ins Reich der Schatten dürfen von mir nicht beschrieben werden, sonst muss ich um mein Leben fürchten.
Also …
… Schweigen!

Wir trafen uns gestern mit anderen „Schuleltern“. Der Ort der Versammlung lag in B. Holzbänke und Holztische. Wir nahmen Platz, die Kinder fegten von Grashalm zu Grashalm. Ein schöner Nachmittag, mit netten Gesprächen, einem lauthals aufschreienden Guido, der sich aber selbst nie peinlich ist, weil die Blamage ein Teil seiner Selbstinszenierung ist. So brachte ich es schon Kind 4 bei.
„Einmal am Tag sollte man sich so richtig blamieren.“
Sie nahm den Ratschlag mit einigen Lungenzügen auf und beruft sich inzwischen auf dieses Rezept zur Seelenhygiene.

Ein Buch traf ein. Forderte es als Rezensionsexemplar. Ein Büchlein über Lars von Triers „Kino der Irritation“.
Nachdem wir vom Ausflug heimkehrten, zogen sich Seraphe und Gauß zu einer Geheimbesprechung zurück. Mir war dies egal. Dem Kind wohl nicht, versuchte sie doch immer wieder das Treffen der Schwestern zu stören.
Ich lag derweil – ermattet von all den Menschen des Tages – auf dem Sofa, schmökerte im Trier-Buch, las mich eilig durch die Seiten.
Eine weitere Schwester Seraphes (ja, Sie lesen richtig, denn da gibt es noch so einige) stürmte unsere Burg.
Die drei Schwestern saßen in der Küche. Ich war mir fast sicher den Satz gehört zu haben: „Wann treffen wir drei wieder zusammen?“ Aber vielleicht habe ich mich auch getäuscht.
Meine Augenlider wurden schwerer, und schon bald verabschiedete ich mich ins Bett. Schlief rasch ein. Erwachte. Und dies nur, um all die Sätze zu schreiben, die Sie nun lesen.

Advertisements