Hier meine Antwort auf einen Kommentar beim Krimiblog zu „Blut ist ein Fluss“ …
Lieber Dieter Paul Rudolph,
das Zauberwort lautet Imitation. Alles steckt voller Zitate, die man entdecken kann, wenn man sie denn entdecken möchte.
Schon die Hauptfigur Junior ist ein Meister der Imitation, einer, der sich seine Anregungen aus Filmen von Hitchcock und Scorsese holt.
„Blut ist ein Fluss“ steckt voller Klischees und Plattitüden, eben weil er mit den Versatzstücken eines Genres spielt (sie also imitiert), das aufgeladen ist mit Klischees und Plattitüden. (Was nicht weiter schlimm ist, weil man Klischees und Plattitüden reichlich in dieser Welt vorfindet.)
Der Noir-Roman ist die griechische Tragödie der Moderne. Auch dieser Satz wird imitiert, entspricht der Romanaufbau doch dieser alten Form. (So bilden die Tom-Torn-Teile z.B. den Chor.)
Sie finden Figuren der griechischen Mythologie. Da ist unter anderem Narziss (Pat, der sich, um sich seiner Einsamkeit zu entziehen, vor einen Spiegel setzt; später stößt man dann noch auf eine Spiegelmasturbationsszene). Sie finden Zerberus in den Hunden General und Custer. Sie finden den Vatermord (überhaupt werden beständig Vaterfiguren ins Jenseits befördert, und diese Morde enden stets mit dem Verlust des Gesichts.) Bedingt durch die Vatermorde finden Sie selbstredend Ödipus. Am Ende finden sie sogar noch die Unterwelt in einer schäbigen Absteige.
Sie sehen, da sind eine Menge Fundstellen, wenn man sich denn um sie bemühen möchte.
Dies sind nur einige wenige Stichpunkte, die interessieren können, oder auch nicht. Trotz der kühl kalkulierten Strenge ist es aber auch ein gut lesbarer Roman, dessen Grundthematik sich auf einen Satz bringen lässt: Es geht um Gewalt und die Nutznießer von Gewalt.
Wie Ludger Menke schrieb, ist es auch ein Internet-Roman. Diesen Begriff muss aber jeder Leser recherchierend selbst entschlüsseln.
Ich hoffe, Sie lesen das Buch nun unter anderen Vorzeichen und können ihm vielleicht doch noch etwas abgewinnen.
Mit besten Grüßen
Guido Rohm