„Was mich zunehmend irritiert, ist dieses neue Biedermeier, das sich derart gecleant breitgemacht hat; man kommt sich schon wie in den USA vor. Die Straßen werden entabenteuert, überall soll Übersicht herrschen, die Bahnhöfe gleichen einander wie ein Designbad dem andern, man möchte uns Menschen handhabbar auf einen ganz bestimmten austauschbaren Ton gebracht, und das Dollste: die Menschen wollen das auch; daß Wieland – eben: der große und vornehme Wieland – Kritiker mit Arschtritten aus der Kneipe warf, gilt als unfein; wir drängeln uns alle in der Mitte der braven Denkungsart rum, Spötter werden für Bauern gehalten, die längst nicht mehr so, sondern Landwirte heißen; nicht lang noch hin, und „Bauer” wird als Bezeichnung inkorrekt sein und der Gebrauch des Worts justiziabel, da ist kein Stolz mehr, wer man ist. Mir geht das auf die Nerven.
Noch aber ist Widerstand nicht überall tot. Noch gibt es Leute, die haben L u s t an den Säften, an ihren, an der anderen Säften, und die anderen an unsern! Und wir sagen’s nicht verstohlen, sondern offen und deutlich, als Frau und als Mann, und ein jedes will das genau sein und es bleiben.“
Über das neue Biedermeier
Advertisements
Advertisements